Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN WOLFGANG AMADÉ MOZART IN MÜNCHEN SALZBURG, 15. DEZEMBER 1780
___Mon très cher Fils_______________________________________________\hfill Salzb: d 15t Decemb _______________________________________________________________________________________________\hfill 1780 Du schreibst mir, daß ich dir zu kurze Brief geschrieb, allein was kan ich dir viel neues von hier schreib? – – Nun wirst du die Aria für Mr. Raff |: dem wir uns empfehl :| erhalt hab, ich schickte sie am verflossn Montage mit der Post fort, sie soll also am dienstag abends, od Mittwoch frühe in dein Hand gewesen seÿn. Was die Waldhorn Sordin anbelangt, sind solche nicht zu hab. h: Proschalka des h: Fiala Schwiegervatter hat selbst ein paar, so sagte mir h Fiala, d beÿ mir war und mir ein Brief zeigte vom h: Becke, welcher voll der Lobeserhebung deiner Musik des erst Ackts war: er schrieb, daß ihm die Zeher in die Augen tratt, als er diese Musik hörte vor freude und vergnügen, und daß alle behauptet, das wäre die schönste Musik, die sie gehört hätten, daß alles neu und fremd wäre &c: daß sie nun im Begriffe wär den zweÿt Ackt zu probier, – daß er mir dan selbst schreib werde, – daß ich ihm verzeich möchte, daß er mir nicht geschrieb hätte, indem er etwas un=bass gewesen wäre &c: Nun, Gott seÿ dank gesagt, das gehet gut. Ich kan nicht glaub, da ich deine Arbeit kene, daß es Compliment sind; dan ich bin überzeugt, daß deine Composition, wen sie gehörig ausgeführt wird, auch ihre Wirkung thun muß. h: Sieger ist gestern ganz allein nach Hallein gereiset um ins Salzbergwerk einzufahr. dan wird er nach Wien abreis. Er ist nicht nur ein Musikliebhaber, sond er spielt die Violin recht gut, und hat die gestochn Sonaten vorgestern in gegenwart des Mr: D'Jppold, und h: Schickan=eders recht gut deiner Schwester accompagniert. übrigens spielt er auch etwas das Clavier, ist ein treflicher jurist, und wird in Wien beÿm ReichsHofrath practicieren. h: Esser hat ausser einig solch Leut schon angebohrn grimassen und geschnittn Nudeln die Sonaten bassabl accom=pagniert. du weist es ja wohl, daß solche Leute nichts natürlich spieln. ò wie wenige spiel, wie ichs wünsche! Die Trauer betreffend, hat mans hier dem Münchner Hof nachge=macht, – auch 3 Monate Hof=trauer, – die Comoedi geh fort, Schickaned hat in Laybach abgeschrieb und bleibt hier, vest ent=schlossen deine Opera zu hören. Er war besorgt die Noblesse in Laybach werde ihm ein abscheulich Schmäh=Brief zurückschreib: allein, da er zum Glück alsogleich nach Laybach schrieb, und sie noch beÿ Ankunft seines Briefes nicht wusst, was der Kayser verordn würde, anbeÿ besorgt, sie müsst ihm weg den engagement ein Ersatz mach, wen seine truppe weg ihn ohne brod wäre, so gab sie ihm alsogleich Antwort, und rieth ihm selbst daß er die Erlaubniß in Salzb: zu verbleib zu erhalt alles mögliche anwend sollte: er hatte es unterdess schon in Hand. er empfehlt sich dir. – – an dem Familien gemählde ist nichts weiter gemacht word, Ursache: weil, anfangs, da die täge noch länger und heiter war deine schwester Kranck, und dan auch ich an einem Schwer Catharr und Revmatismus durch alle äusserlich Theile des Leibes stark krank war: ich schrieb dirs nicht, um dich nicht zu beunruhig, dan du weist wohl, daß ich mich selbst Curiere. Ich hatte eine Kälte in allen Gliedern, alle Kleider, und Pelze, selbst d Ofen, den ich nicht sehr liebe, weil mir die starke Ofenhitze den Kopf einnimt, alles half nichts, – nichts konnte mich erwärm. Ich trank mein gewöhnlich Klettwurz Thee; blieb morgens wohl zugedeckt im eingeheitzt zimer bis 10 uhr im Bethe, und konnte in kein Schweis, auch nicht in die geringste Ausdünstung kom. das geschahe in deinem Zimer, wo ich |: weils leichter zu heitz :| seit der zeit schlaffe. Was meinst du was ich that? – Ich liess mir Hollerblühe kom; liess mir ein Thee angiess, trank etliche Schaalen; gieng wohl ankleidet in die Comoedie, den fußsack nicht vergessen, es war recht voll, ich kam neb der Barisani Teresl zu sitz. Die Comoedie dauerte 3 12 Stund ich gerieth in so ein Schweiß, daß ich zu Hause beÿm Of ein andes Hemde nehm musste. Nun ist die grosse frage, ob mir der Hollerblüh=thée od die Terese Barisani den Schweiß ausgetrieb, od ob ich beÿd diese erwünschte Wirkung zu verdanc habe? – – übrigens musste ich diese Comoedie die Schlaflosen nächte mit deiner Aria hör, da half nichts dafür! Von Wezlar ist keine Antwort gekom. – vielleicht komt sie noch. – – aber ich hatte wohl unter dieser Zeit ein schreib von M:dme Duscheck mit einem Text zu einer Aria bekom, hab ihr auch schon geantwortet, daß vor dem neu Jahre nichts möglich seÿ. Sie schrieb, daß sie noch ein Schuldnerin weg der vorig Aria wäre, und da sie es zimlich pressant machte, so mußte ich ihr mit aller Höflichkeit die dermalige unmög=lichkeit alsogleich umständlich schreib. Ich verstehe wohl, was es ist: – – h: Kuzelow |: od wie das ding heist, ist schon lange nicht mehr in Prag, sond itzt in Wien. Gestern freitags hat man d Gräfin Londron um 5 uhr Morgens das Sterbglöckl geleutet; sie starb aber erst um halbe 7 uhr, sie lag von 3 uhr in der nacht bis frühe um halbe Sieb uhr in den Zügen. der Capuziner domSontag=Prediger war seit 8 täg tag und Nacht beÿ ihr. Du kanst dir nichts elenders denck, nicht schmerzhafters vorstell, sie konnte nicht mehr laut sprech, der ganze Halß und Mund war inwendig von Brandblattern schwarz: 2 täge vor ihrem Tod bekam sie noch ein abscessum, od Art geschwör im Rügg, dan das ganze Geblüth war faul. Ein er=schröcklicher Tod! – – Die Kind sind alle beÿm Hofmarschall. NB. Man sagt sich in die Ohr, es wär weg d Hayrath noch einige Schwürigkeit. Ich wünsche, daß es zurück gehet, die Hayrath ist zu ungleich. Der Æsopus wird Psallier od fackel=trag. à proposito. Es sind freilich Arien von ihm geschrieb da, – allein einige hab kein Text, und ich kene sie gar nicht. Mit diesem Postwag könnte ichs ohnehin nicht mehr schick. also über 8 tag. wir hatt unterdess 2 Scheib: auf einer war ein Theater, und die Solo Tanzende Maresquelle, unt im Noble parterre sahe man köpfe mit Haarbeutl, zöpf, und auch rund Perück mit einer geistl: Platte, von iedem Kopf, gieng eine schrift, brava, bravissima, oh che prodigio pp: und der gleich hinauf p: die ande scheib, war eine verliebte Historie, die Maresquelle über eine Linzer Geschichte des Schickaneders gegeb. h: Schickaned stand auf der donaubrücke in Lintz mit einem Linzer Mädch, und sein Mund sagte: ich verspreche, was ich keiner halte. auf der andern seyte war ein Linzer Mädch in einem Garten Beÿ einem Tische mit wein; hatte ein weinglaß in d Hand, und sagte: Er wird schon kom. Als h: Schickaned zum Schüss kam, sahe er die Scheib, betrachtete sie, und ward roth. ich fragte ihn, ob er wüsste wer das Beste heute giebt. Er antwortete, – die M:dme Maresquelle; ich kene es an d Scheibe. # #____________________________________________________________________________________15 Dec. 80 Morgen den 16t nachts wird die Gräfin Lodron begrab. dienstags werd die Exequien für die Kayserin, dan Mitwoch donerstag und freÿtag für die grafin Lodron gehalt. das erste für die Kayserin natürlicher weise im Dom: die and beÿ St: Sebastian. Nun weis ich nichts mehr. wir Küssen dich beÿde und ich bin dein alter redlicher vatter___________________________\hfill L Mzt mp _______________________________________________________________Salzb 15 Dec ?? 1780 du erhaltest auch hier durch den Conducteur ein paar unterstrimpf.