Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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Morgenstern Anja text encoding, text editing Kelnreiter Franz technical supervisor, data modelling Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg Wissenschaftliche Abteilung. Digitale Mozart-Edition Ulrich Leisinger Digitale Mozart-Edition https://dme.mozarteum.at
2012-10 CC BY-NC-SA 4.0 https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=1003 A-Sm A-Sm: Internationale Stiftung Mozarteum, Bibliotheca Mozartiana. Salzburg (AUT) last file update: Wed May 11 14:48:12 2022
WOLFGANG AMADÉ MOZART AN LEOPOLD MOZART IN SALZBURG PARIS, 24. MÄRZ 1778 mit Nachschrift von Maria Anna Mozart
43__________________________________________________________________________\hfill Paris le 24 di mars 1778 _____Mon Trés cher Pére._____________________38 gestern Montag den 24:ten 23:ten nachmittag um 4 uhr sind wir gott lob und danck glücklich hier angekomen; wir sind also 9 täg und 12 auf der Reise gewesen. wir haben geglaubt wir könen es nicht aushalten. ich hab mich mein lebe=tag niemahl so ennuirt. sie könen sich leicht vorstellen was das ist, wen man von Manheim und von so viellen lieben und guten freünden weg=reiset, und dan zehnthalb Täge, nicht allein ohne diese gute freünde, sondern ohne menschen, ohne eine einzige Seele, mit der man umgehen oder reden könte, leben muß. Nun sind wir gott lob und Danck an ort und end. ich hoffe mit der hülfe gottes wird alles gut gehen. heüte werden wir einen fiacre nehmen, und grim und wendling aufsuchen. morgen frühe werde ich aber zum khur=Pfälzischen Minister h: v: Sückingen | welcher ein grosser kener und Passionirter liebhaber von der Musick ist, und an den ich 2 briefe, von h: v: gemingen und M:r Canabich habe | gehen. ich hab vor meiner abreise zu Man=heim dem h: v: gemingen das Quartett welches ich zu Lodi abends im wirthshaus gemacht habe, und dan das Quintett, und die Variationen von fischer abschreiben lassen. er schrieb mir dan ein besonders höfliches Billet, bezeügte sein vergnügen über das andencken so ich ihm hinter=lasse, und schickte mir einen brief an seinen sehr guten freünd, h: v. Sückingen, mit den worten. ich bin versichert, daß sie mehr Em=pfehlung für den brief seÿn werden, als er es für sie seÿn kan. und um mir die schreibkösten zu ersezen, schickte er mir 3 Louisd'or. Er versicherte mich seiner freündschaft und bat mich um die meinige. ich mus sagen daß alle Cavallier, die mich kanten, hofräthe, kamerräthe, DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 andere Ehrliche leüte, und die ganze HofMusick sehr unwillig und betrübt über meine abreise war. das ist gewis wahr. Samstag den 14ten: reiseten wir ab, und donerstag vorher war noch eine accademie nachmittag beÿ Canabich, alwo mein Concert auf 3 Clavier gespiellt wurde. Mad:selle Rosl Canabich spiellte das Erste, Mad:selle Weber das zweÿte, und Mad:selle Piérron | serarius unser haus=Nÿmphe, | das dritte. wir haben 3 Proben gemacht, und es ist recht gut gegangen. die Mad:selle Weber hat 2 arien von mir gesungen, die Aer tranquillo von Rè Pastore, und die neüe, non sò d'onde viene. mit dieser lezten hat meine liebe weberin sich und mir unbeschreiblich Ehre gemacht. alle haben gesagt, daß sie noch keine Aria so gerührt habe, wie diese; sie hat sie aber auch gesungen, wie man sie singen soll. Canabich hat gleich wie die aria aus war laut geschrien: bravo, bravissimo maestro. vera=mente scritta da maestro. hier habe ich sie das erste mahl mit den instrumenten gehört. ich wollte wünschen sie hätten sie auch gehört, aber so wie sie da producirt, und gesungen wurde, mit dieser accuratesse im gusto, piano und forte. wer weis, vielleicht hören sie sie doch noch – ich hoffe es. das orchestre hat nicht aufgehört die aria zu loben, und davon zu sprechen. ich habe sehr vielle gute freunde zu Manheim | und ansehnliche – vermögende – | die sehr wünscheten mich aldort zu haben. je nu, wo man gut zahlt, dort bin ich. wer weis, viel=leicht geschieht es. ich wünsche es; und mir ist auch imer so – ich habe imer noch hoffnung. der Canabich ist ein Ehrlicher braver Man, und mein sehr guter freünd; Nur den fehler hat er, das er, obwohl er nicht INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 mehr gar jung, ein wenig flichtig und zerstreüet ist. wen man nicht imer an ihm ist, so vergist er auf alles; aber wen von einen guten freünd die rede, so spricht er wie ein vieh, und nimt sich gewaltig an, und das giebt aus, den er hat credit. übrigens aber, von höflicher danck=barkeit kan ich nichts sagen, sondern muß bekenen, daß die weberischen, ungeachtet ihrer armuth und unvermögen, und obwohlen ich ihnen nicht so viell gethan habe, sich mehr danckbar bezeügt haben; den die Mad.me und M:r Canabich haben kein wort zu mir gesagt, will nicht sagen von einem kleinen andencken, wens auch eine bagatelle wäre, nur um ein gutes herz zu zeigen; so aber gar nichts, und nicht einmahl, bedanck mich, wo ich doch wegen ihrer Tochter so viell zeit verlohren, und mich so bemühet habe; sie kan sich auch izt überall ganz gewis hören lassen. als ein frauenzimer von 14 jahren, und dilettante, spiellt sie ganz gut; und das hat man mir zu dancken, das weis ganz Manheim. sie hat izt gusto, triller, tempo, und bessere applicatur, welches sie vorher nicht gehabt hat. so in 3 Monathen werde ich ihnen starck abgehen – den ich fürchte sie wird wieder verdorben, und sich selbst verderben; den wen sie nicht imer einen Meister, der es recht versteht um sich hat, so ist es umsonst; den sie ist noch zu kindisch, und flichtig, um mit ernst sich allein nutzbar zu exerciren. die weberin hat aus guten herzen 2 paar täzeln von filét gestrickt, und mir zum angedencken, und zu einer schwachen erkentlichkeit ver=ehrt. Er hat mir, was ich gebraucht habe, umsonst abgeschrieben, und Noten=Papier gegeben; und hat mir die Comœdien vom Moliere | weil er gewust hat, daß ich sie noch niemahl gelesen, | geschenckt, mit der inschrift: DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Ricevi, Amico, le opere del Moliere in segno di gratitudine, e qualche volta ricordati di me. und wie er beÿ meiner Mama allein war, sagte er: izt reist halt unser bester freünd weg, unser wohl=thäter. ja das ist gewis, wen ihr h: sohn nicht gewesen wäre, der hat wohl meiner tochter viell gethan, und sich um sie angenomen, sie kan ihm auch nicht genug danckbar seÿn; den tag, ehe ich weg=gereiset bin, haben sie mich noch beÿm abendessen haben wollen, weil ich aber zu hause hab seÿn müssen, so hat es nicht seÿn könen. doch habe ich ihnen 2 stunde bis zum abendessen noch schencken müssen. Da haben sie nicht aufgehört sich zu bedancken, sie wollten nur wünschen sie wären im stande mir ihre erkentlichkeit zu zeigen. wie ich weg gieng, so weinten sie alle. ich bitte um verzeÿhung, aber mir komen die thränen in die augen, wen ich daran dencke. er gieng mit mir die treppe herab, blieb unter der hausthür stehen, bis ich ums Eck herum war, und rief mir noch nach. Addieu. die unkösten der reise, für Essen, trincken, schlaffen und trinckgeld belaufen sich über 4 Louisd'or; den wie weiter wir in franckreich kamen, wie theüerer wurde es. den augenblick erhalte ich ihren brief von 16:ten übrigens seÿen sie ohne sorge, ich werde meine sache gewis gut machen. Nur das bitte ich sie, das sie in ihren briefen einen guten humor zeigen; und wen ihnen der krieg zu nahe komt, so reisen sie zu uns. Meine Empfehlung an alle gute freünd und freündinen. ich küsse ihnen 1000mahl die hände, und meine schwester umarme ich vom ganzem herzen und bin dero gehorsamster sohn _____________________________________________________________\hfill wolfgang Amadè Mozart mp DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 _____________________________________________________________________24 März 78 Mein lieber mann, wür seind gott lob und dank gesund und glüklich hier ankomen, wür wohnen beÿ herrn Maÿer ihn haus wo der herr von waldburg ist gewesen was wür bezahlen miess wissen wür noch nicht, werden es aber morg erfahr, heunt sind wir beÿ herrn baron von grim gewesen er war aber nicht zu haus, haben aber ein biliet dorth gelassen, damit er weis das wür ankom seind, morgen würd der wolfgang wider hin fahren, und würd auch seine andere brief abgeb. auf der Reise haben wür 8 täge das schönste wetter gehabt, Morgens erstaunlich kalt, und nachmitag warm, die 2 lesten täge aber hat uns der wind fast ersticket, und der Regen ersäuffet, das wür beÿde in wagen wasch=nass sein worden, und schür nicht mehr schnaufen gekönt. mit den visitiern seind wir auch guth darvon komen, ausser das der wolfgang sein kleines Nothen papier hat ab=Mauth müssen und 38 Sols darfür bezalt, zu Paris seind wür gar nicht visitiert worden. den wolfgang ist die zeit lang weill er noch kein Clavier hat, dan weill das wetter so schlecht ist hat er noch unm keines um sehen könn. adio lebts beÿde gesund ich küsse eüch vill 10000 mahl und verbleibe dein getreues weib Mozartin unsere Empfehlung an alle, an Josephi tag haben wür den h: bullniger sein gesundheit, Zu Clermont getrunck DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 No: 39______N. 39 PAYÈPARIS À Monsieur Monsieur Leopold Mozart. maitre de la Chapelle de S: A: R: L'archeveque de salzbourg à Salzbourg INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881