Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN WOLFGANG AMADÉ MOZART IN STRASSBURG SALZBURG, 19. OKTOBER 1778
Mon tres cher Fils!____________________________________64____________________________________\hfill Salzb: d 19t octb. 1778. Dein Schreiben aus Nancy erhielt ich den 13 octb: – mein nach Paris abgelassenes vom 17 Sept: ist den näml: Tag deiner Abreise eingetroff, und wird dir nach Strassburg nachge=folgt seÿn; so wie auch auf dein Schreib vom 22t Sept: meine Antwort vom 24t den 3t octob: in Paris wird angelangt seÿn, wo du schon in Nancy warst; auch dieses, hoffe ich, wird h Grim dir nachgeschickt und du erhalt hab. das sind nun 2 Schreib. dan wirst du beÿ den h: Gebrüdern Frank abermahl ein Brief von mir gefund hab, und das wäre das dritte Schreib, aus welchem du auch meine grösste Unzufriedenheit über die dum Anstalt des h Grim wirst gelesen haben. Noch mehr wurde ich böse, nachdem ich dein Brief aus Nancy gelesen hatte. Ich kan nicht begreiff was Grim für Absicht hatte so abscheulich mit dir fortzueil, und du würdest gar gut gethan hab, wen dich Graf Sücking behalt hätte, noch einige Täge in Paris zu bleib, und mein letzt Brief ab=zuwart, wen du NB versichert gewesen wärest dir noch Geld zu verdien. Ich bin noch ander Ursach halb böse über ihn, das ich auf unsere mündliche Unterredung verspar muß, so geht es, wen man nicht alles aufrichtig schreibt. du hättest längst mir seine zweÿdeutige Aufführung bericht solle: ich selbst habe aus sein Brief gewisse züge bemerket, die mir zeigt, daß er dich, weg sein dir geleistet Gefälligkeit, nicht ohne einig Vorwurff lassen werde, und so würde ich deine aufrichtige Erzehlung der Umstände, und seine Briefe zusamgehalt, und dir schon längst angerath hab ein and; freund zu such, der dir ein Zimer in seinem Hause angön möchte. Hundertmahl dachte ich, und sagte es auch zum h: Bullinger und deiner Schwester – – sollte er den nicht beÿm Gr: Sücking od einem and Musikliebhaber eine Wohnung find? – – dazu gab mir seine Briefe Anlaß –, die deinigen aber nicht, bis auf die letzte, da es nicht mehr zeit war, weil die Briefe ein gar zu weit weeg lauff müss. Basta! nun ists vorbeÿ. – das war eine Lection, – die dich überzeugt, was ich hundertmahl gesagt habe, daß ein freund ohne Absicht, ein wahrer freund, ein freund beÿ aller Gelegenheit in Glück und Unglück das allerseltsameste Ding auf dieser Welt ist. alle diese Sachen werde dir mündlich sag, und die Briefe des grim werden dich überzeug, daß ich durch dieselb in die grösste verlegenheit gesetzt wurde. Nun muß ich dir eins und anders wegen Münch erinern. Du machtest dir Gedank, und machest dir vielleicht solche noch, INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 zum Kurfürsten in Dienste zu kommen. dieses wird nun nicht so leicht zu hoffen zh Cuhrifrotln fn dflnotln zh ksaaln. dflolo wfrd nhn nfcut os elfcut zh usiiln seyn olyn. die ganze Münchner Musik soll, wie ich höre, in Pension gesetzt seÿn: ausgenom h: Fiala und noch ein and nicht, die fürs engl: Horn in ihrem Gehalt und im wirklich dienst bleib; alle die übrig darff nicht mehr dien. daß Fiala beÿ Besoldung und Dienst bleibt, hat er mir selbst geschrieb, wegen den and erwarte nachricht vom h: B:, und zwar täglich, weil der Churf: itzt ____________________________________________________________________________________Herr Fiala die den 9t in München angelangt ist. beÿ allem dem will ulrr ifmem dfl ____Münchner Dienste verlassen und nach Salzburg gehen. Mh"ncunlr dflnot vlremooln hnd nmcu Omezbhrg gluln. er schreibt: er sehe die dermahligen verwirrung ein, die durch des seel: Churfürst Todt entstand und ieder vernünftige Mensch müsse einseh, daß es nach dem Todt des itzig Churfürst noch weit übler zugeh werde, weil d Hof, sondheitl: die Musik betreffend, noch weit __________________________________Der Kurfürst aber von keiner dauerhaften Gesundheit ist ärger übersetzt ist. dlr Cuhrifrot mblr vsn klfnlr dmhrumitln Glohndulft fot, immer einen faar lfnln GesundheitsAnstoss, und vermuthlich eine gefährliche Anlage zur Wassersucht hat. wmoolrohcut umt. – Eben erhalte ein Schreib vom B., er berichtet mich daß Canabich als Director vorgestellt word, und wen iemand gefordert würde, solcher willig und bereit seine Dienste zu mach erschein solle, iedoch müst die Münchner den Manheimern nachstehen. ferner seÿ die Münchner Musik in 3 Klassen getheilt. die erste als die wirkl: dienend hoff ihr ganz Gehalt zu behalt. die zweÿte Class, sind, die mit der Zeit einruckende, und daß sind meistens alte, die gewiß eher sterb, bevor sie einrückn. die 3te Klasse sind die emeriti, die keine dienste thun därff. den von den letzt 2 Klassen sind schon diesem und jenem bereits 100 und mehr guld von der Besoldung weggefall. alle accessisten sind, ohne Hofnung, abgedankt word: weil so viel junge Leute von Manheim da sind die angestellt war. in der deutsch Comoedie ist itzt das orchester 32 Person stark, doch sind nur 3 münchner dabeÿ, das ande alle junge Leute von Manheim dern iedem 130 f jährlich dafür vom Churf: bezahlt wird. nächstens wird mir B: die ganze Lista schick. grosser Gott! was wird dieses einmahl werd, wen dieser Churf: das zeitliche verlass sollte. wo woll alle solche Leute hin, da itzt aller Ort schlechte Aussicht sind? – Es ist ja fast ein Battallion Tonkünstler itzt in Münch. Bishieher schrieb ich ruhig. Nun komt ein Herzensstoß! INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Ein erschröcklicher Herzensstoss. Ich hatte an die h: gebrüd Frank den 1t oct: nach Strassburg geschrieb, deine Ankunft und meiner Anweisung an h: Scherz berichtet. diese antwortet mir unterm 9t, daß du noch nicht angelangt, daß der Directeur des Wagens auf ihr Anfrag gemeldet, du wärest mit etl: Reisegefährt in Nancy geblieb p: – da du mir nun den 3t von Nancy schriebst, daß der Kaufman mit dir in Nancy den Wagen verlass, und daß ihr morg mit einer gut Ge=legenheit, die nicht viel kostet, nach Strassburg gehet. – Was must und konnt wir uns nun alle denk, nach dem du nach 6 tag nicht in Strasburg warest, als daß du Krankgeword, – od der angebliche Kaufman etwa ein Räuber, ein Spizbube p: möchte gewesen seÿn. und in dieser ganz unbeschreiblich beäng=stigung lebe ich noch, da heut den 19t oct: noch kein Schreib von dir habe; Ich erwarte mit Begierde ein Brief: – und doch zittere ich, und wir alle vor dem Brief=träger, weil ich mir vor einer erschröcklich Nachricht fürchte. So oft Bullinger eintritt, bedrachte ich seine Gesichtszüge mit der gröst Auf=merksamkeit, ob er nicht etwa mein Todesurtheil in Händ hat. Nun hatte ich 4 Schlaflose Nächte, – die Nächte sind gar schwer, sehr schwer, mein Sohn! Ich förchte sie: und bin frohe wen d tag |: aber itzt leider sehr späth :| anbricht. Ein einziger kleiner Schimer einiger ganz wenig Hofnung leuchtet mir noch zu einer Beruhigung auf einige Minut aus den Wort deines Briefes, da du schreibst. – doch glaube ich, daß, wen ich hier bekannt wäre, gerne hier bleib würde; indem die Statt in der that charmant ist: – schöne Häuser, schöne breite Gäss, und Superbe Plätze p. da mir nun d Abbé Henry sagte, daß Comoedie und ein Concerte in Nancy seÿe. überdaß ich mir nicht vorstell konnte, daß du nicht an einem so ansehnlich Orte ein Capellmeister, MusicDirecteur, organist etc: od eine Orgel besuch solltest: so machte ich mir Hofnung du würdest eine Bekanntschaft gemacht und gelegenheit gefund hab, dich einige Täge aufzuhalt und auszuruh; da du weist, daß wir auf unsern Reisen dieses allzeit gethan, und wenigst die Orgeln in den Kirchen Besucht hab. Gott Gebe, daß es gescheh! Ich will gerne meine erschröckliche Todensangst vergebens ausgestand hab. Ich beichtete INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 und Comunicierte samt deiner Schwester alsogleich, und bath Gott inständigst um deine Erhaltung. der beste Bullinger bethet täglich in der heil: Messe für dich. und beÿ allem Schröck hatte ich doch die Gegenwart des Geistes, |: die mich nicht leicht verlässt :| den näml: Posttag an die h: Gebrüd Frank zu schreib und ihn ein Auszug aus deinem Briefe zu mach, damit sie die Umstände, so du mir geschrieb, näher wiss, und beÿ deinem |: Gott wolle nicht :| längern ausbleib, in Nancy Nachricht einhohln. du siehest nun, daß ich gegenwärtiges in der Hofnung schreibe, daß du gesund in Augsp: anlang wirst: und ich empfehle dir mit der sicherst Gelegenheit, die imer möglich ist, nach Münch zu reis, indem erst 2 französ: Kauf=leute vor 3 täg hier war, die beÿ Plattling in Bayern von 9 Räuber nachts beÿm hell Mondschein angegriff word, wo sie ein Coffre verlor hab. Sorge für deine Gesundheit. Ich erwarte ein Schreib mit Angst, das ich unterdess, bis du dieses liesest, hoffentl: hab und meiner Angst entledigt seÿn werde. Ich und die Nanerl Küss dich Million=mahl – ich kan die Stunde dich zu seh, kaum erwart u bin dein beängstigter vatter _________________________________________________________________\hfill Mozart mp _____alles, sondhtl: h: Bullinger empfehlt sich. ____________________________________________________________________Nro 59. 60 INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881