Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN WOLFGANG AMADÉ MOZART IN MÜNCHEN SALZBURG, 29. UND 30. DEZEMBER 1780 mit Nachschrift von Maria Anna (Nannerl) Mozart
___Glückseeligs NeuesJahr!____________________________________\hfill Salzb: d 29 Decemb _________________________________________________________________________________________________\hfill 1780. Den 28t schrieb ich, durch ein Umschlag an h: Becke, an Mr: Canabich beÿd das neue Jahre anzuwünsch. Mr: Becke schrieb mir zwar etwas von d Aria des h: Raff: allein, da ich diese Aria als eine Aria di bravura betrachtete, so achtete ich gar nicht auf diese mir über=schriebne remarque, um so weniger, als er selbst beysetzte, daß es nur darum gescheh, um h: Raffs Lieblings passaggen hineinzubring. au Contraire ich dachte, daß es wohl gethan ware, und war überzeigt, daß du denoch ohnmöglich den Carackter d Aria verfehl wirst, da ich sie schon zum voraus als eine prächtige Aria mir vorstellte. kurz! ich dachte nicht einmal daran; da ich weis, daß gewisse Leute, wen sie keine Elepfant erhasch ken, die Flieg fang: dan getadelt muß doch etwas seÿn; wer das gäntzlich vermeid will, der gehe aus der Welt hinaus: und wer gar den allgemein Beyfahl, ohne geringste Ausstellung, erwartet, der ist ein Narr. Was Varesco gemacht, daß muß alles gedruckt werd, das bitte ich mir absolute aus. Es beträgt nur einige Zeihl. auch im Telemaco hab sie alles gedruckt, ob gleich in d Musik einige Zeihl im Recitv weggeblieb. Ich wünschte wir konnt die Druck=Correctur selbst hier übernehm. Es ist nichts abscheulicheres, als wen so viele druckfehler, die oft den Sensum ohnverständlich mach, in einem Buch zu find sind. Es wär recht gut wen du, die 2te od letzte Correctur vor dem Abdruck selbst besorg und über=lesen wolltest, und sollte es auch beÿm Buchdrucker im Hause seÿn. Ferner hoffe SE: gr: Seau werd kein Anstand nehm diesen zweÿ miteinand wenigst ein dutzet Exempl: zu schick. Was das Vieni a rinvigorir betrifft ist es wahr, daß es 5 i sind, aber es ist auch wahr, daß ich es mit der grössten Leichtigkeit und geschwindigkeit 20 mahl ohne unbequemmlichkeit aussprechen will. in der nämmlichen Aria, die zum Muster aus Metastasios Achille Sciro geschickt worden sind die Schlüsse, il peso alleggerir; und lo vede rinfiorir, besonders das letzte rinffiorir gewiss wegen dem anfangs Buchstabe r weit unbequemmer. basta! ohnangenehm hin unangenehm her, der Teufel möchte ewig ändern und wieder ändern. Sgr: Raff ist gar zu heickel. wegen den Quartetten etc will gar nichts sagen, dazu gehört Declamation und Action und keine grosse Singkunst oder das ewige Spianar la Voce. da gehört Handlung und reden her. Gott Sey gelobt, daß Se. Durchlaucht mit den 2 ersten Acten zufrieden sind, und so grosses wohlgefahlen daran haben. Auf dem Theater werdet ihr, wie vermuthe, noch viele Beobachtungen zu machen haben: sondheit: im 3ten Ackt, wo so vieles vorgehet. Vermuthlich wirst du tieffe Blas=instrumenten zum accomp: der unterirrdischen Stimme haben. Wie wär es, wenn nach dem wenigen unterirrdischen Lermen die Instrumenten piano aushielten aigentlich auszuhalten anfiengen. dann ein Crescendo bis ins Schröckliche machten, und beym decrescendo die Stimme zu Singen anfieng? und so ein schauderndes crescendo bey jedem Absatz der Stimme. Durch den Lermo, der kurz seyn muß, und nur wie ein Stoß von einem Erdbeben, dadurch die Statue des Neptuns sich bewegt wird alles aufmerksamm, welche Aufmerksammkeit durch den Eintritt einer stillen anhaltenden und dann anwachsenden schröckbarstarken Harmonie vermehret und alsdann erst auf höchste steigt, da gar eine Stimme erfolgt. mir scheint ich sehe und höre es. daß du das Kleid hast wenden lassen, war gut geschehen. Eben, weil wir vom Kleid reden, so werde ich wohl auch die Ungelegenheit mir ersparen können bordierte Kleider mitzunehmen? – – du weist daß ich ohnehin vom Aufputz kein Liebhaber mehr bin. darüber magst du mir antworten. das wäre das erste: dann das zweyte, – wenn die opera das erstemahl aufgeführt wird: bleibts noch beym 20ten Jenner? – dann drittens. wegen dem Ofen setzen. lässt es sich thun? und wird es nicht zu viel kosten? das muß vorher accordiert werden. dann wir gedenken, wenn wirs erfahren können, zur Hauptprobe einzutreffen: und das wirst du wohl beyläuftig in 10 oder 12 Tagen schreiben können. unterdessen mache unsere Empfehlung überal von uns beyden, die wir dich von Herzen Küssen und ich bin dein alter redlicher __________________________________________________________________________________________________________________________\hfill Vatter L. Mozart _______________________________________________________________________________________________\hfill Salzb. d. 30 Dezemb. 1780. Gestern den 29ten Bey der Mittagstafel beym Desert schnied sich der Erzbischof sehr stark in finger, Gilowsky verband ihn gleich, dann stand er auf, gieng in sein Zimmer um sich zu waschen, weil alles voll Blut war. auf einmahl aber sanck er ohnmächtig auf den sessel und Gilowsky hatte eine starke Viertlstunde zu thun, bis er ihn wieder zu sich brachte. Er kann kein Blut sehen, und da er sich geschnitten, so that er sich allen Gewalt an die anwandelnde Ohnmacht zu untertrücken, Stand auf, gieng weg – – dann kams. – – Sonst wars weiter nichts. – dem Himmel sey dank! – – Der Kayser ist nicht krank: aber der alte Papa Colloredo ist sehr gefährlich, sonst wäre der Erzb: nach Wien. stirbt er, so reiset er gar nicht. – – das der Erzb: nach Münch geh soll, habe nicht eine Sylbe gehört. Wir glaubt es wäre nun weg des Salzes alles verglich, und in guter Ordnung; Es wurde Sontags und Feyrtags das Salz auf dem Wasser, bis man vor Eyss nicht mehr fortkonnte, ohnausgesetzt abgeführt, – kam auch Bezahlung unter starker Bedeckung von grenadires aus Bayern. Izt höre giebts wieder neuerdings einigen Anstand, dan es komt kein Geld. Ich wunsche dir ein glückselliges Neües Jahr! beständige gesundheit, und wohlergehen. und erhalte mich noch ferners in der bruderlichen liebe: und wunsche vor allem andren das deine opera wenn sie in scena gehet allgemeinen beÿfall findet. und du dir recht viel Ehre und Ruhm da=durch erwerben möchtest: ich Hofe und wünsche es unterdessen. ich schreibe dir mit einem aufsatz auf den Kopf, dass ich sehr in Sorgen bin meine Haar zu verbrennen: und warum mich das Mölk stuben mädl frisirt hat, ist die ursache, weil ich morg das erstemahl dem Mahler sitze. graf trautman=storf: und seine gemahlin eine Schwester vom Erzbischoff sind hier angekomen: und mit ihnen der Anton Mölk welcher Segretair beÿ ihm ist: und wegen dieser fremd Herrschafft, hab ich gehört soll schon den 7 Jänner die erste Redout sein: ich werde mich aber auf Munchen sparen, und unsre Redouten den Salzburgern uber=lassen, die von keiner bessern unterhaltung wissen. lebe wohl: Neue Jahr (nach dem tausenden von allen freund und freundinen : wunsche: der schönen Schullerin habe ich das compliment ausgericht sie lässt sich dir ent=gegen empfehlen: