Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart
Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family
Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
Salzburg
Austria
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Los Altos
California, USA
Morgenstern
Anja
text encoding, text editing
Kelnreiter
Franz
technical supervisor, data modelling
Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
Wissenschaftliche Abteilung. Digitale Mozart-Edition
Ulrich Leisinger
Digitale Mozart-Edition
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2012-10
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A-Sm
A-Sm: Internationale Stiftung Mozarteum, Bibliotheca Mozartiana. Salzburg (AUT)
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MARIA ANNA MOZART AN LEOPOLD MOZART IN SALZBURG
MANNHEIM, 18. DEZEMBER 1777
mit Nachschrift von Wolfgang Amadé Mozart
___________________________________________________________________\hfill Manhein den 18t december
Mein lieber Mann_________________23._____________________________________________\hfill 1777
Deine briefe haben wür alle Richtig Empfangen es ist uns noch kein
Einziger aus geblieben, das Postgeld aber ist hier vill theurer als in
Salzburg, wür müssen für ieden brief, den wür bekomen, und den
wür auf geben, 12 X bezahlen, und wenn er gros ist 18 X wür
haben weill wür hier sind schon über 6 f Postgeld bezahlt. dan hier
ist es schon nach französchisch fues eingerichtet. wür sind iezt unvergleichlig
logiert habe 2 schönne better alle bedienung, der herr hofCamer Rath
heiset Serarius, seine frau ist recht höfflich müt uns ich speise alle
abend beÿ ihnen, und blaudere bis halbe 11 uhr mit der frau
und dochter, ich solle fast den ganzen nachmitag beÿ ihnen sein.
mein Sohn würd so von ihnen geschäzt das es nicht zu sagen ist, es
ist ihnen nur leÿd das er nicht alleweill beÿ ihnen kan sein.
heunt ist ein formehmer lutheraner zu uns gekomen und hat den
Wolfgang mit aller Höflichkeit eingeladen, ihre Neue orgel in der
lutherischen Kierrchen zu probieren, es werden alle Capellmeister
so hier sind darzue komen, nachmitag um 3 uhr würd sie probiert
werden. der Wolfgang hat so vill zu thuen das er nicht weiss wo ihme
der Kopf stehet, mit Componieren, und lection geben, er hat nicht
zeit iemand eine visite zu machen. du sichest also das wür disen
winter Comot können hier verbleiben, und dises hat alles Monsieur
Wendling gemacht, der den Wolfgang wie seinen eigen Sohn liebet.
der Würths Conto hat unsern beüthl zimlich gelehrt, er hat gemacht
111 f 50 Xr, und 3 f habe ich den Kellnern und Mägden drinckgelt
gegeb, freÿlich wehre es besser gewesen, wan wür ender in ein
andres quadier gehabt hätten, allein sie sind dahier auch sehr theur
ein Meubllirtes Zimmer kost die woch gleich 3 bis 4 f, darnach mus
man sich noch andere Nothwendigkeit anschaffen. und die beschaffenheit
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von unsern afferien sind alzeit gewesen das wür nicht gewüst ob wür
Reisen oder da bleiben, von ein tag bis auf den andern, das es
uns nicht der Müehe werth gewesen wehre wegen 3 oder 4 täg aus
zu zieh, ich habe mich dise lange zeit genueg gesorget, und Verdrus
genug gehabt, alleweill so lange zeit im der ungewisheit zu leben.
und ihn den Würths haus zu huck, ich habe täglich gewunsch in ein
andern haus zu sein. iezt aben wür von allen gelt überig 72 f
von den herrn schmalz haben wür 150 f aufgenohm, sonst hett
wür den würth nicht bezahlen könn, mit disen gelt, und was
der Wolfgang disen wintter ein nihmt miessen wür die Reisse
gelter bestreitten, dan auf paris braucht man vill gelt das ist
dir schon bekant. und hier hat man noch ausgaben genueg, wan
man schon für zimer und kost nichts zu bezahlen hat, so ist doch
wäsch, welche hier sehr theur ist, und schueh, harbuder pomadi, und
andere kleinigkeit die mir nicht alle beÿfahlen, welche alle gelt
kost, so das man alzeit ausgab genueg hat, ich weis nicht wie
ich noch klüeger leben solte, ich habe mir seÿt ich von Salzburg weck
bin eine einzige haub mach lassen, kein paar schueh, ich habe
in den würths haus niemahls kein wein getrunck, ausgenom
der wolfgang hat da gespeist. da hatten wür ein schopen mit=einander, und gleichwohl hat der Conto so vill gemacht, für das
Zimer, feür und lichter, macht es allein 30 f die 6 woch da wür
hier wahren, und wahr ein zimer undern dach mit 2 miseablen
bettern, wo ich den ganzen tag keinen warmen fues gehabt habe,
und in meinen belz, und filzschuehen gesessen bin, iezt kanst
dir dencken wie wohl es mir thuet, das ich einmahl gueth lige,
und ein schönes guethes warmes zimer habe, gott lob und danck.
ich hoffe der liebe gott, der alles so gueth geschickt hat, wird noch
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das überige was wür winschen, wan es uns Nüzlich ist geben,
es hat sich alles so gueth gefieget wo wür an wenigsten daran gedacht
hatten. ich habe beÿ den hl kindl von loreto eine heillige Messe versproch,
wie auch zu Maria Plain, also bitte ich dich solche less zu lass,
bey den loreto kindl gleich, zu Maria Plain aber wan es wärmer
würdt das die nanerl hinaus gehen kan, dise beÿde seind mein
schuz auf unserer Reise, ich habe mein ganzes vertrauen darzue
sie werden mich gewis nicht verlassen. von Neuigkeiten weis
nichts als das du schon wissen wirst, als das die Engeländer von
den Americanern erschröcklich sein geschlagen worden, und ein ganzes
Regement gefangen word. die Neue opera von schweizer würd
täglich probiert, den wolfgang gefält sie gar nicht, er sagt es ist
keine Natur darin, und alles übertrib, und für die Sänger nicht
gueth gesezet, wie es beÿ der prodüction aus fahlen würd müssen
wür erwarthen. ich wünsche dir und der nanerl glicksellige weinacht=feÿrtag, und Neÿes Jahr, ich mues früher schreib weill ihr alzeit die
briefe so späth bekomet lebts fein gesund und vergniegt, bis ich euch
mit freiden wider sich, an alle gutte freinde bitte mein Compliment
auszurichten absonderlich an Monsieur bullniger und Mademoicelle Sallel,
von hier habe ich hingeg complimenten abzuleg von unsern bekant
die du hier kenest und nicht kenest. adio ich kisse euch vill 100000
mahl und verbleibe wie alzeit dein getreues weib bis in doth
_________________________________________________________________________\hfill Marianna Mozartin
die thresel lasse ich schönn griessen.
der pimperl wird ia noch gesund sein, ist er seÿd deme nie bissig
gewesen, oder hat er kein anstos von der hunds sucht gehabt.
ich bin heunt den ganzen tag zu haus geblib, weill ich ein starck
Cartar habe, und nur eine supen welche mir der herr danner
geschickt hat geessen, ich hoffe morgen schon wider aus zu gehen,
wan es gottes will ist, adio ich Kisse euch nochmahls.
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geschwind in der grösten Eil. die orgl die heüte in der lutherischen kirche probirt worden,
ist sehr gut; so wohl im ganzen Pieno, als in einzeln Registern. Vogler hat sie ge=spiellt. er ist so zu sagen nichts als ein hexenmeister. sobald er etwas mae=stätisch spielen will, so verfällt er ins trockene, und man ist ordentlich froh
daß ihm die Zeit gleich lang wird, und mithin nicht lange dauert, allein
was folget hernach? – – ein unverständliches gewäsch. ich habe ihm von
weiten zu gehört. hernach fieng er eine fuge an, wo Sechs noten auf einen
ton waren, und Presto. da gieng ich hinauf zu ihm. ich will ihm in der
that lieber zusehen, als zuhören. es waren sehr vielle leüte da. auch
von der Musique. holzbauer, Canabich, toeschi etce: Ein quartetto für
den indianischen holländer, für den wahren Menschenfreünd ist auch schon
bald fertig. appropós. h: wendling hat mir gestern gesagt, daß
er ihnen den vergangen Postag geschrieben hat. addio. Meine Em=pfehlung an ganz Salzbourg. ich küsse ihnen 100000 mahl die hände,
und meine schwester umarme ich von ganzen herzen. O schöne schrift.
ich bin dero gehorsamste sohn
__________________________________________________________\hfill wolfgang Amadé Mozart mp
Neülich habe ich müssen anstatt schweizer
die opera mit etlichen Violinen beÿ
wendling dirigiren. denn er war übel auf.
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