Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN WOLFGANG AMADÉ MOZART IN MÜNCHEN SALZBURG, 4. OKTOBER 1777 mit Nachschrift von Maria Anna (Nannerl) Mozart an Maria Anna und Wolfgang Amadé Mozart
V_____________Mon très cher Fils!_________________________________________________\hfill Salzb: d 4 octob. 1777. Ich habe mir von Münch keine günstige Vorstellung gemacht, der Churf: ist gebund ohne Vaccatur Niemand aufzunehm: und zu allem dem hat man imer heimliche feinde, die es aus angst verhindern. Das Project vom h: Albert zeigt in der that die gröste Freundschaft die man sich vorstell kan: allein, so möglich es dir scheint 10 Person zu find, dere iede dir monatl: ein duggatt giebt, so unbegreifflich ist mir diese Möglichkeit. und wer könnt wohl diese Menschenfreunde, od Musikfreunde seÿn? – – und was für eine Verbindlichkeit od was für einen dienst werd sie von dir dafür fordern. daß dir t: gr: v Seeau etwas geb würde, das geht mir besser ein: allein ohne das erstere würde das zweÿte eine nichts bedeutende Sache seÿn. Wen h: Albert dieses nur auf ein Jahr – – mehr will nicht sagen – – in Stand bring kan, dan kan man vom Gr. Seeau eine proposition eingeh: allein was würde dieser verlang? – – vielleicht alle die Arbeit, die h: Michl gemacht? – – herumlauff die Sängerin abzuricht? – – das wäre des T = = Arbeit; das wäre unmoglich! kurz ich sehe nicht wo diese 10 charmante freunde herkom soll. dan würde h: Albert solche itzt vielleicht nicht gleich sprech könn, vielleicht sind einige davon ausser der Statt. und wär es Kaufleute od andere rechtschaffene Personen, so wäre es mir lieber als Cavalier; den es komete doch imer darauf an, ob sie ihr Wort dan auch halt, und wie lange. Ist nun die Sache itzt thunlich, gut! so ist sie anzunehm. kan aber itzt die Sache nicht gleich zum Schluß kom, so kanst du nicht hersitz, das Geld verzehr und die Zeit verlier, da in Münch beÿ all Compliment und freundschafts bezeugungen kein kreuzer Einnahme zu hoff ist. kan diese Sache itzt nicht in Gang gebracht werden, so kan h: Albert und ande unsere gut freunde dieses Werk in gang zu bringen trachten, ihr könnt aber euere Reise fortsetz, und vom h: Albert briefe erwart. der Paroxismus für die Italiäner geht eb nicht mehr gar weit, und schliesst sich fast mit München. das ist! der übertriebene Paroxismus. dan in Manheim ist schon alles deutsch nur ein paar Castrat ausgenom. In Trier beÿ S:r Königl Hoheit dem Churf: Prinz Clemens von Sachs, ist nur der M:ro Sales, das übrige ist deutsch, in Maynz ist alles deutsch, in Würzburg nur der Sgr. Fracassini ein Violonist, und itzt glaub ich Concertmeister od gar Capellmeister, und das weg seiner deutsch frau einer Sängerin und Würzburgerin. beÿ allen kleinern Protestantisch Fürst sind gar keine Welsche. Ich schreibe dieses in Eÿl, h: Lotter will es mit nehm. Ich schlüsse hier die Choral=töne beÿ, die dir vielleicht da oder dort nützlich, und vielleicht gar nothwendig seÿn könn; man muß alles wiss. – – Itzt war ich beÿm Obersthofmeister, der wird dieser täge eigens zu mir komen, daß ich ihm alles vom Grund an erzehle und lese, da beÿ ihm keine Ruhe und imer iemand sich meld lässt od seine Gräfin hineinlauft. Er liebt dich von herz, und ehe er die Historie erfahr, hatte er 4 Pferde gekauft, und sich auf dein Vergnügen gefreuet, welches du haben wirst, wen er mit 4 Reitpferd komt. da er nun die Sache erfahren, war sein Verdruß ohnaussprechlich. da er dem Erzbisch: seine Aufwartung machte, sagte solcher zu ihm: Nun hab wir eine Person weniger beÿ der Musik. Er antwortete ihm: Euer Hochf: Gd: haben ein grossen Virtuosen verloren. – Warum? sagte der Fürst: – – antwort: Er ist der gröste Clavierspieler, den ich in meinem Leb gehört. bey der Violin hat er Euer Hochf: Gd: gute Dienste gethan, und war ein recht guter Componist. der Erzbisch: schwieg still und konnte kein Wort darauf sagen. Nun muß ich schlüss, weil kein Platz mehr ist. ihr sollt doch wenigst schreib diesen und diesen Brief hab wir empfang. Ihr müst nun auch das Paquet und die Rolle mit den Diplomaten und dem Attestato des P: Martini bekom hab. heute frühe hat man ein aufgehenkt. abends ist Comœdie, morg maskierter Ball den d Fürst Breiner giebt. Wir küss euch millionmahl und bin d alte________\hfill Mozart mp _________________________________trage sorge, daß du das Attestat vom P: Martini nicht verlierst. INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 ________________________________________________________________________________________________________________N: 5 ____________________liebste mama und bruder! das sie beÿde gesund und Lustig sind, freüet mich sehr. ich habe ihnen noch nicht meine tag ordnungen seid ihrer abreiß geschrieben. also will ich heunt anfangen. den Tag Ihrer abreiße war ich die meiste zeit im bett, habe mich gebrochen. und auserordentlichen kopfwehe das war den 23t september. der 24t in der fruh um halbe 8 uhr in der mess beÿ der hl: dreÿfaltigkeit, nachmittag war pelzlschüssen, wer gewohnen hat wird der papa geschrieben haben. d 25t in der halb 11 uhr mess. vormittag war hr klaz und hr v. Clesin nachmittag bulinger beÿ uns. den 26t Vormittag adlgasser victorl mich frisiert, Eberlin waberl beÿ uns. ich war in der halb 11 uhr mess. nachmittag von 4 uhr bis 5 uhr mit dem pimperl spatziern. hernach war hr v moll bis 9 uhr beÿ uns. d 27t in mirabell in der halb 12 uhr mess. nachmittag mit der gilovsky katerl auf den markt. hernach mit dem abbé bulinger gebrantl bis 4 uhr, hernach hat sie mir gekamplt. mit den pimperl spatziern hernach war hr v: unhold beÿ uns, der uns von ihnen Empfehlung ausgerichtet hat. d 28t adlgasser victorl mich frisirt, hernach mit mir in der halb 11 uhr mess. nachmittag war pelzschüssen. hernach war ich in der französischen comedie prob. d 29t beÿ frl: v: schidenhofen, hernach in der halb 11 uhr mess in colegio, und beÿ der joly Salerl, nachmittag war frl: v: schidenhofen und kranach nanerl beÿ uns, mit mir spaziern gegangen, und hernach geschmiert. sie waren beÿ uns von 3 uhr bis 9 uhr. d 30t hat mich adlgasser victorl frisirt, hernach beÿ der Eberlin waberl, und in der 11 uhr mess nachmittag beÿ fr. v: Riedl beÿ der trauben, sie waren noch beÿm dineè und hatten gäste, monsieur et madame grenier, Hoffrath und franz gilovsky. hernach mit dem pimperl spatziern. von 4 uhr bis 5 uhr durch das perspectiv gesehen die leute in die comedie gehen. auf den abend den papa accompagnirt. d 1t october. um 7 uhr frl v: schidenhofen und kranach nanerl beÿ uns caffe getrunk, hernach miteinander in plain gegangen. um halb 11 uhr zuruk gekomen. frl: nanerl mich frisiert. hernach in beurlauben beÿ fr v: moll. nachmittag beÿ fr v: antretter hernach mit dem papa und pimpes spatziern. d 2t adlgasser victorl mich frisirt, in der halb 11 uhr mess, nachmittag, gebeglet. hernach mit papa und pimpes spatziern. d 3t habe ich mich selbst frisiert, in der halb 11 uhr mess. hernach habe ich mir einem cordon ge=kauft zu einem schlaffrok, und beÿ der joly salerl, nachmittag spatziern. heunt den 4t die vicórl mich frisirt, in der halb 11 uhr mess. und jtzt werde ich mit dem pimperl spatziern gehen. hernach mit den papa in die comedie. leben sie wohlauf und schreiben sie uns ob sie wohl schon unsere 4 brief und das paquet bekomen haben. ich küsse der mama die Hände, und dich ermahne ich du Solst auf mich nicht vergessen. endlich hat sich hr. segretair strasser entschlossen in einem monat die apotheker Tresel zu Hairath_______________Maria anna Mozart.