Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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2012-12 CC BY-NC-SA 4.0 https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=1060 A-Sm A-Sm: Internationale Stiftung Mozarteum, Bibliotheca Mozartiana. Salzburg (AUT) last file update: Wed May 11 14:48:13 2022
WOLFGANG AMADÉ MOZART AN LEOPOLD MOZART SALZBURG STRASSBURG, 15. OKTOBER 1778
__________________________________________________________________________________________________________\hfill Strasbourg den 15:ten _______________________________Monsieur_______________________________________53__________________________________________\hfill octobre _____________________________________mon trés cher Pére!___________________________________________________\hfill 1778 Ich habe ihre 3 briefe von 17:ten sept:bre, 24:ten sept.bre und 1:ten oct:bre richtig erhalten; ihnen aber ohnmöglich eher antworten könen; – ich hoffe sie werden mein leztes schreiben aus Nancy auch richtig bekomen haben; – mich freüet es von ganzem herzen daß sie beÿde gott lob und danck gesund sind; ich bin es, gott seÿe gedanckt, auch, und zwar sehr; – Nun will ich ihnen, so viell es möglich ist, auf das nothwendigste aus ihren 3 briefen antworten – was sie mir von den M:r grim geschrieben, weis ich natürlicherweis besser als sie; – es ist alles sehr höflich und gut – das weis ich wohl – den wen es nicht also wäre, so hätte ich gewis nicht so viell ceremonien ge=macht; – ich bin dem M:r grim nicht mehr als 15 louisd'or schuldig, und an der ermanglung der wiederbezahlung ist er selbst schuld – und das habe ich ihm auch gesagt; – Nun, was nüzt das geschwätz – wir werden schon in Salzbourg davon sprechen – ich bin ihnen sehr verbunden daß sie dem Padre Martini die sache so sehr anbefohlen – und auch deswegen selbst an M:r Raaff geschrieben – ich habe auch niemahl daran gezweifelt – den, ich weis wohl, daß sie es gewis gerne sehen, wen ihr sohn glücklich und vergnügt ist – und wissen wohl, daß ich es nirgend besser seÿn kan als in München – indeme ich, weil es so nahe beÿ Salzburg ist, sie öfters besuchen kan; – daß die Mad:selle weber, oder viellmehr meine liebe weberin besoldung bekomen, und man ihr also endlich gerechtigkeit hat wiederfahren lassen, hat mich so sehr erfreüet, wie man es von einem, der allen antheil daran nimt, erwarten kan; – ich empfehle sie ihnen noch imer aufs beste; – doch, was ich so sehr gewunschen, darf ich leider nicht mehr hoffen, nemlich, sie in Salzburgerische dienste zu bringen, den, das, was sie oben hat, giebt ihr der Erzbischof nicht – alles was möglich ist, etwa daß sie auf einige zeit nach Salzburg komt, eine opera zu singen; ich habe von ihren vatter einen den tag vor seiner abreise nach München in gröster Eÿl geschriebenen brief bekomen – alwo er mir auch diese neüekeit berichtet – die armen leüte waren alle wegen meiner in der grösten angst – sie haben geglaubt ich seÿe gestorben, indeme sie ein ganzes DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Monath ohne brief von mir waren, weil der vorlezte von mir verloren gegangen – und sie wurden in ihrer Meÿnung noch mehr bestärckt, weil man in Manheim sagte, Meine seelige Mutter wäre in einer erblichen krankheit gestorben; sie haben schon alle für meine Seele gebetet; – das arme Mädl ist alle Tage in die Capuciner=kirche gegangen; – sie werden lachen? – ich nicht; mich rührt es, ich kan nicht dafür; – Nun weiter; – ich glaube ich werde ganz gewis über studtgard nach augsburg gehen, weil, wie ich aus ihren briefen ersehen zu Donaueschingen nichts, oder meistens nicht viell zu machen ist – doch werden sie dieses alles durch einen brief vor meiner abreise von strassburg noch erfahren; – liebster vatter! – ich versichere sie, daß wen es mir nicht um das vergnügen wäre sie bald zu umarmen, ich gewis nicht nach Salzburgme! – den diesen löblichen, und wahren schönen trieb aus=genomen, thue ich wahrhaftig die gröste Narrheit von der welt; – glauben sie sicherlich, daß dies meine eigene gedancken sind, und nicht von andern leüten entlehnte; – Man hat mir freÿlich als man meinen entschluß abzureisen wuste, wahrheiten entgegen gesezt, die ich mit keinen andern waffen zu bestreiten und besiegen im stande war, als mit meiner wahren zärtlichen liebe für meinen besten vatter, worauf man natürlicherweise nichts anders als mich beloben konte, jedoch mit den zusatz, daß wen mein vatter meine ietzigen umstände und guten aussichte wüste, |: und nicht etwa durch einen guten freünd eines andern und zwar falschen berichtet wäre :| er mir gewis nicht auf solche art schreiben würde, daß ich – nicht im stande bin im geringsten zu wiederstehen; – und ich dachte beÿ mir selbst, ja, wen ich nicht so vielle verdruß in den hause wo ich logirte hätte austehen müssen, und wen das ding nicht so wie ein donerwetter aufeinander gegangen wäre, folglich zeit gehabt hätte die sache recht mit kalten blut zu überlegen, – ich sie gewis recht gebeten haben würde, nur noch auf einige zeit gedult zu haben, und mich noch zu Paris zu lassen, ich versichere sie, ich würde Ehre, Ruhm und geld erlanget haben – und sie ganz gewis aus ihren schulden gerissen haben; – nun ist es aber schon so; glauben sie nur nicht daß es mich reüet; – den, nur sie, INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 liebster vatter, nur sie,nen mir die bitterkeiten von Salzburg ver=süssen; und sie werden es auch thun; ich bin dessen versichert; doch muß ich ihnen freÿ gestehen, daß ich mit leichtern herzen in Salzburg anlangen würde, wen ich nicht wüste, daß ich alda in diensten bin; – nur dieser gedancke ist mir unerträglich! – betrachten sie es selbst – setzen sie sich in meine Person; – zu Salzburg weis ich nicht wer ich bin – ich bin alles – und bisweilen auch gar nichts – ich verlange mir aber nicht gar so viel, und auch nicht gar so wenig – sondern nur etwas – wen ich nur etwas bin – in jedem andern ort weis ich es – und jeder, wer zur violin gestellt ist, der bleibt dabeÿ; – wer zum Clavier Etc: doch das wird sich alles richten lassen, – Nun, ich hoffe, es wird alles zu meinen glück, und zu meiner zufriedenheit ausfallen; – ich verlasse mich ganz auf sie; --hier geht es sehr pauvre zu – doch werde ich übermorgen samstag den 17:ten, ich ganz alleine |: damit ich keine unkösten habe :| etlichen guten freünden, liebhabern, und kenern zu gefallen, per Suscription ein Concert geben; – den, wen ich Musique dabeÿ hätte, so würde es mir mit der illumination über 3 louisd'or kosten, und wer weis ob wir so viell zusamen bringen; – ich bin ihnen ver=bunden daß sie so trefliche anstalten wegen Reisegeld gemacht haben, ich glaube ich werde es nicht brauchen, wen ich auch kein Concert gebe; – doch werde ich hier oder in augspurg aus fürsorge etliche louisd'or nehmen, indem man nicht wissen kan, was auskomt – unterdessen leben sie recht wohl; nächstens werde ich mehrer schreiben – Meine sonaten müssen noch nicht gestochen seÿn, obwohlen sie mir für ende Sept:bre versprochen waren – so geht es wen man nicht selbst dabeÿ seÿn kan – da ist auch wieder der Eigensinige Grim daran schuld – sie werden vielleicht voll der fehler herauskomen, weil ich sie selbst nicht hab durchsehen könen, sondern einen andern hab Comission geben müssen – und werde etwa ohne die Sonaten zu München seÿn; – so etwas, das klein aus=sieht, kan oft glück, Ehre und geld, oder aber auch schande zuwegen bringen; – Nun adieu; – ich umarme meine liebste schwester von ganzem herzen, und sie, liebster, bester vatter, küsse ich in der schmeichelhaften hofnung sie bald selbsten zu umarmen, und ihre hände zu küssen, und ich bin dero gehorsamste sohn ___________________________________________________________________________________\hfill wolfgang Amadè Mozart mp meine Empfehlung an ganz Salzburg, besonders aber an unsern lieben und wahren freünd h: Bullinger. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 À Monsieur Monsieur Leopold Mozart maitre de la Chapelle de S: A: R: L'archeveque de salzbourg ______________________________________à par augspurg – Munic – _______________________Salzbourg STRASBOURG No: 52 N. 52____________________den 22t empf: INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881