Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart
Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA MOZART IN SALZBURG
ROM, 14. APRIL 1770
mit Nachschrift von Wolfgang Amadé Mozart
_______________________________________________________________________\hfill Roma d 14t aprilis 1770
Den 11t sind wir mitags glückl: hier angelanget. Man hätte mich leichter bered
kön, daß ich nach Salzb: als nach Rom kom werde, da wir 5 Täge in dem ab=scheulichst Regen, und kalt Winde von Florenz nach Rom zu reisen hatt. In Rom
selbst vernahm ich, daß sie seit 4 monat imer Reg hatt, und wir hatt
wirklich die Probe, indem wir am Mittwoche und donerstage beÿ schön
wetter nach St: Peter in die Capellen Sixti gieng das Miserere in der
Mett zu hör, und im nahe Haus geh von einem so entsetzlich
Platzreg überfall wurd, daß unsere Mäntl noch niemals so getauft
word, als dieses mahl. von dieser abscheulich Reise will ich dir keine lange
Beschreibung mach. Stelle dir nur ein meistens ungebautes Land vor,
und die abscheulichst Wirtshauser, Unflath, nichts zu Essen als zum
glück da und dort Eÿer und Broccoli: und manchmahl mocht sie sich ein Gewiss
daraus mach Eÿer am fasttage herzugeb. zum gut glücke hab wir in
Viterbo noch gut zu nachtgespeiset und wohlgeschlaf. alda sah wir die hl: Rosa
von Viterbo, die |: so wie die hl: Catharina di Bologna in Bologna :| unverwesen zu
seh sind. von d erst hab wir fieberpulver und Reliqui, von d zweÿt eine
gürtl zum angedenk mitgenom. den 11t, da wir ankam sind wir nach Tische in
die St: Peterskirche und dan in die Mett gegang, den 12 hab wir die Functiones, und
da der Pabst beÿ der Tafl der arm aufwartete, denselb so nahe geseh, daß wir
oben an neb ihm stand. Es ist solches um so mehr zu bewund, da wir durch
zweÿ mit geharrnischt Schweitzern bewachtete Thür hineinkom, und durch vielle
100 Mensch uns durchdring musten, und NB noch keine Bekantschaft hatt. allein
die gute Kleidung, die Teutsche sprache, meine gewöhnliche freÿheit mit welcher
ich mein Bedient in Teutscher sprache den schweitzern zu ruff ließ, daß sie Platz
mach sollt, half uns aller Ort bald durch. Sie hielt den wolfg: für ein
teutsch Cavallier, ande gar für ein Printz, und der Bediente ließ sie auf dem
gut glaub; und ich ward als sein Hofmeister angeseh. Eben so gieng
wir zu der Tafl der Cardinäl. da begab sich, daß der Wolfg: zwisch die Sessel
zwener Cardinalen zu steh kam, der einer d Cardinal Pallavicini war.
dieser gab dem Wolfg: ein Wink, und sprach zu ihm: Wollt sie nicht die güte hab
mir im vertrau zu sag, wer sie sind? der Wolfg: sagte ihm alles.
der Cardinal antwortete ihm mit der gröst Verwunderung, und sagte: Eÿ, sind
sie der berühmte Knab, von dem mir so vieles geschrieb word.
auf dieses fragte der wolfg: sind sie nicht der Cardinal Pallavicini? – –
der Cardinal antwortete: ja, der bin ich, und Warum? – –
der Wolfg: sagte ihm alsdan, daß wir Briefe an Se: Eminenz zu übergeb
hab, und unsere Aufwartung mach werd. der Cardinal bezeigte ein grosses
Vergnügen darüber, sagte, daß der wolfg: gut italiänisch spreche, und unter
and sagte er. ik kan auck ein benig deutsch sprecken. p: p:
da wir weg gieng küsste ihm der wolfg: die Hand, und der Cardinal nahm
das Biret vom Haupt und machte ihm ein sehr höfl: Compliment.
du wirst vielleicht oft von dem berühmt Miserere in Rom gehört hab,
welches so hoch geachtet ist, daß den Musicis der Capellen unter der
excomunication verbott ist eine stime davon. aus der Capelle weg zu
trag, zu Copier, od iemand zu geb. Allein, wir hab es schon.
der wolfg: hat es schon aufgeschrieb, und wir würd es in diesem Briefe
nach Salzb: geschickt hab, wen unsere Gegenwarth, es zu mach, nicht
nothwendig wäre; allein die Art der production muß mehr dabeÿ thun, als
die Composition selbst, folglich werd wir es mit uns nach hause bring, und weil
es eine der Geheimnisse von Rom ist, so woll wir es nicht in ande Hände lass,
ut non incurremus mediate vel imediate in Censuram Ecclesiæ.
die St. Peters Kirche hab wir schon rechtschaff durchsucht, und es soll gewiß nichts
unbeobachtet verbleib, was imer hier zu seh ist. Morg werd wir |: wen Gott will :|
Se: Heilligkeit pontificir sehen. Du kannst dir den Hochmuth der hiesigen
abbate unmöglich vorstell. ieder, der nur daß mindeste beÿ einem Cardinal
zu thun hat glaubt sich so gut als der Cardinal selbst zu seÿn. da nun jeder
Cardinal mit 3 und 4 Wag Corteggio zu den Päbstl: Verrichtung fährt, deren
ieder mit den Capellanis, Secretair und Camerdienern angefüllt ist, und die alle
den meist Platz einem, so freue mich schon auf morg, durch alle diese
Natio[...]liothekWien
Stoltze Herrn durchzugeh, und sie, wer wir sind, in der unwissenheit zu lass, dan
wir hab uns noch nirgends presentiert, weil itzt die Functiones sind. am Montage
werd wir anfang unsere 20 Recomendationsschreib abzugeb.
So frohe ich bin, daß ihr nicht mit uns gereiset, so leid ist es mir, daß ihr
alle die Stätte v Itali, sonderheitl: aber Rom nicht sehet. Es ist unötig, ja
unmöglich im kurz eine Beschreibung zu mach. Ich rathe dir noch einmahl
Kaÿslers Reisebeschreibung zu lesen. Von Bologna und v[on] Fl[oren]z habe ich
dir geschrieb. Im deutsch Collegio sind wir im vorbeÿgeh 2 Stund nach unserer
Ankunft gewesen, und den h: v Mölk in bester gesundheit, samt and
bekannt alda angetroff. Ich werde in Ansehung des h: v Mölk den
Wolfg: dem ganzen Collegio producier, weil sie ihn gern hör möcht.
Wir sind durch h: Abbate Marcobruni gleich in einem privat Hause abge=stieg: weil hier aber nur ein Zimer ist, und wir 2 Zimer
hab müss, um Leute zu empfang, die uns besuch, so werd wir heute
abends in ein ansehnlichere Wohnung wandern. heute und gestern
bin ich ein wenig ein patient, dan ich habe 3 digestiv=pulver genohm,
befinde mich aber |: gott Lob :| gut. der Wolfg: befindet sich ebenfals
gut, und schicket hier ein Contradance. Er wünschte, daß h: Cirillus hofman
die Schritte dazu Componir möchte; und zwar möchte er, daß, wen die
2 violin, als vorsänger spiel, auch nur 2 Person vortantz möcht,
und dan allezeit, so oft die ganze Musique mit allen Instrument
eintritt, die ganze Compagnie zusamtanz soll. am schönst wäre
es wen es mit 5 paar Person gedanzt würde. das erste paar fängt das
erste Solo an. das 2te dantzt das 2te und so fort, weil 5 Solo und
5 tutti sind.
Nun komt die Zeit, die mir die meiste Unruhe macht, weil die Hitze komt;
doch sagt mir iederman, daß Neapl unvergleichlich mehr Luft hat, und viel
gesünder als Rom ist. Ich werde also alle mögliche vorsorge brauch, sonderheitl:
wegen der übl Luft od malaria unsere Rückreise ohne Lebensgefahr anzustell.
National=Biblioth[ek][Wi]en
da nun alles auf die Witterung ankomt, und sonderlich auf ein Stark
Reg und Wind, so kann nichts wed entschlüss; noch schreib. H: Meisner
ist in Neapl, wir hoff ihn in 3 bis 4 woch dort zu seh. Bethet fleisig
den Lieb Gott für unsere Gesundheit: an uns wird es nicht fehl; dan ich
kan dich versichern, daß wir alle möglichste Sorge hab, und d Wolfg.
auf seine Gesundheit so acht hat, als wäre er der erwachsenste Mensch.
Gott erhalte euch gleichfals gesund, machet meine Empf: an alle gute
freund und freundin und ich bin der alte
_____________________________________________________________\hfill Mzt mp.
Ich und der Wolfg: Kissen dich und die Nanerl 1000 Mahl.
Ich bin got lob und danck Samt meiner miserablen feder ge=sund, und küsse die mama und die nanerl tausend oder 1000
mahl. nb: ich wünschte nur das meine schwester zu Rom wäre,
dan ihr wurde diese stadt gewis wohlgefahlen, indem die
peters kirchen Regulair und viele andere sachen
zu Rom Regulaire sind. die schönsten blumen tragens
iezt vorbeÿ, den augenblicke sagte es mir der papa.
Ich bin ein nar, das ist bekandt, o ich habe eine noth,
in unsern quartier ist nur ein bet, das kan die mama
sich leicht einbilden, das ich beÿm papa keine ruhe habe,
ich freÿ mich auf das neüe quartier: iezt hab ich
Just den hl: petrus mit den schlisselsamt den hl: paulus
mit den schwerdt und samt den hl: lucas mit meiner
schwester ec: ec: abgezeichnet, ich hab die ehr gehabt den
hl: petrus seinen fus zu sanct pietro zu küssen, und
weil ich das unglück habe so klein zu seÿn, so hat man
mich dan als den nehmlichen alten fechsen
_______________________________________________________\hfill Wolfgang Mozart
________________________________________________________\hfill hinauf gehebt