Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN WOLFGANG AMADÉ MOZART MÜNCHEN SALZBURG, 4. DEZEMBER 1780
__________________________________________________________________________\hfill Salzb: d 4t Decemb. Mon trés cher Fils!___________________________________________________________________\hfill 1780. Dein Schreib vom 29 Nov: erhielt ich erst den 3t Decemb: gestern um Mittag, wo h: Professor Döhl mit dem h: Sieger zu mir kam, es war meine erste Frage – nach deiner Gesundheit, und da er mich ganz beruhigte, so war ich ganz zufried. Es war eb halbe 12 uhr, und in dem Augenblick trat auch h: v Edlbach mit 3 fremd ins Zimer, ich steckte also den Brief ein, ohne ihn zu lesen, deine Schwester muste ihn ein kleines Stück auf dem Pianforte spiel und alle versprach zu bequemer Zeit wied zu kom. h: Sieger wird einige Täge hier verbleib, er wohnt beÿ h: Döhl, der ihm alles hier zeig wird. hätte ich Samstag d 2t das Schreib erhalt, so würd die Sordinen schon in Münch seÿn; so aber werd sie mit dem nächst Postwag heut über 8 täge eintreff. Eben itzt kom ich vom Varesco, – da unterdess dein Schreib vom 1 Dec: ankahm, laß es deine Schwester, suchte den Theil vom Metastasio, und schickte mir Brief und Buch zum Varesco nach. Alles was du angemerket wird gemacht werd. du weist, daß ich auch die unterirrdische Rede schon zu lang gefund. Ich sagte ihm meine ganze Meinung, und es wird nun so kurz werd, als es imer möglich ist. Wir sind vergnügt daß die Probe so gut ausgefall. Ich habe gar kein zweifel noch sorge für deine Arbeit, wen nur die production gut ist, daß heist, wen nur gute Leute zur Aus=führung da sind, – und die sind da, – ich bin also ohne Sorge. aber beÿ einem mittelmässig orchester wird deine Musik imer verlier, weil sie zu vernünftig für alle Instrument und nicht so platt, wie die italiän Musik überhaupts geschrieb ist. Daß dein Catharr nach d Probe ärger geword, ist ganz natürlich, alle Kopfnerven werd durch das scharfe Hören und Sehen erhitzet und angespannt und diese Anspanung erstrecket sich durch den Eÿfer und INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Die Aufmerksamkeit bis auf die Brust. man schnauft nicht ordentlich, wie gewöhnlich gleich; sond zuzeit verhält man den athem, und zu zeit athmet man geschwind und heftig hinter=einander p: das erhitzet und ermüdet die Brust, das Blut geräth in Wallung, der Catharr kan also nicht abnehm, sond die verstopfung wird stärker. Daß du nun veiglsaft und Mandlöhl genom ist recht gut gescheh, – mit dem Schwarz Pulver und Margraf Pulver kanst du nichts verderb NB abends vor schlaff gehaber nicht viel, – und du kanst, wen du keine Erhitzung hast, ein wenig Schwarzes Pulver allein nehmen, das Margraf Pulver ist nur, wen man erhitzt ist. Die Hauptsache ist die dieta. wenig essen. Suppen so viel du willst: aber kein Rind=fleisch. ein wenig gut zusamgesottnes lindes Kalbfleisch od Lamfleisch. – am best gut versottnes Lüngerl. recht zum Schleim versottn Reiß. Gerstenschleim; aber nicht den zucker, sond den Schleim von d zusamgesottn, und durch ein reines Tuch gedrückt Gersten. Dieß erhält die Brust beÿ Kräft, da es solche anfeichtet. Nun komt auch das Gerstenwasser zum trinck, welches die Erhitzung auf der Brust mildert, die Brust anfeichtet, das Blut flüssig erhält, versüsset und die nothwendige natürliche gute feüchtigkeit beferdert p: Man nimmt 6 Loth Braugerst, das ist von der Gerst, wie es die Bier=bräuer brauch, INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 dazu thut man ein kleines Loth süsses Holz, lässt alles in 3 Kandl Wasser sied, das ist nach der Münchner Maas |: in 2 Maaß wasser :| – aber man lasse es nur so lang sied bis die Gerst aufspringt od zer=springt, dan setze man es vom Feuer, sonst wirds trüeb. und werffe ein wenig Aneis darein, und lasse es Kalt werden und sich setz, alsdan giesse mans langsam zum trinck in ein anderes Geschirr, damit d Satz am bod bleibt. Will man zu dem süssen Holz auch ein Loth von kleingeschnittner Altheawurzl |: Eiwischwurzl :| thun und mit sieden, so ists vortreflich für die Brust. Beÿm Trinck legt man ein Schnitz Limoni=Blatl hinein. Nun hast du Mittl genug, zum auswähl. Deine Schwester, die sich gut befindet, und ich, tranck itzt imer das Gersten=wasser: und tranck es öfter, und du auch, wie du weist. dan brauchst du kein Schwarzes Pulver mehr, welches ohnehin, täglich zu nehm, gar nicht nothwendig. Fußwasser, nicht zu heiß, ist imer gut, erhält den Kopf freÿer, weil es abwärts ziehet. Nur kein Wein, und nicht kalt trink. Die Lindgesottnen Gelb rueb sind auch zum Mittag=und Nachtessen unvergleichlich, auch die süssen rueb stark=versott oder, nach der Kuchlsprache, die gedünsten gelben und süssen rueb sind vortrefflich, dan zu zeit ein paar gebrattne meschanzger Äpfel p: unter Tags zum Anfeucht, die man ja nur auf den of leg kan od in ein Rohr. pp: Nun hast du eine halbe Appotecke, und auch einen gut INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Küchenzettl dazu. Doch ist beÿ allem das Beste, und durch das man am geschwindest davon komt, wen man beÿ zeit, mit wenigem den Mag beschwert, sich schlaf legt, um in gleicher Wärme, der Natur Ruhe zu lassen, wo sich dan diese den Catharr verursachende verdorbn Säfte zertheilen, flüssig werd und leichter theils durch den Speichel theils per urinam und Secessum ihren Ausgang nehm. ita Clarissimus Dominus Doctor Leopoldus Mozartus. Ja, da ist weiter nichts zu Lachen! dan die Terese Barisani war morgens um 9 uhr heute schon da, der Brief kam aber erst um halbe 11 uhr sonst hätte deine Schwester ihre Comission abgelegt. – ich hätte es wohl doch auch verricht könn. à proposito vom Complim: – an meinem NahmensTag kam Md:me Maresquelle mir Glückzuwünsch, sie sagte ihr französ: Compliment und unter demselb neigte sie imer ihren recht Blattermasicht Back geg mein Gesicht. ich dachte an nichts und verstand kein Teufel, endlich kam sie so nahe, daß meine Dumheit erwachte, und ich merkte, daß ich die Gnade genüss sollte, sie darauf zu küssen, ich thats unter der grösst verlegenheit, und im Augen=blicke wand sie auch den Linck her, da musst ich nun auch dies Kissen. geschwind sahe ich mich im spiegel, dan ich empfands, daß ich mich so schämte, so, wie ich mich schämte als ich in meiner Jugend einem Frauenzimer den erst Kuß gab, od wie mich die Frauen in Amsterdam nach dem Ball zum Küssen zwang. Ich glaube es wird nicht übel seÿn sie zu ruff, wen ich mich mahl lasse; dan werde ich doch eine Lebhaftere Farbe hab. ohò ich sehe das Papier ist voll. Wir Küssen dich, wünsch dir gute Besserung, gedult! gut halt! beÿm Schreib aussetz! bald schlaff geh! dich nicht verkält! in der frühe ein wenig dünst! Diät! gute Nacht! ich bin dein getreuer redlicher Vatter ____________________________________________________________________________________\hfill LMzt mp INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881