Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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WOLFGANG AMADÉ MOZART AN LEOPOLD MOZART IN SALZBURG MANNHEIM, 22. UND 23. NOVEMBER 1777 mit Nachschrift von Maria Anna Mozart
___16.____________________________________________________________________\hfill Manheim den 21 22 Nov:bre 1777 ____________________________________________________________________________\hfill abends oder viellmehr Nocte ____________________________________________________________________________\hfill temporis Puncto und accurat ___________________________Mon Trés chere Pére!___________________\hfill schlag 10 uhr. __________________________________bald wär ich in das fœmininum komen. das Erste ist, daß ich ihnen benachrichtige, daß mein wahrheits=voller brief an h: Herzog in augspurg Puncto schmalzii, sehr guten Effect gemacht hat. er hat mir einen sehr höflichen brief zurück geschrieben, und seinen verdrus darüber bezeügt, daß ich von detto h: butter so spröde bin empfangen worden. er hat mir Neüerdings einen versiegelirten brief an detto h: Milch geschickt, nebst einer anweisung auf 150 fl: an Detto h: käß. sie müssen wissen, daß ich, obwohlen den h: Herzog ein einziges mahl gesprochen, doch nicht hab unterlassen könen, ihn im brief zu bitten, er möchte mir doch eine anweisung an h: schmalz, oder butter, milch, käß, oder an wen er nur wollte, schicken. à ça, dieser spass hatte doch gerathen; man darf nicht anklopfen, und Condoliren. heüt den 21:ten vormittag haben wir ihren brief von 17ten er=halten; ich war nicht zu haus, sondern beÿ Canabich, wo der M:r wendling ein concert Probiert hat, zu welchen ich ihm die instrumenti gesezt habe. heüte um 6 uhr war die galla=Accademie. ich hatte das vergnügen den h: fränzl, | welcher eine schwester von der Mad:me Canabich hat | auf der violin ein Concert spiellen zu hören. er gefält mir sehr; sie wissen daß ich kein grosser liebhaber von schwierigkeiten bin. er spiellt schwer, aber man kent nicht daß es schweer ist, man glaubt, man kan es gleich nachmachen. und das ist das wahre. er hat auch einen sehr schönen runden thon; es fählt keine Note, man hört alles; es ist alles Marquirt. er hat ein schöns staccato, in einen bogen, so wohl hinauf, als herab; und den dopelten triller habe ich noch nie so gehört, wie von ihm. mit einem wort: er ist meinthalben kein hexenmeister, aber ein sehr solider geiger. wen ich mir nur das verfluchte quer schreiben ________________________abgewöhnen könnte. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 mir ist sehr leid daß ich nicht beÿ den trauerigen zufall für die Mad:me adlgaßerin zu Salzburg war, damit ich sie hätte trösten können; den das kann ich! – – voraus beÿ einer so schönen frau, wie die _______________________________________________________Mannheim Mad:me Nadlstraßerin. was sie wegen Amnulfa schreiben, weis ich alles schon – – doch, ich mag niemahl gern etwas vor der zeit schreiben; es wird sich alles geben; vielleicht kan ich ihnen im zukünftigen brief etwas sehr gutes für ihnen, aber nur gutes für mich, oder etwas sehr schlechtes in ihren augen, aber etwas Passables in meinen augen, vielleicht aber auch etwas Passables für sie, und aber sehr gut, lieb und werth für mich, schreiben! das ist ziemlich oracl=mässig, nicht wahr? – – es ist dunckl, aber doch zu verstehen. an h: bullinger meine Empfehlung, und ich schäme mich, so oft ich einen brief von ihnen bekome, den es steht gemeiniglich etwas von ihm selbst geschrieben darin; und wenn ich hernach bedencke, daß ich ihm, der mein bester und wahrer freünd ist, und von dem ich so viell höflich=keit und güte genossen habe, noch niemahlen geschrieben habe! – doch – – ich entschuldige mich nicht! – – nein! sondern; ich bitte ihn, er möchte mich, er selbst so viel es nur möglich ist beÿ sich entschuldigen, mit der versicherung daß ich ihm, so bald ich einmahl ruhig seÿn kan, schreiben werde. bis dato war ich es noch nie; den so bald ich noch weis, daß ich gewisser als nicht, und wahrscheinlicher weise ein ort verlassen muß, so habe ich keine ruhige stunde; und obwohlen ich iezt doch ein wenig hofnung habe, so bin ich doch nicht ruhig, bis ich nicht weis woran ich bin. etwas von dem oracl mus geschehen; – – – ich glaube, es wird eintweders das mittere oder das lezte geschehen – – das ist mir nun eins; den das ist allerweil ein ding, ob ich den dreck fresse, oder der Papa ihn scheist – – Nu, so kan ich doch das ding nie recht sagen! ich habe sagen wollen, es ist ein ding ob der Papa den dreck scheist, INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 oder ich ihn fresse! – – iezt lasse ichs lieber seÿn. ich sehe es schon; es ist umsonst. appropòs. haben sie dem h: vom Ham nach München schon geantwortet? – – nehmen sie seine Mad:selle Tochter an? – – das habe ich ihnen ja hofentlich geschrieben, daß die grosse opera von Holzbauer Teütsch ist! – – wo nicht, so habe ich es halt izt geschrieben. sie war betittelt Günther von schwarzburg, und nicht der Edlveste h: Günther, bader und raths=herr von Salzburg. künftigen Carneval wird Rosemunde gegeben, eine Neüe Componierte Poesie des h: wielands, nebst neüer Componierten Musique des h: schweizer. beÿde werden hieher komen. ich hab schon etwas von der opera gesehen, und auf den clavier gespiellt, aber ich will noch nichts darvon sagen. die scheiben die sie mir als bestgeber haben malen lassen, ist kostbar, und die verse sind unvergleichlich. nun bleibt mir nichts zu schreiben übrig, als daß ich allerseits eine recht angenehme ruhe wünsche, und daß sie halt alle recht gut schlafen, bis ich sie mit diesen gegenwärtigen brief aufwecke. Adieu. ich küsse dem Papa 100000000 mahl die hände, und meine schwester, den lieben Polester umarme ich von herzen, mit schmerzen, ein wenig, oder gar nicht, und bin dero gehorsamster sohn, laufen sie doch nicht davon, _______________________________________\hfill wolfgang Amadé Mozart mp ______________________________________\hfill Ritter des goldenen sporns, _____________________________________\hfill und so bald ich heürath, des dopelten _______________________________________\hfill horns, _________________________________________\hfill Mittglied der grossen Accademie, ___________________________________\hfill von verona, Bologna, oui mon ami! DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 \newpage ______________________________________________________________________\hfill heunt als den 23t Mein lieber Mann wür haben alle deine briefe Richtig bekomen, und sind gott lob gesund, und freÿd mich das ihr alle beÿde gesund seÿt, noch sind wür in Manheim und kanst du alle briefe noch hiehere schick, wan wür solt fort Reis werden wir hier schon anstalt mach das wür sie bekom. um den armen Martinelli ist mir recht leÿd, was wird denn iezt die lenerl anfangen, die Erbschaft wird villeicht nicht gar gros werden. du schreibst uns nicht vill von Salzburg, seind keine Comedianten da, wird keine opera gespielt. ist der Doctor barisani noch in ungnaden, macht der herr oberbreitter noch seine aufwarthung beÿ der freile Tonnerl. das mechte ich alles gern wiss. der Mademolle Sallel und Monsieur bullinger lass wir uns absonderlich empfehlen, und sag, das wir täglich an sie gedenck. die nanerl soll den augblick alles lig und stehn lass und den bimperl an stat meiner auf sein fözel ein busserl geben, das es so schmazt das ichs auf Manheim hören kan. Richte meine Empfehlung aus am die hagenaurische, Robinische, frau vom gerlichs, barisanische, Jungfer Mizerl, gilowziki Catherl, der lass wür Gradulier zu ihr Könfftig Namenstag. die thresel lassen wir auch griess. iezt glaube ich habe ich mich allen empfohlen, und gegriesset und gedancket. lebts fein gesund und gedenckhs an uns, wie wir an euch, so sind wür und ihr zu friden zu gleich adio ich küsse dich und die nanerl vill 100000000000 mahl ohne Zahl, verbleibe dein getreues weib _________________________________________________________________________________\hfill mit Sell und leib _____________________________________________________________________________\hfill Maria Anna Mozartin DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881