Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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Morgenstern Anja text encoding, text editing Kelnreiter Franz technical supervisor, data modelling Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg Wissenschaftliche Abteilung. Digitale Mozart-Edition Ulrich Leisinger Digitale Mozart-Edition https://dme.mozarteum.at
2012-10 CC BY-NC-SA 4.0 https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=934 A-Sm (S. 1-4); CZ-Pu (S. 5-6) A-Sm: Internationale Stiftung Mozarteum, Bibliotheca Mozartiana. Salzburg (AUT), S. 1-4 CZ-Pu: Národní knihovna (dríve Universitní knihovna). Prag (CZE: Praha), S. 5-6 last file update: Wed May 11 14:48:11 2022
WOLFGANG AMADÉ MOZART AN LEOPOLD MOZART IN SALZBURG MANNHEIM, 13. NOVEMBER 1777 mit Nachschrift von Maria Anna Mozart
______________________________________________________________________________________________13. ____________________________________Mon trés cher Pére! wir haben die letzten 2 briefe, den vom 29ten: october und den vom 6:ten Nov:bre richtig erhalten. Nun mus ich auf alles genau antworten. ich habe den brief, ____________________________________________________________________________________Eltern des_______Beché in welchen steht daß ich mich erkundigen soll, um die letlrn dlo blcnl, erst in Manheim bekomen, folglich zu spätt um dieses ins werck zu stelln; den selbst wäre es mir gar nicht eingefallen dieses zu thun, weil mir in der that gar nichts daran liegt. Nun, will der Papa wissen, wie ich von ihm bin empfangen worden? – – recht gut, und sehr höflich. er fragte wo ich hin gienge, ich sagte, glaubligerweise nach Paris. er rathete mir dann vielles, indem er sagte, er seÿe auch erst dort gewesen. mit lection geben werden sie sich viell machen, den das Clavier wird in Paris sehr hochgeschäzt. er machte gleich anstalt daß man mich zur officier taffl nahm. er machte daß ich mit den fürsten sprechen konte. es war ihm sehr leid daß er just halswehe hatte, |: welches aber wircklich wahr war :| und nicht selbst ausgehen könte, um mir unterhaltung zu verschaffen. es war ihm auch leid daß er mir zu ehren keine Musick machen lassen könte, weil die meisten diesen tag eben aus recreation zu fuß bis was weis ich, gereiset sind. ich muste auf sein ersuchen sein clavicord versuchen, welches sehr gut ist. er sagte oft Bravo. ich Phantasirte und spiellte die sonata ex B und D. mit einem wort, er war sehr höflich, und ich höflich aber ganz serieux. wir wurden von unterschiedlichen sachen zu reden, unterandern von wien, daß nemlich der kaÿser kein grosser liebhaber von der Musick seÿe, er sagte, das ist wahr, ein kener ist er vom Saz, sonst weiter nichts. ich weis mich noch zu errinern, | hier rieb er sich die stirne | daß wie ich vor ihm spiellen muste, so wuste ich gar nicht was ich spiellen sollte, so fieng ich den an fuguen zu spiellen, und dergleichen kindereÿen, wo ich heimlich DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 selbst darüber lachte. – – ich habe geglaubt ich kan mich nicht halten und muß ihm sagen: mein herr, ich gebe ihnen zu daß sie darüber gelacht haben, aber schwerlich so sehr, wie ich gelacht haben würde, wen ich sie gehört hätte. weiters sagte er, | wie es auch wahr ist | daß beÿm kaiser im Cabinet musick gemacht wird, daß die hunde dar=von laufen möchten. da sagte ich halt, daß ich allzeit, wen ich mich nicht bald aus dem staub mache, beÿ dergleichen Musicken kopfweh bekome. O nein, das macht mir gar nichts. eine schlechte Musick greift meine Nerven nicht an; aber eine schöne; da kan ich kopfweh be=komen. da dachte ich mir wieder. ja, ein seichter kopf wie du bekomt freÿlich gleich schmerzen, wen er etwas hört welches er nicht begreifen kan. Nun etwas von hier. gestern habe ich mit Canabich zum h: intendant graf Savioli gehen müssen, um mein Præsent abzuholen. es war so wie ich es mir eingebildet habe. nichts in geld. eine schöne goldene uhr. mir wären aber iezt 10 Carolin lieber gewesen, ald die uhr, welche man mit ketten und Devisen auf 20 Carlin schäzet. auf der Reis braucht man geld. Nun habe ich mit dero erlaubniss 5 uhren. ich habe auch kräftig im sin mir an jeder hosen noch ein uhrtäschl machen zu lassen, und wen ich zu einem grossen herrn kome, beÿde uhrn zu tragen | wie es ohnehin iezt Mode ist | damit nur keinem mehr ein=fällt mir eine uhr zu verehren. Ich sehe aus des Papa schreiben, daß sie des Voglers buch nicht gelesen haben. ich habe es iezt gelesen, den ich habe es von Canabich entlihen. Nun seine histori ganz kurz. er kam Miserable her; Producirte sich auf dem Clavier. machte einen Ballet. man hatte mitleiden. der Churfürst schickte ihn in italien. als der Churfürst nach Bologna kam, fragte er den P: valoti wegen den Vogler. O altezza. questo è un grand uomo! Etcc: er fragte auch INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 den P: martini. Altezza; é buono; ma à poco à poco. quando sarà un poco più vecchio, più sodo. si farà, si farà. ma bisogna che si Cangi molto. als der vogler zurück kam. wurde er geistlich und gleich Hofkaplan. Producirte ein Miserere, welches, wie mir alles sagt, nicht zu hören ist. dan es geht alles falsch. er hörte daß man es nicht viell lobte. er gieng also zum Churf: und beklagte sich daß das orchestre ihm zu fleis und zu troz schlecht spiellte; mit einem wort, er wuste es halt so gut herum zu drehen, | spiellte auch so kleine ihm nuzbare schlechtigkeiten mit weibern | daß er vice=kapellmeister geworden. er ist ein Narr, der sich einbildet, daß nichts besseres und vollkomeners seÿe als er. das ganze orchestre von oben bis unten mag ihn nicht. er hat dem Holz=bauer viell verdruß gemacht. sein buch dienet mehr zum Rechnen=lernen, als zum Componiren lehrnen. er sagt, er macht in 3 wochen einen Compositeur, und in 6 Monath einen sänger. man hat es aber noch nicht gesehen. er veracht die grösten Meister. mir selbst hat er den bach verachtet. Bach hat hier 2 opern geschrieben, wofon die erste besser gefallen als die 2:te. Die 2:te war lucio Silla; weil ich nun die nehmliche zu Maÿland geschrieben habe, so wollte ich sie sehen. ich wuste vom holzbauer daß sie vogler hat. ich begehrte sie von ihm. vom herzen gern, Morgen werde ich sie ihnen gleich schicken. sie werden aber nicht viell gescheütes sehen. etliche täg darauf, als er mich sah, sagte er zu mir ganz spöttisch. Nu, haben sie was schöns gesehen, haben sie was dar=aus gelernt? – – eine aria ist gar schön – – wie heist der text, fragte er einen der neben ihm stund – – was fürein aria? – – Nu, die abscheüliche aria vom Bach, die Sauereÿ – – ja, Pupille amate. die hat er gewis in Puntsch rausch geschrieben. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM ich habe geglaubt, ich müste ihn beÿm schopf nehmen; ich that aber als wen ich es nicht gehört hätte, sagte nichts und gieng wek. er hat beÿm churfürsten auch schon ausgedient. Nun ist die Sonata für die Mad:selle Rose Canabich auch schon fertig. vergangenen Son=tag spiellte ich aus spass die orgl in der kapelle. ich kam unter den Kyrie. spiellte das End darvon; und nachdem der Priester das gloria angestimet, machte ich eine Cadenz. weil sie aber gar so verschieden von den hier so ge=wöhnlichen war, so gugte alles um, und besonders gleich der holzbauer. er sagte zu mir: wen ich das gewust hätte, so hätte ich eine andere Messe aufgelegt. ja, sagte ich, damit sie mich angesezt hätten! – – der alte Toeschi und wendling stunden imer neben mir. die leüte hatten genug zu lachen. es stund dan und wan Pizzicato. da gab ich allzeit den tasten bazln. ich war in meinem besten Humor. anstatt den benedictus muß man hier allzeit spiellen. ich nahm also den gedancken vom Sanctus, und führte ihn fugirt aus. da stunden sie alle da, und machten gesichter. auf die lezt nach dem ita missa est, spiellte ich eine fugue. das Pedal ist anderst als beÿ uns; das machte mich anfangs ein wenig irre, aber ich kam gleich drein. Nun muß ich schliessen. schreib der Papa uns nur imer noch nach Manheim. es ist sicherer. ich werde schon sorgen das wir den brief richtig bekomen. die sonaten vom Misliwetceck weis ich wie sie sind. ich hab sie ja zu München gespiellt. sie sind ganz leicht und gut ins gehör. mein rath wäre, meine schwester, der ich mich unterthänigst empfehle, solle sie mit vieller ex=pression, gusto und feüer spiellen, und auswendig lernen. den das sind Sonaten welche allen leüten gefallen müssen, leicht auswendig zu lernen sind, und aufsehen machen wen man sie mit gehöriger Pre=cision spiellt. ich küsse dem Papa die hände und bin dero gehors= sohn Manheim den 13 novb: 1777._________________________________\hfill wolfgang Amadè Mozart mp INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 heunt als den 13t haben wür deinen brief von 1t November erhalt ist also solcher um einen Posttag spätter gekomen, als der andere. wür sind gott lob gesund, der wolfgang hat eine uhr von der schönst arbeith von den Cuhrfürsten bekomen, sie ist Klein aber eine schöne fason. Vor gestern als am fest Martini haben mir beÿ den alten herrn danner gespeist. und gestern beÿ den Jungen, beÿ herrn Kanawich haben wir auch schon offt gespeisset und mein Sohn gar offt, ich bin täglich beÿ ihnen und sie erzeügen uns ville höfflichkeit. Herr danner hat mir seine Empfehlung auf geben, und winschet nur dich zu sehen. der Wolfganng möchte gern wiss ob der Pischof in Ciemsee schon zu Münichen ist er möchte ihm gern schreib. ich mus schlüss dan der Wolfgang mus ausgeh, und er mus die überschrifft schreib und den brief auf die Post trag, ich küsse dich und die nanerl vill 1000 mahl, meine Empfehlung an ganz Salzburg verbleibe dein getreues weib ____________________________________________\hfill Maria Anna Mozart ______________________________________________________13 Nov 77 N. 13 N: 13 À Monsieur fco Augspurg Monsieur Leopold Mozart maitre de la Chapelle de S: A: R: L'archeveque de et à Salzbourg. NB Diese Adresse ist laut Innhalt dieses Briefes von der Hand des berühmten W. A. Mozart geschrieben ____________________AF