Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA UND WOLFGANG AMADÉ MOZART IN PARIS SALZBURG, 12. BIS 20. APRIL 1778
Mein liebes Weib und lieber Sohn!_____________________________48________________________\hfill Salzb: d 12t: April 1778 In der Hofnung etwa durch die morgige Post etwas von euerem beÿderseitigem Wohlstand zu hör, schreibe heute voraus, daß wir heute des seel: Adlgassers, morg des Haÿd und am diensttage des Wolfgangs Lytaneÿ mach. Sgr: Ceccarelli wird in der letzt Lytanÿ alle Solo, und beÿ den golden Salve das Regina Cœli sing, welches der Wolfg: für die Haydin gemacht hatte. alle abend, wen nicht grosse Musik ist, komt er zu uns, bringt allzeit eine Arie, und ein Motetto mit, ich spiel das Violin, und die Nanerl accompagniert und macht die Solo die für die Viol od für die blasend Instrument vorkom. dan mach wir ClavierConcert, od auch ViolinTrio, wo d Ceccarelli das zweÿte Violin spielt; da hab wir zu zeit etwas zu lach, dan hier hat er angefang violinzuspiel, und spielt itzt im 6t Monat. zu Ende des Aprils ist seine zeit aus. wen er auf den Herbst wied kom, od itzt da bleib will, so will ihm der Erzb: jährlich 800 f auf 6 Jahr geb. Er hat sich erklärt, daß er für dieses Geld |: aber nur auf 2 Jahr :| kom will, wen ihm der Erzb: auch die Reiseköst bezahlt. Nun erwartet er Antwort. komt er wied; so lasst er alle seine Ari beÿ uns, nimt nur etliche mit sich, und ist d 1 Novemb wied hier. Er ist ganz be=trübt, daß er euch nicht kent, und bedauert, daß er nicht gleich anfangs mit uns bekannt geword, er geht sonst mit niemand um. Er schiesst mit uns, hat 2 mahl das beste gewon, und da die Gilowsky Catterl, nach ihrem Gebrauch sehr freÿ, mit ihm ist, so heist er sie La Mattarella, welches sie nicht versteht; wir hab sie mit der Harffe auf die Scheib mahl lass, und den Ceccarelli mit auf=gesperrtem Maul, den Tact geb, und in der and Hand Notten haltend – wie er singt. – h: Graf Czernin ist mit seiner fiedlereÿ beÿ hofe nicht zu fried, er möchte auch dirrigier, dessweg hat er nun eine dilettant musik errichtet, die im graf Lodron Saal alle Sonntag nach 3 uhr anfang soll. Graf Sigerl Lodron kam zu uns, die Nanerl |: als eine dilettantin :| zum Clavier einzulad; mich aber zu ersuch die Secundviolin in ordnung zu halt. Heute vor 8 tag d 5t war also die erste Musik. da war dan graf Czernin das primo Violino, dan Baron Babbius, Lodron=Sigerl, junge weinrother, Kolb, des Kolbs Student vom Nunberg, und noch ein paar junge Student, die ich nicht kene. Beÿm violin 2do Ich, Robini Sigerl, Cusetti, graf Althan Andretter Caietan, ein Student und der Ceccarelli la Coda dei Secondi. die 2 violen sind die zween exjesuit Bullinger und wishofer. 2 oboen der Laquay Weber und der gewisse Schulzen Sohn der beÿ d LinzerComoedie agiert hat. 2 durnergesell blas die Horn, Violon geig, Cassl und der graf wolfegg, auch zu zeit d Ranftl. violoncelli. die neu jung domherrn, graf Zeil und graf Spaur, d HofRath Mölk, Andretter Sigerl und Ranftl. Die Nanerl accompagnierte alle Sinfoni, und da d Ceccarelli per l'appertura della Accademia di dilettanti eine Arie Sang so accompagnierte sie ihm auch. Nach der Sinfonie spielte gr: Czernin ein schön Componiertes Concert vom Sirmen alla Brunetti, und dann doppo un altra Sinfonia graf Altham ein fürchterliches Trio, kein Mensch kan aber sag ob es gekrazt od gegeigt war – ob es im 34 od gerad Tacte od gar ein neue Erfindung eines bis= INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 hero noch unbekannt Tempo war. die Nanerl sollte ein Concert spiel: allein da die Gräfin ihr gut fliegl |: der nur Casus reservatus pro sumo Pontifice ist :| nicht heraus gab, sond nur der am fuß vergoldete Egedacher fliegl dastand, so spielte sie nicht. am Ende musst die 2 Lodronisch freul spiel. Es war vorher nicht der mindeste Antrag, daß sie spiel sollt, allein da sie nun, seit dem sie mich hab, alle augenblick etwas zu spiel im Stande sind, so macht sie mir beÿde Ehre.____________________________________________________________Montag den 13t. Wir haben also heut kein Brief von euch. Der Postbriefträger kam zwar – allein mit einem Brief vom Missliwetcek, der mir schreibt, daß er anstatt gehofter 25 bis 30 duggatt für die abermahl neucomponierte und vom Erzb: angefriemte 6 Concertoni, 12 duggatt a Titolo per il Viaggio erhalt. – daß er am Grün Donerstag von Münch abreisen werde p: und da er in iedem Brief, der er mir viele schrieb, um ihm an die Hand zu geh, alzeit ein Schwank weg d Scrittura von Neapl und derselb Posttäglich gewiss Erwartung beysetzte, so schreibt er itzt: Finora da Napoli non ebbi la scrittura; ma spero di finir quest' affare alla mia Venuta, per ove partirò Giovedi Santo; frattanto sono a pregarla d'una grazia: NB |: sonst hätte er mir gewiß nichts geschrieb :| cio è di mandarmi gli 6 Concerti di Bach p: p: io Sono stato pregato dal Sgr: Ham per questa finezza pp: – Non ardiscono loro Stessi di Scriver a V: S: p: das glaub ich gerne; dan H: Ham hatte die Höflichkeit mir gar keine antwort mehr zu geb, auf mein vor 5 Monath an ihn erlassenes Schreib, da ich doch für die ganze Unterhaltung seiner freul: tochter samt d instruction nur 200 f jährl verlangt hatte. – Nun itzt muste Missliwecek für ihn die Concert verlang, – auf die mög sie lang warten – dem Missliwetcek schreib ich die Ursache. Am Palmsontag d 12t war nun die zweÿte Liebhaber accademie: so wohl in der erst als zweyt wurd Sinfoni vom Stamitz gemacht, die viel gefahl, weil sie viel Lerm mach. Baron Babbius spielte ein ganz leichtes ViolinConcertl, wenigst à tempo und gar nicht falsch, er lernt beÿm Pinzger. – dan spielte aber h: Kolb deine Cassation mit dem erstaunlichst Beyfahl. Graf Czernin der weder iemals den Kolb hat geig hör, wed diese Cassation gehört hat, stand hinter und bald neb ihm mit der grösst Aufmerksamkeit, und wendete ihm um: da er die Musik er=staunlich lobte und dan hörte, daß sie von dir wäre, so sagte er 3 bis viermahl mit allem Eÿfer zu mir – wen hat er sie den gemacht? – – ich muß nicht hier gewesen seÿn – und konnte nicht aufhör seine Verwunderung über die Composition und Execution mit dem gewissen feuerroth gesicht und zitternd Stime an Tag zu geb. Alles hörte mit dem grösst Stillschweig zu, und nach iedem Stück schrie graf wolfegg, gr Zeÿl, Gr: Spauer und alle bravo il Maestro e bravo il Sgr. Kolb! die gräfin Lodron, die gräfin Lizow p: alles war dabeÿ aufmerksam und vergnügt, und die gräfin kannte es erst an den Variation die du öfter vorspiel musstest, daß dieß ihre Musik war, sie lief zu mir voll freud her, und sagte mir es – dan ich spielte das 2te Violin, der Kolbstudent die Viola, der Cassl den Bass, die 2 durner, die es beÿm kolb schon öfter geblas, war die waldhorn. den Schluß der Accademie macht die 2 Klözlisch freul auf dem Clavier sehr elend, die älteste aber unbeschreiblich schlecht, zum davonlauff; es ist gar nicht auszuhalt, noch schlechter als sie beÿ der Khünburgisch Comoedie gesung hab. Am Oster=Sontag werd die 2 Lodronfreul Sing od Kräh, das weis ich nicht, ich habs lange nicht gehört. INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 die Nanerl ist schon gebett ihn zu accompagnier. den 16t, wieder kein Brief von euch. wir hoffen ihr seyd gesund, und wissen wohl, daß man anfangs viel zu thun hat alle Leute aufzu=suchen, und neue Bekanntschaft zu mach, und die alten wied zu erneuer. der Sohn des h: Mehofers ist aus dem Gebürg hier, und ist nun endlich mit vieler Mühe Bergverweser im Lungauischen word; wenigst ist er itzt vom Bleÿ und Schwefel zum silber und Gold gekom und hat nebst wohnung und and accidentien iährlich 230 f besoldung. der architect Hagenauer ist fort und komt nicht mehr. In unserm Hause ist die ältere von den zwo Zimer=manstöchtern an der Wassersucht gestorb, die Röck abgeneht hab und dern brud dem Wolfgang und d Edlknab die Stifel gewixt hat. Am Mittwoch den 22t wird die Hochzeit des Oberbereuter seÿn. h: v Mölk wird sie in der frühe im Mirabell zusam geb, dan fahr sie auf altenötting. die freul: braut sieht sehr schlecht aus, es gehet ihr nun stark zu herz, wen sie über das vorhergegangene, gegenwärtige und zukünftige nachdenket. Es ist ein Violoncellist hier mit seiner Frau. Er spielt unvergleichlich gut. sein Namme ist Xaverio Pietragrua. er hat für 10 accordierte duggatt beÿ Hof gespielt und giebt d 21t ein Concert. er und seine Frau |: die singt, weis aber nicht wie, :| empfehl sich euch unbekanter weise. Sie war 3 mahl beÿ mir und kom morg zum bölzlschiess, dan dieß schreibe ich den 19t am Sontag._________________________________________________Montag den 20t Gestern war abermal die dilettant accademie, allein ganz kurz, weil sie erst nach dem Regina Coeli im Domb, so d Castrat vortrefflich gesung, angefang. da heut vom Amt nach hauß kam, fand ich euer Brief vom 5t diess. Ich erstaune daß der brief so späth angekom. Er ist halt später aufgegeb word, den in 9 täg kan ein Brief von Paris hier seÿn. Ich rathe auch darauf zu schreibpar Strasbourg, augspourg. – den euer erster Brief ist auch später und zwar mit der Seÿt=post von Manheim her kom; es giebt mehrer Salzburg. diese wort müss aber auf der seit hingeschrieb werd. _________________________________________________________________par Strasb: p: ____________________________________________________________________augsb:_________à Salzbourg. Mein lieber Wolfgang ich erfreue mich von Herz, daß du schon Arbeit hast, nur ist es mir leid, daß du mit der Composition der Chöre so sehr hast eÿl müss, eine Arbeit, die doch um sich Ehre zu mach, seine Zeit erfordert, ich wünsche und Hoffe, daß sie Beÿfahl find. mit der opera wirst du dich wohl nach dem Geschmak der franzosen richt. wen man nur Beyfahl findet und gut bezahlt wird; das übrige hohle der Plund! wen du mit der opera gefahlest, so wird bald etwas in Zeitung seÿn. das möchte mit der Zeit wünsch der Erzbisch: zum trotz. Die SynfonieConcertante möchte mit dies brav Leut hör. Wen du könntest ein gutes Clavicord, wie unseres, in Paris für dich auftreib, das würde dir wohl lieber und anständiger seÿn als ein Flügl. das die Franzos ihr gusto noch nicht ganz geändert hab, höre nicht gern: allein, glaube mir, es wird doch nach und nach gescheh, den es ist keine kleine sache eine ganze Nation INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 umzuschmeltz. Es ist schon genug daß sie das gute auch hörn; sie werd nach und nach auch den Unterschied bemerk. Ich bitte dich, höre nur, bevor du fürs Theater schreibst, ihre opern, und was ihn sondheitl: gefählt. Nun wirst du ein ganzer franzos werd, und hoffentl: bedacht seÿn den wahr accent der sprache dir anzugewöhn. Ich und die Nanerl sind, gottlob, gesund, und ich bin nun itzt ausser aller Sorge und recht vergnügt, da ich weis, daß unser bester freund h: Baron v Grim, sich deiner animt, und du an dem Platz bist, der dich durch dein Fleiß, d dir angebohr ist, von dort aus in der ganz Welt in gross Rhum bring kan. Wen ich mich nicht so viel für euch zu sorg habe, dan bin ich gesund: und du kenest mich, ich halte alles auf Ehre und Rhum. du hast dir solch in der Kindheit erworb – das muß nun so fortgeh. – das war allzeit, und ist imer noch meine Absicht; dieß sind nun deine Jahre, die du für dich und für uns alle benutz must. Gott erhalte euch beÿde nur gesund. Mache von mir und der Nanerl unsere Empf: an h: B: v grim, an Mr: und Md:me de Noverre, an Md:me genomai. Md:me d'Epinay, Mr: Wendling. Mr: Raff, Mr: Goseck. pp: p: p: Von hier habe euch beÿd vom ganz hause, von d ganz Musique p: vom Bullinger |: d für die gesundheits errinerung zu Clermont danckt :| Salerl, Gilowsky Cath: p: Hagenauer h: deibl pp: 100000 Compl. zu meld. heut ist das bölzlschiss, auf der scheibe liegt die Gilowsky Catterl in d Wieg, weil gestern ihr geburtstag war, und der Castrat steht neb beÿ und Geigt das Kindlwieglied. – der Castrat giebt das beste. – Mein liebes Weib! es ist mir sehr leid, daß du mit dem Essen so übl daran bist. Sollte es dan nicht möglich seÿn iemand zu erfrag, der auf deutsche art kocht. du must halt um eine bessere Kost umseh; und mehrer bezahlen. Ich war schon imer dessweg besorgt. und selbst koch kanst du dir auch nicht? – – mit der Zeit muß man doch auf etwas anderes denken, dan ihr seyd nicht gerade auf etliche Monat in Paris, – – dieser ist itzt der sicherste Orth, theils Geld zu mach, theils ohne forcht des Krieges zu leb. Mir gefahlt es gar nicht, daß zwischen Russland und den Türk fried bleib od viellmehr ein völliger friede solle geschloss seÿn word. Man muß alsdan sorg, daß sich Russland zum INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 _______________________________________________________________________________________________12 April 78 König in Preuss schlage, und östereich dan mit 2 sehr mächtig Potenz zu thun hab werde. Meine antwort auf euer erst brief werdet ihr wohl erhalt hab, und dem h: Baron v Grim werd meine zween erschröcklich lang briefe auch zu hand gekom seÿn. der Wolfg: will ein A, B, C er wird aber nicht viel zeit hab damit sich aufzuhalt. hier ist etwas. \newpage ___________________A a a b c d e e f f ff g h i k K l ll m n o p p q r ___________________s s ss t u w v w x x y z tz ___________________A A B B C C D E F G H I K L ___________________M M N N O P P Q R S S ___________________T U V X Y Z Ich kan heut nicht schön schreib, die fed ist nichts nutz, und muß in die Vesper eÿl, die Welsch sind auch da, ich hab eb das beste für die Mama gewon. Wir Küss euch beÿde Million mahl u bin der alte getreue______________________________________\hfill Mzt mp addio lebts gesund. der Pimperl ist ganz wohl auf, wen er auf dem Tisch stehet, so krazt er ganz Subtil mit einer praz an die Semerl, daß man ihm eine geb soll und an das Messer, daß man ihm soll abschneid. und wen 4, 5, tobackier auf dem disch lieg, so kraez er an die, wo der spanische toback darine ist, daß man ein nehm, und dan ihm soll die finger ableck lass. INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 À Monsieur Monsieur Le Chevalier Wolfgang Amadé Mozart Maître de Musique ________________________à Rue gros chenet vis à vis celle du croissant à l'hôtel________Paris des 4 Fils emont. H.E ALLEMAG[NE] Nro: 46 INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881