Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart
Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA UND WOLFGANG AMADÉ MOZART IN MANNHEIM
SALZBURG, 9. FEBRUAR 1778
mit Nachschrift von Maria Anna (Nannerl) Mozart
Mein Liebes Weib!_______________________________________________________________39____________________\hfill Salzb: d 9t febr:
_____________________________________________________________________________________________________________________________________\hfill 1778
Itzt wird man wohl von den Umständ des Beyerlandes in Manheim genug wiss, nachdem die
öst: Manifeste bereits in den Zeitung sind. Nun sollte der Wolfg: in Münch seÿn, so hätte er
mit dem Baron Zehmen sprech kön. dieser war, und ist vielleicht noch als abgesandter von Sachsen alda,
es würde zu lange seÿn die ganze Sache umständlich zu schreib, überhaupts betrift seine Gesandtschaft
ein Anforderung von 11 Million, od wieviel es seÿn mag, und dan eine Anfordung auf alles Haus=geschmuck – mobili und allodialgütter, welches alles die verwittibte Churfürstin von Sachsen,
die Schwester des seel: Churf: anspricht, und solche Anforderung dem Churfürst von Sachs überlass,
und für ihre Person den Schutz des Königs in Preuss angeruff hat. Es ist an deme, daß, da noch
Bayern vertheilt war, durch ein d Bayer Herzog, welcher das Straubingische in besitz hatte,
dieses an ein Herzog von öster: gekom, aber auch nach der Hand weg einer Anfordung
von 11, od was weis ich von wie viel Million, und weg dem Herzog von Öster geleistet Beystand
und aufgewandt Kriegsunköst, an die Herzog von Bayern auf ewig wieder überlass word,
so zwar, daß nachdem hinach beÿ sich ereigneter Gelegenheit, daß Hauß Öster abermahl
solches an sich zu bring \newline |: nur mit der feder NB :| bemühet war, solches ihm vom Reichs=gericht für allzeit abgesproch word. da es nun aber itzt mit bewafneter Hand in Besitz ge=nom wird, so macht die Schwester des verstorbn Churf: die Ansprüche auf die besagt Million,
und auf die allodiali und anderen Hausmobilien, davon sie sich als Erbin erkläret.
Ich habe eine vermuthung, die vielleicht ein Grund hab kan. Es fällt mir nicht geschwind beÿ,
wie iener Herzog von Wirtemberg hieß, welcher aus dem Lande flieh muste, in die
Reichsacht erkläret wurde, und auch nicht mehr zur Regierung kahm. sein Land erhielt der
Nachfolger aus den Händ des Kaysers, dem es heimgefall ware, mit dem Vorbehalt, daß
nach dem Aussterb des Würtemberg: Hauses, das Herzogsthum an Östereich zurükfalle. Wie wäre
es nun wen Öster: und Preuss schon lange mit einand verstand wären? – – Öster: hat nun den
gröst Theil; und NB den einträglichst und weg der Donau für Öster den nützlichst Theil Baÿerns
in Besitz genomm. könnt diese 2 Mächte nicht mit einand verstand seÿn, daß nach dem Ableben
ohne Erb des Churf: von der Pfalz, das Hauß Oster: ganz Baÿern nehm, und dem König in
Preuss, nach absterb des Würtenb: Hauses, das Herzogthum Würtemberg überlass, und dan
auch nicht entgeg seÿn wollte, wen Preuss auch Jülich und Berge zu sich nehm wollte, wo den
die Herzog von Zweybrück sich mit der Pfalz allein begnüg müsst. – Es sind freilich nichts
als leere vermuthung, die, ob sie |: Gott gebe es daß ich es nicht errathe :| ob sie leer sind,
das Betrag des Preusisch Hofes beÿ den itzig Umständ zeig muß. Mir schwindelt so etwas,
weil es bereits über ein Monat ist, daß der Churf: gestorb, und was höret man den von
Preusischen Bewegungen? – – der ist sonst nicht der letzte! Unterdess ist auch sicher, daß
der Kaÿser die Lehengüter, die er unterdess in Obsorg genom, und da und dort auch
in Bayern zerstreuet liegen, gegen andere wird zu vertausch und auf ande
Gütter das Lehenrecht wird zu übertrag suchen. alles dieses will seine lange Zeit, und
die Regierung in Bayern ist so beschaff, daß, solche Einzuricht, eine geraume Zeit die
Gegenwart des Churf: wird nötig seÿn. Es ist unterdess richtig, daß nicht nur das Rent=amt Straubing, sond auch Scharding, Ried, p: und viele ande Orte in Bayern mit östr:
Trupp besetzt und alda die Kaÿserin ________________________________________als Landsfrau erkennt ist.
das war doch in bayern ganz erstaunlich ____________________________________der Chur: hat 30 General,
38 Obersten. 25 Oberstlieuten: ______________________________________________und 20 Majors, folglich 113
Stabsofficier zu etwa 4000 Man ___________________________________________in Münch gefund. ist das nicht
erstaunlich lächerlich! Genug hiervon!
Bis anhero habe noch nichts von dein Reiseanstalt gehört. vielleicht sagt mir dein künftiger
Brief etwas. hier ist noch ein blath an den Wolfgang, ich hoffe es wird ihn noch antreff: sollte
er aber schon weg seÿn, so magst du das blath beÿ dir behalt, bis du weist wo man die Briefe
in Paris an ihn addressier muß. vielleicht weis es die Md:me Wendling. dan kannst du ein
Brief dazu schreib. Ich hoffe aber er wird noch beÿ dem Empfang dieses nicht schon fort seÿn.
INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881
Empfehle dem h: Wendlich noch mahls unsern Sohn aufs beste; Gott seÿe sein Schutz! ich gedachte gewiß etwas durch dein letzt
Brief zu hör, allein da er dir eb von Worms schrieb, so konntest du mir freilich auch nichts andes bericht. gestern war die 2te Redout, u
100 Person darauf. heut ist die Schiedenhof: Hochzeit, die Cronach Nanerl ist 8 täg vorhero nach Hause geschickt word. der Wolfg: hätte doch nicht übel gethan,
wen er eine Gelegenheit gesucht hätte, sich durch iemand beÿm Churfürst im Angedenk zu erhalt: doch, dazu ist es noch zeit genug. Lebts wohl wir küss
euch beÿde millionmahl u bin d alte Mzt mp
der papa läst mir niemals so viel Plaz das ich der mama und dir schreiben Könnte. die mama hofe ich bald zu sehen, und ich bitte
die mama mich nicht zu vergessen wenn sie von Manheim fortreist. und dir wünsche ich eine glukliche Reiß nach paris. und wünsche dir
gesundheit. vor allem das ich dich nur bald wiedr umarmen könte welches gott weiß es allein wenn es geschiehet. wir alle beÿde sehnen
uns sehr das du bald dein glük möchtest machen. da ich hernach gewiß weiß das unser aller glük gemacht ist der mama küsse ich
die hände und dich umarme ich und hofe du wirst dich unser aller stetzt erinern und auf uns denken. doch zu der zeit wenn du von
deinen componirn und scolaren eine viertl stunde übrig hast.
À Monsieur
Monsieur Wolfgang Amadé
Mozart Maître de Musique
frcoAug.___à
Manheim
N:° 37.
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____________________________________________________________________________________________39________________________\hfill Salzb: d 9t febr:
Mein lieber Sohn!_______________________________________________________________________________________________________________\hfill 1778.
Die klein Sparten, die ich sehr nett besorgt habe, und dan mein Schreiben mit dem Verzeichniß unser
Pariser Bekanntschaft wirst du richtig erhalt haben. die Hauptperson sind imer Mr Grim,
Mad:me La Duchesse de Bourbon, die ehemalige Mademoiselle d'Orleans, wo Paisible beÿ ihr war
als wir sie 2 mahl im Kloster sah; und die dir ein kleines Clavierstückl, so sie Componiert hatte,
dir dediciert hat. Ihr Herr ist der Sohn des Prinz Condé, er ist erst 22 Jahr, sie aber 28
______________sie ist____nicht sehr vergnügt__________________sie_____leben gar nicht
Jahr alt. ofl fot nfcut olur vlrgnh"gt: ich glaube ofl elbln gmr nfcut beÿsamen.
der Duc de Chartres ihr Bruder ein Herr von 31 Jahr. er ist derjenige, welcher gemacht hat
daß wir vom Mr: de Sartine dem damahlig Lieutenant de la Police die Erlaubniß erhielt, die
2 so einträglich Concert zu machen. Mad:me la Comtesse de Tessé, der du die Sonaten
dediciert, eine grosse Beschützerin der Wissenschaft p: die dich sehr liebte und dir die kleine
Uhr, deiner Schwester das Goldene Zahnstiererbüchsel gab. Ich hoffe sie wird nun in Paris zu=rück angelangt seÿn, Sie und ihr Herr war letzhin in Itali, sie hab grosse Reis gemacht,
und glaube sie waren auch gar in Sicilien. NB vor allem must du eÿferig dich erkundig,
ob der Duca di Braganza nicht etwa noch in Paris ist? – Er hat vergangen Herbst Wien
verlassen, um beÿ dieser, nach dem Tod des seel: Königs von Portugal, ihm nun günstigern
Regierung in sein Vatterland nach Lisabon zurück zu kehr. Er hielt sich in Paris auf,
das weis ich, es komt nun darauf an, ob er schon weg ist? – Dieser wäre ein guter Man
für dich. die Mad:me d'Epinay eine sehr vertraute Freundin des Mr: Grim, von welcher
die Mama das schöne Waderl hat. NB die Comtesse de Tessé würde dir sond zweifl durch
ihren Vatter dem Duc d'Ayas, der uns nach Versailles gebracht, Gelegenheit verschaff
daß du der Mad:me Victoire vorgestellt wurdest, die dich nun nicht ungerne sehen würde,
da sie dir als einem Kinde, so gnädig und freundlich begegnete. die Mad:me La Ducesse
D'Enville. – La Ducesse AEguillon. – La Ducesse de Mazarin. La Comtesse de
Lillbonne. M:dme de St: Julien. Md:me La Princesse de Robeck. Md:me La Comtesse de Wall.
Kurz! alle die Person, die du auf dem Verzeichnisse hast, sind Person vom Stande, die
sich deiner erinern werd, und den du dich zeigen und ihn ohne Scheue aufwart darfst,
und sie mit einer edlen freyheit und Anstand um ihr Schutz bitt darfst. Es ist, ich
versichere dich, keine kleine Arbeit, dan man komt nicht allzeit vor, um mit dies Per=son sprech zu kön: allein es ist alles daran geleg, diese Politesse nimt die franzosen
erstaunlich ein, und macht dir auf einmahl alle diese grossen Person und alle ihre Be=kannte zu freunde. NB dieß muß aber itzt gleich gescheh: und du must dich von nichts
abhalt lassen, dan du komst späth nach Paris, und zu späth; im Somer geht alles aufs
Land. Ist Mr: Grim da, so wird er mir recht, und dir alle Anleitung geb, du kanst
ihm alles sagen, was ich dir geschrieb habe. Ist er nicht da, so wird dir die Md:me D'Epinay
in allem Beystehen, oder dich an ein ihrer Freunde anweisen, wen du nur diese
ausfindig machst und bald zu seh bekomst. Unterdess wird dir auch h: Baron
Bach vermuthlich ein und ande Person zu sag wiss, wo sie wohn. Was man für
INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881
die Fiacres bezahlt wird dir h: Wendling und iedermann sag: wen man ihn länger, als nur
auf ein Ort allein zu fahr, nämlich auf langere zeit braucht; so zeigt man dem Fiacre
beÿm Einsitz die uhr, und sagt wie viel es ist, dan zahlt man, so viel mich erinere, für die
erste Stund 24 Sols, und dann für iede der übrig stund 12 Sols: auf diese Art kan
man ihn einige Stunde behalt und vor dem Hause, wo man sich aufhält wart lass.
ieder Fiacre hat seine Numero, die man sich merkt; und man zahlt ihn, wen der Curs
vorbeÿ ist. wen du zu fuß gehest, must du dich in obacht nehm, beÿ nassem wetter sind
die rundlecht ins viereckgehende Pflastersteiner in Paris sehr schlüpferig, daß man imer
ausglitschet. Nun will ich dir noch einige Nähm von and Person unserer damalig
bekannt Person hersetz. nämlich Mr: L'Abbé Causargue Capellmeister in d Königl. Hof=Capelle zu Versailles, ein brafer Man, beÿ dem wir gespeiset hab. Mr. Eckard Clavierist.
Mr. Gaviniés Violino. Hochbrucker, Harfenist; er ist, wie du weist, ein lustiger Narr, aber
seinen Umgang must du meid, dan er ist weg seinem liederlich Leb, in dem schlechtest Ruef,
ein grober Kerl und Schuldmacher. Mr: Du Borde ein sehr hochmütthiger Violonzellist.
Mr: Tournere Organist von Hof. Mr: Molitor waldhornist in Versailles. Mr: Harand violino.
Mr: Besson, violino. Mr: Le Grand Clavierist, Mr: Jeliote chanteur au Theatre p:
Mr: Mayer Harfenist. Mr: Heno waldhornist beÿm Prinz Conti: Mr: Duni Maitre de
chapelle, hat einige opera Comique geschrieb. Mr: Canevas Violonzellist, dess dochter den
h: Cramer geheÿratet hatte und in Manheim gestorb ist. Mr: Le Duc violino. Mdsse: Fel
alte Sängerin vom franz: Theater. Mr. Cahaut jouer de la Liute chez Prince Conti.
Mr: Hanauer Clavecin. Mr: Philidor Compositeur. p: Ich darf dirs aber nicht sag, du weist
ohnehin, daß der Umgang mit diesen Leut von keinem Nutz, sond eine vertraulich=keit mit dem mehrern Theil dieser Leute nur zum Schad ist: nur etliche wenige aus=genomen =. Sollte Gluck, Piccini da seÿn, so wirst du ihr Umgang möglichst meid,
und so auch mit Gretry keine Freundschaft mach. de la politesse, et pas d'autre chose.
Mit hohen Standspersonen kanst du imer ganz natürlich seÿn, aber mit all and
mache ein Engelländ, das bitte ich dich. seÿ nicht so aufrichtig! lasse vor keinem
Friseur od and domestiquen geld, ring od uhr seh, noch weniger so da liegen.
____________________vor deinen Freunden Nichts merken__________Geld bekömmst._________wie viel
lasse auch vsr dlfnln irlhndln nfcut alrkln, wan du gled blksaaot, od wfl vfle
_____du hast__________du Geld
dh umot. Hast dh gled so mache Bekanntschaft mit den Baquiers Tourton et Baur,
ich behielt nur das nothwendigste in Hand, das übrige gab ich ihn aufzuheb, sie gab mir
ein Schein darüber, und so war ich sicher, daß es mir nicht gestohl wurde, und wollte ie=mand etwas entlehn, so konnte ich mich entschuldig, ich hätte es nach Salzb: geschickt.
beÿ der Nacht gehe niemals zu fuß. und endlich denke Täglich, was du Gott, der dir so ausser=ordentl: Talente gegeb, schuldig bist. Nehme mirs nicht übl, daß ich dir es so
oft erinere, du weist, was ich als dein Vatter schuldig bin. Es verdroß dich, daß ich letzlich
____________________________________des Beichten
ein Erinerung wegen dla bflcutln machte. Setze dich an meine Stelle, und sage dan, ob
ich es zu thun nicht schuldig bin – – ? Gott! wen sehe ich dich wied! ich küsse dich millionmahl
_____________________________________________und bin dein gewissester wahrer Freund und Vatter L: Mzt mp
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