Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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2012-10 CC BY-NC-SA 4.0 https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=959 A-Sm A-Sm: Internationale Stiftung Mozarteum, Bibliotheca Mozartiana. Salzburg (AUT) last file update: Tue Mar 21 09:28:15 2023
LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA UND WOLFGANG AMADÉ MOZART IN MANNHEIM SALZBURG, 21. UND 22. DEZEMBER 1777 mit Nachschrift von Maria Anna (Nannerl) Mozart
___________________________________________________________________________________________________________________\hfill Salzburg d 22 Decemb: Mein Liebes Weib und_________29.____________________________________________________________________________________\hfill 1777. __Lieber Sohn! Wegen der Reise nach Paris habe euch bereits mit letzter Post meine Meinung geschrieb; und ich hab durch euer Schreib vom 14t Decem: mit vergnügen vernohm, daß ihr aus dem Wirthshause, und überhaupts für diese 2 Monate gut versorgt seyd. du hättest aber wohl mir die gasse euerer Wohnung od den Nam des Hauses p: benen soll, um solches auf die Aufschrift des briefes setz zu kön: doch werdet ihr wohl die Brief nun selbst auf der Post abholl: h: Wendling ist mir mit seinem Briefe zuvor gekom, indem ich eb diesen Post=tag ihm schreib wollte, und ihm schon den vorigen Posttag geschrieb hätte, wen es mir nicht an der zeit gemangelt hätte, indem auch dem P: Maestro Martini schreib muste, um ihm weg dem bereits abgeschickt Portrait ein=mal Nachricht zu geben. der Graf Pergheim primier Minister in Baÿrn ist gähe gestorb, und dem Fürst Zeil in der Gesellschaft in die Arme gesunck, der arme Man hat durch dies gähen Todt viel bagage mit sich abzupack in die Ewigkeit mit genom. dieses vorhergehende habe gestern nach dem Stundgebeth ambt sontags d 21t geschrieben, wo Deine Meß ex B gemacht wurde und der Castrat unvergleichlich gesung hat. Nachmittag war kein Belzlschüss. – Nun komt eine sehr traurige und ohnvermuthete Begebenheit. Ich gieng in die vesper, weil wir heut montags das Thomasfest in der Kirche halt. h: Adlgasser spielte die Orgel. das Dixit gieng gut. als er nach dem erst Psalm abschlueg, so grief er ganz abscheulich herum und konnte zu keinem Ende kom. nach dem zweyt Psalm giengs noch schlechter, so daß er das Pedal am Ende um ein Thon dieffer aushielt, mit der recht und linck hand so darein grieff als wen ein Hund über die Orgl lief, alles glaubte er wäre besoff. beÿm dritt Psalm konte er gar mit den fingern der link hand nicht mehr spiel, sondern legte imer die zusamgebogne faust auf die Claves, ich konnte ihn lange nicht bered von d Orgel zu geh, und d h: Spized spiel zu lass, da ich ihm unter=dess die linke hand herabnahm und h: Spized, so gut er konnte, zu dem, was d Adlgasser mit der recht hand noch spielte, den Bass machte. Endlich bracht wir ihn, ja wir trug ihn fast weg und setzt ihn auf die banck, wo die Posonist blasen. Seine Frau war in den stühl bey der Sacristey, sie kam hinauf, wie auch d Bader Braun, d unt war, ein Ministrant mit wasser, der Seelos vom Chor herauf. Er verdrähte die Aug wie ein besoffner Mensch, sprach man sollte ihn nur sitz lass, wurde erstaunlich blaß, und endlich erbrach er sich erstaunlich, aber nichts als wasser oder Wein, und NB gar keine trebern. da der bad ihm eb den Puls gegriff hatte und nun das Erbrech sahe, so gieng er davon und hielt es für ein starken Rausch, folglich wir alle auch, indem er sonst ganz deutlich red konnte und beÿ dem Erbrech schwitzte, wie es beÿ solch übligkeit vom Magen geschieht. Nun macht wir das Magnificat und blieb beÿm Rosenkranz, da wir nicht vorbeÿ konnt ohne durch das Gespeibe zu trett, und alles um ihn herum war. unter dem Rosenkranz wurde er in die grosse Sacrÿsteÿ hinunter gebracht, und um ein tragsessl geschickt, der noch unter dem Rosenkranz ankam, und vor der Be=nediction ward er noch fortgetrag. Er war also schon weggebracht, wie ich und h: Spizeder vom Chor herunter kam. ihr könnt euch das Specktacl leicht vorstell, da beÿm Stundgebett die ganze Kirche voll der Leute war: da wir aus der Kirche gieng, kam fr: Hagenauerin und ande zu uns, alles sprach von dieser Historie, dan iedermann sahe aufs Chor hinauf, was davorgieng, man sahe den sessl in die Sacristeÿ kom und wegtrag: und alles glaubte der Adlg: hätte sich im drunck übernohm. ich gieng mit ihn zum Hagenauer, da kam h: Johanes und sagte mir daß den augenblick graf Castelbarco beÿm Schiffwirth angekom. ich gieng gleich dahin, erfuhr aber, daß er geschwind ausgegang, und in einer Stunde wieder fortreisen werde, um in Schwanenstatt sein Bruder den officier zu überfall, ihm seine Frau aufzuführ, und daß er in 5 oder 6 täg wieder in Salzb: eintreff und sich dan etwas aufhalt werde, ich möchte ihm nur mein Nahm sag: da ich ihm dan solch sagte, antwortete mir der bediente oh la conosco; il Padre di quel Giovane, che ha Scritto tré opere in Milano. Non man=chero di presentare i suoi rispettetti ed attentione al mio Padrone.__________# INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 weil du es Itzt so gnädig und geschäfftig hast das du mir nicht schreiben kanst. so wirst du auch nicht zeit haben von mir einige zeillen zu lesen. ich nehme mir also mit deiner Erlaubniß die freyheit ganz allein mit der Mama zu discuriren. das es ohnedieß frauenzimer discurs sind. ich hoffe sie werden beÿde gesund und vergnügt seÿn. die mama hat die güte gehabt mir zu schreiben, das die frisurs und Hauben in Manheim viel schöner, und das die frauenzimer viel gustoser angezogen sind als in Salzburg. das will ich gern glauben. doch wenn ich das gluk habe die Mama in zweÿ Monaten hier zu sehen, so bitte ich die güte zu haben, genau acht zu haben wie die frisur gemacht ist und ein toppeè Küssel und was noch nothwendig ist mitzubringen. auch wenns möglich wäre eine neüe Mode Hauben und was der mama gefälig ist. wenn ich mir noch wie vor einiger zeit was mit scolaren verdienen könte, so wäre meine freüde gewest mein granaden farbes Kleid zu einem polognese machen zu lasen und mit dinduch zu garniern. da hätte ich vielleicht von manhein eine wohlfeileres dinduch bekomen. aber solche neüe Mode Sachen muß ich mir ausschlagen. mich freüet es das sie Itzt ein gutes zimer haben, und ich hofe der Mama wird es Itzt nicht mehr so kald seÿn als in wirthsHaus. ich muß aufhören, sonsten hat der papa keinen Platz mehr. ich wünsche beÿden eine fort=dauernte gesundheit. und Küsse der Mama die Hand, und meinen brudern umarme ich. # Ich war nun im Nachhausgeh begriff, als mir beÿm Markbrun die Adlg: Victorl weinend begegnete und in die Apotecke lief um Hirschhorgeist zu hohl, sagte mir, daß ihr Vatter die Augen nicht aufmacht und nur schnarchend daliegt. Nun war ich überzeugt, daß ihn der Schlag getroff. der Dr: Barisani kam um dreyviertl auf 5 uhr, dan vorher schlief er noch sein Nachmittagschlaf. Man gebrauchte alle Mittl, frotier, Zwick, Reiben, Aderlass, fisicatori p: er öffnete kein Aug mehr, rodelte imer fort, und starb um 3 Viertl auf 7 uhr. Heut war ich dort: du kanst dir die Lamentation und das wein nicht vorstell. die Adlgasserin ruft die ganze Welt um hilfe, sie ist mir schier um den hals gefahl: Es war ganz erschrecklich. morg nachts d 23 wird er begrab, den 24t ist beÿ St: Sebastian d Gottesdienst. Nun was haben wir für Organist? – – wer instruiert im Capellhaus? – – und die Gräfin für ihre freul? – – ich bin frohe, daß die Nanerl und ich niemals beÿ ihr war. Nun wird sie bald gelegenheit suchen mit mir sprechen zu ken. S:e Ex: Obersthofmeister ließ mich heunte nach der Arcoischen Lection hinauf=ruffen, und das war, um mit mir zu sprech, weil er dich so Lieb hatte, und ob er dich nicht im discurs dem Erzbischof als Organist proponier därfte. Ich dankte ihm für diese Gnade, und verbath es, und sagte ihm daran wäre nun nicht mehr zu gedenken, erklärte ihm auch alles mit Umständ. Er sagte, er ware itzt vergnügt und es wäre ihm ein Stein vom Herzen. ihr werdet leicht begreiff, daß ich dem h: Wendling |: dem ich mich ergbst empfehle :| die Antwort muß schuldig bleiben, indem der Zufall des Adlgassers mich hindert. ich muß hingeh, den Leut beÿsteh, und weg der Gottes dienst musik auch anstalt mach, dan am Mittwoch ist zur gleichen Stunde auch das Pfinstag Amt. Ich hatte gestern dessweg zu euerm Brief nur ein blat genom, weil ich des h: Wendling brief einschlüss wollte. Nun addio lebts beÿde Gesund, Gott erhalte euch. die Mama soll uns viel, der Wolfg: wenig schreib, er hat so viel zu thun. die Nanerl spielt die Sonaten mit der gröst Expression. wir küss euch millionmahl und bin samt der Nanerl der alte Mzt mp___h: Bullniger u ganz Salzb. empfehlt sich. INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881