Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart
Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family
Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
Salzburg
Austria
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Los Altos
California, USA
Morgenstern
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Kelnreiter
Franz
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Wissenschaftliche Abteilung. Digitale Mozart-Edition
Ulrich Leisinger
Digitale Mozart-Edition
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A-Sm
A-Sm: Internationale Stiftung Mozarteum, Bibliotheca Mozartiana. Salzburg (AUT)
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA MOZART IN SALZBURG
NEAPEL, 9. JUNI 1770
___________________________________________________________________\hfill Neapel d 9t Junij 1770
Nun fängt es an einzuheitz; und denoch hatte ich heute noch ein Tuchenes
Kleid angezog, allein ich hatte nichts als ein Hemde auf dem Leibe. So werd
wir uns nach und nach leichter mach. Wir sind Gott Lob gesund. vorgestern
hab wir beÿ Mr: Mericoffre, der sich beyd empfehlt, gespeist, und gestern
so wohl als heute hab wir weg den traurig quatember fasttägen unsere
Mittagtische beÿ h: B: Tschudi genom, der sich euch beÿd ebenfals
empfehlet. Mein Brief vom 5t dieß wirst du so wohl als die and vom 19t,
22, 26, und 29, alle empfang hab. wir werd kaum noch ein brief
als eine antwort auf mein erstes schreib von Neapl von dir hier
erhalt; indem es noch vest dabeÿ bleibt od d 16 mit dem Procaccio,
od den 20t mit der Post abzureis. ich werde also deine Briefe in
Rom find. Wen du beÿ empfang dieses Briefes gleich antwortest, so
kan ich deine Antwort noch in Rom erhalt, oder h: Marcabruni mir
nachschick. bevor ich von hier abreise werde dir noch ein od 2 mahl
schreib und dir meld, wohin du die Briefe schicken sollest. Es ist auf
eine gewisse Art schade, daß wir nicht länger hier verbleib könn, indem
verschiedene artige Sach den Somer durch hier zu seh sind; und eine beständige
Abwechselung der früchte, kräuter und Blum, von Woch zu woch hier zu
sehen ist. die Lage des Ortes, die Fruchtbarkeit, Lebhaftigkeit,
Seltentheit p: hundert schöne Sach mach mir meine Abreise aus Neapl
traurig: die Unflätereÿ, die Menge der Bettler, das
abscheuliche Volk, ja das gottlose Volk, die schlechte Erziehung d Kind,
die unglaubliche ausgelassenheit so gar in den Kirch macht, daß man
auch das gute mit ruhigerem Gemüthe verläßt. Ich werde nicht nur
alle Seltenheit in viel schön Kupferstich mitbring, sond habe auch
von Mr: Meuricoffre eine schöne Samlung von der Lava des Vesuvij
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erhalt; nicht von der Lava so iederman leicht hab kan: sond unter=suchte Stücke mit der Beschreibung der Minerali, so selbe in sich halt;
die rar sind, und nicht leicht zu bekom. du wirst, wen uns Gott
gesund zurückkom läßt, schöne Sach sehen. Mache unsere Empf:
an alle freunde und freundin in und ausser dem Hause, Lebts
beÿde gesund, Wir kiss euch beÿde 1000 Mahl und bin d
______________________________________________________________\hfill alte Mozart mp
Diesen Augenblick bringt mir unser bedienter die Nachricht, daß
die gehofte Sedia zu mein dienst seÿ. Ich werde also den
20t mit der Post abreisen und in 26 stund in Rom seÿn, wo ich
sonst mit dem procaccio 4 und 12 tag auf dieser zwar sehr schön aber
mit den abscheulichst Wirthshäusern versehen Strasse zubring
müste. unser Compt: an h: Meisner; er kan dir diese Wirthshäuser
beschreiben. Die Sedia gehört dem General der P: P: Augustiner.
Morgen speisen wir in dem Convent der P: P: August: à S: Giovani
à carbonaro, weil sie ein grosses Fest hab.
Heut haben wir das Schweitzer Regiment, davon der Vatter der Mad:me
Tschudi Oberster ist, im Feuer Exercier sehen; das Regiment
machte sich grosse Ehre, und die welsch Regimenter sind gar nicht viel
besser als unsere 2 Burger Compagni. die eingehende Woche werd wir den
Vessuvi, die 2 versunkene Stätte, wo man ganze Zimer der alterthümer
ausgräbt, dan Casserta &c: kurz alle seltenheit werd wir beseh,
davon die Kupferstiche schon in Händ habe.
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Den erschrecklich aberglaub und die Menge der gottlosist abgöttereÿ,
so das hiesige Volk hat, könnte dir hier in kürze nicht beschreib.
lass dir entzwisch nur vom h: Meisner etwas erzehl. du must
aber nicht unter dem Volk die Lazaroni allein versteh, nein!
auch Leute von distinction sind voll des aberglaubens.
ich werde dir genug zu erzehl wiss. und es ist eb nichts kleines,
wen du hörest, daß iemand zu Gott rufft; Gott wolle den
heil: Januari bitt, daß er dem Mensch in diesem od jenem
zufall helf solle.
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À Madame
Madame Marie Ane
Mozart
à
Salzbourg
N: 26 aus Neapel.
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