Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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2012-09 CC BY-NC-SA 4.0 https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=896 A-Sm A-Sm: Internationale Stiftung Mozarteum, Bibliotheca Mozartiana. Salzburg (AUT) last file update: Wed May 11 14:48:10 2022
WOLFGANG AMADÉ MOZART AN LEOPOLD MOZART IN SALZBURG MÜNCHEN, 26. SEPTEMBER 1777 mit Nachschrift von Maria Anna Mozart
2__________________________________________________________________\hfill München den 26:ten Septembre __________________________________________________________________________________\hfill 1777 ________________________Mon trés cher Pére. wir sind den 24:ten abends um halbe 5. uhr glücklich in München angelanget; was mir gleich das neüeste war, daß wir zur Mauth fahren musten, begleitet mit einen grenadier mit aufgepflanzten bajonette. die erste bekante Person die uns im fahren begegnete, war sig:re Consoli, welcher mich gleich kante, und eine unbeschreibliche freüde hatte, mich zu sehen. er war den andern tag gleich beÿ mir. die freüde von h: Albert kan ich nicht genug ausdrücken. er ist in der that ein grund Ehrlicher Man, und unser sehr guter freünd. nach meiner ankunft war ich bis zum essen=Zeit imer beÿm Clavier. h: Albert war noch nicht zu hause. hernach aber kam er, und wir giengen mitsamen herab zum tisch. da traf ich den M:r sfeer, und einen gewissen Secretaire seinen recht guten freünd, an. beÿde lassen sich empfehlen. wir kamen späth ins beth, und waren müd von der Reiß. wir stunden doch schon um 7 uhr auf; den 25ten; meine haar waren aber in einer solchen unordnung, daß ich vor 12 11 uhr nicht zum graf Seeau kam. als ich hinkam, hiesse es, er seÿe schon auf die Jagd ge=fahren: Gedult! ich wollte unterdessen zum Chorherrn Bernad gehen, er ist aber mit dem B:ron Schmid auf güter gereiset. h: Bellval traf ich voll in geschäften an. er gab mir 1000 Complimenten auf. unter dem mittag=essen kam Rossi. um 2 uhr kam Consoli, und um 3 uhr Beeché und h: von Bellval. ich machte meine visite beÿ der f: von Durst; welche sich beÿ den franziskanern logirt. um 6 uhr machte ich mit h: Beché einen kleinen spazier gang. Es giebt hier einen gewissen Professor Huber, vielleicht erinern sie sich besser als ich, er sagt er hat mich das lezte mahl zu wienn beÿm jungen h: von Mesmer gesehen und gehört. er ist nicht zu gross, nicht zu klein, bleich, weisse graue harr, und sieht in der Phisonomie den h: Unterbereiter nicht ungleich. Dieser ist auch eine vice intendant du theatre: seine arbeit ist, die komödien die man auf= DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 führen will, durch zu lesen, zu verbessern, zu verderben, hinzuzuthun, hinweck=zu sezen. er kömt alle abend zum Albert. er spricht sehr oft mit mir. heut als den 26:ten freÿtag, war ich um 12 9 uhr beÿm graf Seeau. es war so, ich gieng ins haus hinein, und Mad: Niesser die Comœ=diantin gieng just heraus, und fragte mich, sie wollen gewis zum grafen? ja. er ist noch in seinen garten gott weis wen er kömt. ich fragte sie wo sein garten seÿ, ja, sagte sie, ich habe auch mit ihm zu sprechen, wir wollen mitsamen gehen. kaum kamen wir vors thor hinaus, so kam uns der graf entgegen, und war etwa 12 schritt von mir, so erkante er mich, und nante mich beÿm namen. er war sehr höflich. er wuste schon was mit mir forgegangen ist. wir giengen ganz allein und langsam die treppe hinauf; ich entdeckte mich ihm ganz kurz. er sagte ich sollte nur schnurgerade beÿ S: Churf: Durchl: audienz begehren. sollte ich aber, im fall nicht zu=komen können, so sollte ich meine sache nur schriftlich vorbringen. ich bat ihn sehr, dieses alles still zu halten, er versprache es mir. als ich ihn sagte, es gieng hier wircklich ein rechter Compositeur ab, so sagte er: das weis ich wohl! nach diesen gieng ich zum bischof in Chiemsee, und war eine halbe stund beÿ ihm. ich erzählte ihm alles. er versprach mich sein möglichstes in dieser sache zu thun. er fuhr um 1 uhr nach Nümphenburg, und versprach mir mit S: Chr: Durchlaücht der Churfürstin gewis zu sprechen. sontag abends komt der hof herein. heüt Mittag waren wir gast beÿ h: von Belval, beÿm Rasco; Er und sie, h: von lori, Belval, Passauer alles läst sich empfehlen. alsdan giengen wir zur frau v:. Durst. sie logirt im burgermeister schmadl haus über 3 stiegen. in 2ten stock logirt INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 der h: von lori. von da aus hollte uns h: Sigl, |: welcher nun 2 Monath verheÿrathet ist :| ab, und wir giengen alle mitsamen zur f: von hofstetten; ihr herr ist nicht hier, wird aber bald komen. Franz Dufresne ist hoffrath, aber sine auro bis dato: nachdem führte Siegl meine Mama nachhaus, die dem Beeche daß wort gegeben hat mit ihm in die Comoedie zu gehen, und ich begleitete fr: v: durst nach haus, und alsdan in die Comœdie, allwo wir uns antrafen. man spiellte: Henriette, oder sie ist schon geheÿrathet. heüt vormittag um 12 12 uhr war ich mit Becche beÿ der bildschönen frl: von Seau. die frl: von tosson hat eine sehr gute Partie getroffen. er heist Hepp. man sagt er seÿe sehr reich. h: Joanes krönner ist vice=Concert=meister deklarirt worden. und das durch eine grobe red. er hat zweÿ Sinfonien, |: Dio mene liberi :| von seiner Com=position producirt: der Churfürst fragt ihn: hast du das wircklich Com=ponirt? – – ja, Euer Churf: Durchl: von wem hasts dus gelernt? – von einen schulmeister in der schweitz – – man macht so viell aus der Com=position – – dieser schullmeister hat mir doch mehr gesagt, als alle unsre Compositeur hier mir sagen könten. heüt ist der Graf Schönborn und seine gemahlin die schwester des Erzb: angelanget. ich war just in der Comoedie: h: Albert sagte in discurs daß ich hier seye. und erzehlte ihm, daß ich aus den diensten bin. Er und sie haben sich verwundert. sie haben ihm absolument nicht glauben wollen, daß ich 12 fl: 30 kr: seeligen angedenckens, gehabt habe! sie wechselten nur Post. sie hätten mich gern gesprochen. ich traf sie aber nicht mehr an. iezt aber bitt ich, daß ich nach ihren umständen und ihrer gesundheit mich erkundigen darf. ich hoffe wie auch meine mama daß sich beÿde recht wohl befinden. INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Ich bin imer in meinen schönsten Humor. mir ist so feder leicht ums herz seit dem ich von dieser chicane weg bin! – – ich bin auch schon fetter. h: von Wallau hat mich heüt in theater gesprochen. und der gräfin Larose habe ich meine visite in der loge gemacht. Nun muß ich doch meiner Mama auch ein bischen plaz machen. ich bitte an die ganze Hochansehnliche schützen=Compagnie, von 3 gliedern Complimenten zu entrichten. nemlich von meiner Mama, mir, und M:r Novac welcher täglich zum Albertmt. leben sie unterdessen recht wohl, Mein Allerliebster Papa; ich küsse ihnen unzählige Mahl die hände, und Meine schwester die Canaglie, umarme ich. ________________________________________________\hfill wolfg: Amadé Mozart mp Von Neuigkeiten hat mir der wolfgang nichts übrig=gelassen, ich hoffe von dir bald ein brief zu bekom, und mit freiden zu vernehm, das du dich gesund befindest. mir seind gott lob wohlauf, und winschen michts andres als das du beÿ uns wehrest, welches mit der hilf gottes gescheh wird, seÿ nur indess ohne sorg, und schlage dir alle verdrüsslichkeit aus den Sinn, es wird schon alles recht werden, wann die hafftel daran Kom. wür führ ein charmantes leben, früh auf spath ins beth, den ganzen dag hab wür visiten, leben wie die fürst Kinder, bis uns holt der schinder. adio ben mio leb gesund, Reck den arsch zum mund. ich winsch ein guete nacht, scheiss ins beth das Kracht. es ist schon über oas iezt kanst selber Reim. _________________________sch an mein liebe sallerl ______________________________________\hfill Maria Anna Mozartin Catherl nanerl bimberl alles erdenckliches DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881