Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA MOZART IN SALZBURG BOLOGNA, 4. AUGUST 1770 mit Beilage von Wolfgang Amadé Mozart an Maria Anna (Nanner) Mozart
___________________________________________________________________\hfill Bologna d 4t augusti ____________________________________________________________________________________________\hfill 1770 Ich schreibe dieses noch auf dem Bette. nicht aber daß mein rechter fuß gefährlich ist: Nein! Gott Lob, dieser ist besser, obwohl itzt die Haut abgeht, und er so aussieht, als hätte ich die Kindsblattern gehabt. allein, nebst dem, daß ich diesen recht fuß noch schone, um nicht eine neue Geschwulst zu zuzieh, so kan nicht geh, weg dem Linck fuß; beÿ dem ich über Nacht am ball und ein und and Zeh ein solcher starker schmerz und kleine Geschwulst angesetzt, die schier gar dem Podagra gleich siehet, und mich zu geh hindert. Nun kome schwärlich aus diesem Wirtshause unter 20 duccatt, wens nur kleckt. In Gottes Nahm, wen man nur imer seine Haut davon bringt, holle der Plund das geld! Es war uns sehr traurig zu vernehm, daß die Jungf: Martherl eine Lungensucht und Abzehrung am Halß hat. Sie hat freylich schon imer so mager ausgeseh. solle man dan mit anfeuchtend sach einer so Jung Person nicht zu Hilfe kom könn? – – Man kan halt nicht gewiß wiss, wo eine solche Abzehrung herkomt. Es darf nicht allzeit eine Lungensucht seÿn. Es giebt viele ande Ursach, die dem Mensch eine Abzehrung zuziehen, sondheitl: beÿm frauenzimer. Es ist also freylich hart zu helfen, wen man die Ursache nicht ergründ kan. Ich kan dich versichern, daß uns beÿde diese Nachricht in eine grosse Betrübniß gesetzt hat. Gott Helfe ihr! – – wir empfehl uns und wünsch von Herz gute besserung. Und ist der h: Stöckl also wirkl: närrisch? – – Es ist doch ganz was beson=deres, daß ich die Ehre nicht hatte, so lange ich in Salzb: war, ihn in seinem rechten närrisch Wurm zu seh. Ich bedaure seine Frau von herz. das ist ganz gewiß ein unglücklicher Zufall. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Ich dancke der fr: Hagenauerin für die abschrift der Strizlsalb, wenigst ist es, wen nicht irre, ihre Handschrift. Wir hab noch keine Hitze, und ich bin frohe, dan sonst hätte ich, beständig auf dem bette zu seÿn, verzweifeln müss. dem H: Johanes lasse sag, daß den Sgr Bortolo Tiboni hart bis Venedig mehr seh werde. Ich weis nicht ob ich es geschrieb habe, daß ich zu Neapl beÿm Banquier Boracini in einer abend=geselschaft den h: Obexer angetroff, welcher Jesuiter gewes. dieser tag war der h: Misliwetschek beÿ mir, dan der Castrat Manfredini, der beÿ uns im Zimer war, da er von Russland kam. auch war beÿ mir sein Bruder der Capellmstr. Manfredini, und ein gewisser Schmid welcher in Bern Concert gegeb, den h: Schulz |: dem wir uns empf :| gut ken wird, der h: Mis=liwetschek hat die Scrittura in Mayland die erste opera des Carnevals 1772 zu mach, folglich ein Jahr nach dem Wolfgangerl. Aus meinem letzt schreib wirst umständlich geseh hab, was die erste opera in Mayland ist, und wer die Sänger sind. die Zweÿte opera in Mailand wird die Nitetti seÿn. lebet wohl, wir kiss euch 1000 mahl und ich bin d alte dmahl ungedultige Podagrische _____________________________________________________________\hfill bettsitzer Mzt mp unser Compt:e in und ausser dem Hauß. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Ich bedaure recht von herzen, daß die Jungfrau Martha imer so krank ist, und bette alle tag für sie, damit sie gesund werde; sage ihr an statt meiner, sie solle nicht zu viel bewegung machen, und brav gesulzte sachen essen. appropos, hast du den Robinigsigerl meinen brief geben? du schreibst mir nichts darvon, ich bitte, wenn du ihn siehst, so sage ihm, er soll auf mich nit gar vergessen. Ich kan ohnmöglich schöner schreiben, dan die feder ist eine nottenfeder und keine schriftfeder. Nun ist meine geigen neü beseitet, und ich spielle alle tag; aber dieses seze ich nur darzu, weil meine mama ein=mahl zu wissen verlangte, ob ich noch geige. gewis über 6 mahl habe ich die ehre gehabt allein in die kirchen und prächtigen funtiones zu gehen. unterdessen habe ich schon 4 itallienische Sinfonien componirt, außer den arien, derer ich gewis 5 oder 6 schon gemacht habe, und auch eine mottenten. komt der herr deibl öfters, beehrt er eüch noch mit seinen unterhaltlichen Discorsen? und h: edler Carl von Vogt, würdiget er sich noch eüre unerträgliche stim=men anzuhören? Der h: von schidenhofen soll dir fleissig Menuett schreiben helfen, sonst bekomt er keine zuckerl nit. meine schuldigkeit wäre, wen es mir die zeit erlaubete, h: von Mölck und schidenhofen mit ein paar zeilen beede zu belästigen, aber da mir das nothwendigste darzu mangelt, so bitte ich meinen fehler zu verzeÿen, und mir auf das zukünftige diese ehre aufgehoben seÿn zu lassen. __________________________Anfäng unterschiedlicher Casationes: hier habe ich dein verlangen vollbracht, Ich glaube schwerlich daß es einer von mir seÿn wird; dan wer wurde sich den unterstehen eine Composition, welche der Sohn des capellmeisters gemacht hat und dessen mutter und schwester da ist, für sich aus zugeben? addio, lebe wohl: meine einzige lustbarkeit besteht dermallen in englischen schritten und Caprioll und spaccad machen. Italien ist ein schlafland, es schläffert einen imer. addio, lebe wohl. den 4ten august 1770. _________________________________________\hfill Wolfgang Mozart mp an alle gute freünd und freündinen mein Compliment. meinen Handkus an die mama.