Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart
Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family
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Ulrich Leisinger
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LEOPOLD MOZART AN JOHANN JAKOB LOTTER IN AUGSBURG
SALZBURG, 7. JULI 1755
An Joh. Jac. Lotter, Augsburg
______________________________________________________\hfill Salzb: d 7t Julij 1755.
__________Monsieur mon tres cher amy!
Sie sind gar zu genau, daß sie sich so viele Mühe nehm alle 3 Briefe,
und zwar in solcher Ordnung zu beantworten. Ich will ihr Brief
vor mich nehm, und mich ebenfals an die Ordnung halt.
Ihr versprech haben sie manhaft gehalt; und bedaure herzlich daß sie
eine so weite Reise fruchtloos hingeleget: denn Reisebeschwerd aus=steh, und sich doch betrog seh, das ist einmal zu viel.
Daß ich im freÿsing Salzb: unterzeichnet habe, ist eine neue Marke
meines flichtig Geistes, über welch ich selbst imer klag, und den ich
allezeit bestreitt muß. Wegen den Wörtern Tact und
Musikal: Zeitmaaß, ist es einmal gewiss, daß zwar d Ablativ
Tacte und Zeitmaaße ganz richtig haben will. Allein wenn
zweene solche Ablativ zusam kom; so lässt es halt einmal lächerlich
Von dem Tacte od Musikalisch Zeitmaaße zu sprech. Wir wollen
das Miettel wählen, und setz: von dem Tacte od musik:
Zeitmaaß. Denn in der Folge meines Mspts ist das Wort
Tacte sehr oft angebracht, wo es gut klingt; Zeitmaaß hingeg
kömt selt, und klingt auch besser ohne (e): weil die letzte
Sylbe ohnedem schon lang ist und ein neuer Anhang des (e) buchstabes
recht gezwung lässt. wegen des fordern od fodern war ich eben
aus den von ihn beÿgebracht Ursach auch ihrer Meinung; nur
der Satz hat mich verfiehret: daß man in unserer ohnedem schon harten
sprache keine viele Consonant einmeng, sond selbe vielmehr ausmustern
solle; um die Aussprache zu erleichtern. übrigens bleibt es beÿm erfordern.
wegen d BücherComission werde schon Nachricht geb. Was die Tabell
anbelanget, wird alles nach ihrem Verlang gescheh. Und wird freilich
sehr gut seÿn wenn ichs ad Correctur bekome. Ja sie werd mehr solche
sach antreff die ich vorher etwa werde seh müss. Nur das bitte
ich, sondbar in Exempeln, im Zweifel nichtes zu lass, sondern
mir lieber solches vorher ad Corrigend einzuschick.
Der Probbogen ist zu meinem Vergnüg ausgefall. so wohl d format
als die Lettern sind gut, und ich bin vollkom damit vergnüget.
Sie zeigen dadurch, daß man nicht nur in Leipzig und Hamburg,
sond auch in Augsp: fein arbeit kan, und sie werden sich recht=schaffene Ehre damit mach. fehler sind hauptsächlich nichts darin.
pag. 3. linea 8 stehet gibt muß giebt heiss. linea 9. heist es von
einand in etwas unterschied. ich wollte lieber, daß hier, das in etwas
od völlig wegbliebe, od anstatt dess ein bischen od ein wenig hinge=setzet würde: weil das wörtch etwas zweÿmal gleich vorher
auf einand folgt. Ich möchte es also das drittemal ausgemustert
od etwa also abgeändert wiss. ein bischen unterschied od ein
wenig unterschied. was beliebt, mir gilt es gleich.
p. 8. in Notis. (f) l. 2. muß heiss. dickern.
Mir gefällt sehr wohl, daß sie mir mein derer in deren abgeändt hab:
den mir gefiehl es selbst nicht; Gottsched hat mich verführet, da
er p. 254. in allen Geschlechtern derer angiebt. Allein das deren
muß nur gebraucht werden, wenn es sich auf etwas beziehet,
so weiblich Geschlechtes ist, als z. E. die Seÿten, deren p: wenn es
sich aber auf ein Masculin oder Neutr beziehet, wollte ich mir wohl
derer ausgebett hab. z: E: die Mäner, derer ein jeder p: od
im Neutro: so viele Häuser, derer iedes p:
Es wäre mir Leÿd wenn daß Papier ihn und mir den spass ver=derb sollte. Ich war allezeit und bin noch d Meinung, daß man
etwas nicht anseh müsse, um eine Sache, so sonst Mühe kostet, auch
auf schönes Papier zu bring. kön sie den nicht das Papier auf die
Condition kom lass, wenn es die Probe hält? Es wird wohl nicht
ein Pappiermacher alleine in d Welt seÿn. Haben den diese Lumpen
kein vorrath? und müss sie es allererst mach? Genug! wart sie
lieber auf gut Papier; mir wäre sonst leyd vor ihre Mühe: denn ich
wollte absolute, daß es so in die Aug fall solle, daß ich nimer hören
darf, was ich oft gehört hab, daß nämlich von keinem Orte ein
schönes Buch kom kan, als von Hamburg und Leipzig, NB der Auflage nach.
Das 14 Seiten auf den ersten Bogen aufgegang, daß darf ihn nicht
Bange mach, wenn ihn nur nicht in d Folge Bange wird: denn erstlich
sind meine übrigen Bögen viel kleiner zusamengeschrieb; und denoch hab ich
in dem itzig Mspt schon ein paar Bög mehr als in dem alt.
zweÿtens kom hint beÿ d Strichart, Beÿ den Triol beÿ d ver=ändung des Striches viele, und sondbar beÿ den Applicaturen
hochgesetzte Exempel die man nicht enge zusamrück kan. Sie dürfen
also gar keine grossen Noten nehm. Und letzlich kom noch 2 Hauptstücke
od resp:tve 3 Hauptstücke dazu, die ich ohne grosse Critick nicht weglass
kan. Diesse sind die vorschläge und Triller. Denn diess sind 2 Stücke,
die in der täglich und gemein Spielart vor Augen kom, und folglich
müssen eingeschaltet werden. Ich glaub in dem Entwurf, den ich ihn von
1755. d 7 Julii aus Salzburg, von
h. Leopold Mozart.
von Interesse
den Hauptstück eingeschicket habe werd das 9te und 10te Hauptstück die
Doppelgriffe und Arpeggierung seÿn. Diese kom nun zusam in das
9te Hauptstücke, das 10te sind die Vorschläge, das 11te die triller,
das 12te die Mordenten. Ich werde also mit 12 Hauptstück schliess,
und alles deutlich und kurz abhandeln. Es bleibt mir nichtsdesto=weniger noch ein Anfang, ja vielmehr ein wichtiges und eigenes
Werckg zu mach übrig, und ich hab die Warheit zu sag so viel
Materie noch übrig zweÿ kleine tractätch zu schreib, eine
so wichtige Materie, die zwar hin und her ein bisch ist berieret,
aber nec á longe ist ausgeführet word; die ich auch, wenn ich
sehe, daß diese meine Arbeit nicht umsonst ist, mit der Hilf Gottes
gewiss auch zusam schmier will. NB. ich werde mich aber alsdan
nimer so lang besin.
Es komen 4 figuren in die Violinschule. 2 kleine Brustbiltch wie man
auf zwoerleÿ Art die Violin halt kan. und ein paar Ärme
od auch nur Hände um die schlechte und gute Art den Bog zu halten an=zuzeigen. weil es nun aber nichts besonderes seÿn darf, so lasse ich es
mir gleich von einem der recht gut zeichn kan auf Kupfer
radier und ätzen, weil ich selbst mit diesem Spaß umgeh kan.
Oder schreiben sie mir, was ich etwa vor etwas solches dem h: Nilson zahlen
müßte? Nun meine ich auch mein Herz ausgelähret zu hab. Die meinige
empfehlet ihn und dero angehörig, und ich bin und gebleibe
__________________________________\hfill dero
_________________________________________________\hfill Ergebenster Dr
_________________________________________________\hfill Leop: Mozart mp
Es kömt einigemal das wort biegen vor. Sie mögen, wens
ihn besser gefällt, Beugen setz, mir gilt es gleich.
das Wort Violin bleibt schon dabeÿ im Sing. allezeit Violin, und
im plur: allezeit violinen, wenn ich mich etwa an einem Orte sollte
geirret haben. Das Wort Strich aber declinire ich nach Stand in Gottsched p. 201.
gleichwie Violin nach flur p: 205 declinire.