Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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WOLFGANG AMADÉ MOZART AN LEOPOLD MOZART IN SALZBURG MANNHEIM, 28. FEBRUAR 1778 mit Nachschrift von Maria Anna Mozart
_______________________________________________________________________________________Ungefähr 30 Febr 1778 _____Monsieur______________________________35____________________Nach 22 Febr 78 _____________mon trés chér Pére!_______________________________________________________________________1778 wir haben ihren brief von 23:ten richtig erhalten; ich hoffe daß ich künftigen freÿtag oder Samstag die arien bekomen werde, obwohlen sie in ihrem lezten keine mel=dung mehr davon gemacht haben, und ich mithin nicht weis ob sie selbe gewis den 22:ten mit den Postwagen weg=geschickt haben, – – ich wünsche es; den ich möchte sie der Mad:selle weber hier noch vorspiellen, und vorsingen. gestern war ich beÿm Raff, und bracht ihm eine aria die ich diese täge für ihn geschrieben habe. die wörter sind: se al labro mio non credi, bella nemica mia etcet: ich glaub nicht das der text vom Metastasio ist. die aria hat ihm überaus gefallen. mit so einem Man mus man ganz besonders umgehen. ich habe mit fleis diesen text gewählet, weil ich gewust habe, daß er schon eine aria auf diese wörter hat; mithin wird er sie leichter und lieber singen. ich habe ihm gesagt, er soll mir aufrichtig sagen, wen sie ihm nicht taugt, oder nicht gefällt; ich will ihm die arie ändern wie er will, oder auch eine andere machen. behüte gott, hat er gesagt, die aria muß bleiben, denn sie ist sehr schön, nur ein wenig bitte ich sie, kürzen sie sie mirs ab, denn ich bin izt nimer so im stande zu Souteniren. von herzen gern, so viell sie wollen, habe ich geantwortet; ich habe sie mit fleis etwas länger gemacht, den wegschneiden kan man allzeit, aber dazusezen nicht so leicht. nachdem er den andern theil gesungen hat, so that er seine brülle herab, sah mich gross an, und sagte – – schön, schön! das ist eine schöne seconda parte; und sange es 3 mahl. als ich weg=gieng, so bedanckte er sich sehr höflich beÿ mir; und ich versicherte ihn im gegentheil, daß ich ihm die aria so arangiren werde, daß er sie gewis gerne singen wird; den ich liebe daß die aria einem sänger so accurat angemessen seÿ, wie ein gutgemachts kleid. ich habe auch zu einer übung, die aria, non sò d'onde viene etc: die so schön vom Bach componirt ist, gemacht, aus der ursach, weil ich die vom Bach so gut kene, weil sie mir so gefällt, und imer in ohren ist; den ich hab versuchen wollen, ob ich nicht ungeacht diesen allen im stande bin, eine Aria zu machen, die derselben vom Bach gar nicht gleicht? – – sie sieht ihr auch gar nicht, gar nicht gleich. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Diese aria habe ich anfangs dem Raff zugedacht, aber der anfang gleich schien mir für den Raff zu hoch, und um ihn zu ändern gefiel er mir zu sehr, und wegen sezung der instrumenten schien er mir auch für einen sopran besser, mithin entschloss ich mich diese aria für die weberin zu machen; ich legte sie beÿseit, und nahm die wörter se al labro etc: für den Raff vor. ja, da war es umsonst; ich hätte ohnmöglich schreiben könen, die erste aria kam mir immer in kopf. mithin schrieb ich sie, und nahm mir vor, sie accurat für die weberin zu machen. es ist ein Andante sostenuto |: vorher ein kleins Recitativ :| in der mitte der anderte theil, nel seno à destarmi, dan wieder das sostenuto. als ich sie fertig hatte, so sagte ich zur Mad:sle weber; lernen sie die aria von sich selbst; singen sie sie nach ihrem gusto; dan lassen sie mir sie hören, und ich will ihnen hernach aufrichtig sagen, was mir gefällt, und was mir nicht gefällt. nach 2 tägen kam ich hin, und da sang sie mirs, und accompagnirte sich selbst. da habe ich aber gestehen müssen, daß sies accurat so gesungen hat, wie ich es gewunschen habe, und wie ich es ihr lernen hab wollen. das ist nun ihre beste aria die sie hat; mit dieser macht sie sich gewis überall Ehre, wo sie hinkomt. gestern habe ich beÿm wendling die aria die ich ihr versprochen scizirt; mit einem kurzen Recitativ. die wörter hat sie selbst verlangt, aus der Didone. ah non lasciarmi nò. sie und ihre tochter ist ganz närrisch auf diese aria. der tochter habe ich noch einige französische ariettes versprochen, wovon ich heüt eins angefangen habe. wen sie fertig sind, so werde ich sie, wie die erste, auf klein Papiere schicken. von die 6 Clavier sonaten habe ich noch 2 zu machen, ich habe aber keine Eile damit, den ich kan sie hier nicht stechen lassen; mit suscription ist hier nichts zu machen, es ist eine bettlereÿ, und der kupferstecher will sie auf seine unkösten nicht stechen; er will mit mir Moitiè von verkauf seÿn. da lass ich sie lieber zu Paris stechen, da sind die stecher froh wen sie was neües bekomen, und zahlen braf; und mit suscription kan man auch eher etwas machen. ich hätte ihnen schon längst nach und nach die sonaten abschreiben lassen, und geschickt; ich dachte aber, ich will sie ihnen lieber schicken wen sie gestochen sind. Ich freÿe mich auf nichts als auf das Concert spirituelle zu Paris, den da werde ich vermuthlich etwas Componiren müssen; das orchestre INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 seÿe so gut und starck; und meine haupt=favorit=komposition kan man dort gut auführen, nemlich Chöre; und da bin ich recht froh das die franzosen viell darauf halten. das ist auch das einzige was man in Piccini seiner neüen opera Roland ausgestellt hat, das nemlich die Chöre zu nackend und schwach seyen, und überhaupst die Musique ein wenig zu einförmig. sonst hat sie aber allen beÿfall gefunden. zu Paris war man izt halt die Chöre von gluck ge=wohnt. verlassen sie sich nur auf mich; ich werde mich nach allen kräften be=mühen dem Namen Mozart Ehre zu machen. ich hab auch gar nicht sorg darauf. aus den vorigen briefen werden sie alles ersehen haben, wie es ist, und wie es gemeint war; ich bitte sie, lassen sie sich nicht öfter den gedancken in kopf komen, daß ich auf sie vergessen werde! – – den ich kan ihn nicht ver=tragen. meine hauptabsicht, war, ist, und wird imer seÿn, mich zu be=streben daß wir bald zusamen komen, und glücklich – – aber da heist es gedult; sie wissen selbst besser als ich, wie die sachen oft querre gehen – – doch wird es schon noch gerade gehen. Nur gedult. hoffen wir auf gott, der wird uns nicht verlassen. an mir wird es nicht fehlen. wie könen sie doch an mir zweifeln? – – liegt den mir nicht selbst daran, daß ich nach allen kräften arbeite, damit ich je eher je lieber das glück und vergnügen habe, meinen besten und liebsten vatter von ganzem herzen zu umarmen? – – da sehen sie! – es ist doch _____________________________________________________________________________________bayern nichts auf der welt ohne interesse! – wen krieg etwa in bmÿlrn werden soll, so komen sie doch gleich nach, ich bitte sie. ich habe auf 3 freünde mein vertrauen, und das sind starcke und unüberwindliche freünde, nemlich auf gott, auf ihren kopf, und auf meinen kopf. unsere köpfe sind freÿlich unterschieden, doch jeder in seinem fach sehr gut, brauchbar und nützlich; und mit der zeit hoffe ich wird mein kopf dem ihrigen in dem fach wo er izt den meinigen überwieget, doch auch nach und nach beÿkomen. Nun leben sie recht wohl! seÿen sie lustig und aufgeräumt. dencken sie daß sie einen sohn haben der seine kindliche Pflicht gegen sie, wissentlich, gewis nie vergessen hat, und der sich bemühen wird eines so guten vatters imer würdiger zu werden, und der unveränderlich bleiben wird dero gehorsamster meine schwester umarme ich vom ganzen herzen._________________________\hfill wolfgang Mozart mp DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 an alle gute freünd und freündinen meine Empfehlung, besonders an h: bullinger. wen sie etwa die arien noch nicht weg=geschickt hätten, so bitte ich sie, so bald es möglich. sie machen mir dadurch ein wahres vergnügen. ______________________der Kurfürst aus__________bayern nicht________gestorben ach, wen nur dlr Cuhrihrot mho bmÿlrn nfcut glotsrbln wäre, so hätte ich die Messe ausgemacht, und sie Producirt, das hätte ein grosses aufsehen hier gemacht. ich war just recht aufgelegt dazu, und da führt der Plunder den verfluchten Doctor sanftl daher! – Mein lieber mann wür Rüchten uns nun allgemach zu unserer abreise, wann wür nur den wagen guth anbringen könten so wehre es mir lieb, ich zweifle aber sehr das wür vill darfür bekommen werden, wür werden aber unser möglichistes thun, und unsern fleis nicht spahren, das wür gleichwohl 50 f darfür bekomen sie wollen ihn nicht höcher als 4 Carlin schäzen, und finden ville aus=stellungen daran, es ist halt alzeit so, wenn mann was verkauffen will, und hier gar wo es so intresierte leuthe gibt die überall doplet und dreÿfachen nuzen suchen, und nicht die müinste gefähligkeit umsonst thuen wollen, ich bin froh wan ich einmahl von hier forth bin, ich erwarthe diese Zeit mit verlangen, welche gewiss wan es gottes willen ist, auf das lengste in 14 tägen geschechen soll. underdessen erwarthe ich deine briefe und was du uns noch zu schreib hast mit verlangen, und seye versichert das es alles nach dein willen und vorschrifft geschech solle. lebts beÿde gesund ich kisse euch vill 10000 mahl und verbleibe wie alzeit dein getreues ___________________________________________________________________________\hfill weib Am alles gutte freind alles_________________________________\hfill Maria Anna Mozartin Erdenckliches DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881