Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN LORENZ HAGENAUER IN SALZBURG MAINZ, 3. AUGUST 1763
__________________________N. 14. ______________________________\hfill Maÿnz den 3.t Aug: ____________________________________________________\hfill 1763. Monsieur. _____Meine Briefe von Ludwigsburg und Schwetzingen werden sie sonderen Zweifel er=halten haben. Im ersten schrieb ich ihnen, daß sie mir nach Mannheim, im Zweiten aber, daß sie mir nach Franckfurt antworten sol=len. Wir haben aber vorher von Schwetz=ingen einmal eine Spazierfarth nach Heidelberg gemacht, um alda das Schlos, und das große VaßFaß zu sehen. Überhaupts hat HeidlbergHeidelberg viel ähnliches mit Salzburg, das ist; der Lage nach: und die eingefahlenen Thürn und Mau=ren im Schloß, die mit erstaunen anzuse=hen sind, zeigen die traurigen Früchte der ehemahligen französischen Kriege. In der heiligen Geist Kirche, die in der Historie we=gen des Streits zwischen den Catholischen und den Calvinsten bekannt ist, und darum die Churfürste ihre Residenz nach Mannheim ver=legt haben, hat unser Wolfgang: die Orgel mit solcher Bewunderung gespielet, daß, zum ewigen Angedencken sein Nahme alda auf ordre des Herrn Statt=Decani an der Orgel mit umständten angeschrieben worden. Von Schwetzingen sind wir mit 15. Louis d'or Præsent über Worms nach Maÿnz gegang=en. Zu Mannheim waren wir 3. Täge, und man hat uns alda alles Franco gezeigt, was zu sehen ist. Wir waren auch im Wirts=hauß zum Prinz Friedrich genannt von ei=nem Französischen Obersten franciert, der be= ständig in Indien gedienet hat. Wenn ich ihnen die verschiedenen Seltenheiten, so dieser Oberste aus diesen Ländern mit sich hat, be=schreiben sollte; so wurde ich viele Bögen Papier zu überschreiben haben. Ich hab unter andern ein Kleid von Papier, und ein Kleid von Holz gemacht, und auch im Stuck gesehen. Das kennen sie aber ehe nicht, bevor sie nicht ein Stückchen ausgezopftausgezupft haben. Er hat der Nannerl ein Ringel, so etwas mehr, als ei=nen Louis d'or mag werth seÿn, und dem Wolfgang: ein artiges Zahnstierer BixlBüchsel verehrt. Die StattStadt Mannheim ist wegen ihrer Regularität ungemein schön; aber, da alle Häuser nur ein Stock hoch sind; so scheinte es eine Statt en Miniatur zu seÿn. Hin= gegen sind gleich beÿm Eingange des Hausder Häus[er] schon ungemein schöne Zimmer, und man findet auch unter dem Tache die feinsten Wohnungen. Am Ende ieder Strasse sehen sie 4. Haupt=strassen insim Kreutz zu gleich, deren iede der andern in allem vollkommen ähnlich ist. Und durch alle Strassen stehen beÿderseÿts zwischen dem mittern fahrweege, und den beÿ=derseitigen Wasser ablauf Rinnen, bemahlte Pfähle, auf denen beÿ duncklerdunkler Nacht die Laternen stehen. Es kann demnach, wie leicht zu erachten, nichts schöners zu sehen seÿn, als eine dergleichen beleuchtete perspectivi=sche Aussicht, sonderheitlich in den 4. Haupt=strassen, da man zum Exempl vom Schlosse oder Residenz bis ans NeckerNeckar=Thor siehet pp. _____Worms ist ein AltvätterischerAltväterischer und durch die alten Franzosen=Kriege sehr verdor= bener Ort, Es ist aber wegen der alten Be=gebenheiten der Dom, und sonderheitlich die LuterischeLutherische Kirche merckwürdig, wo Luther vor dem Consilio erschienen ist. Wir speisten den Abend in WormbsWorms beÿ dem Herrn Baron v Dahlberg. Diese Familie ist so alt, daß man einen Brief von zusammgerolltem Zeuge, so einer Baumrinde ähnlich ist vor=zeiget, auf welcher ein Herr v DahlbergDalberg un=ter anderen als eine Neuigkeit berichtet, daß ein Zimmermanns Sohn, der sich für den Messi=as ausgegeben, zum Kreuzgalgen seÿe ver=damt worden. Credibile est veteres, latro ceu præsul et hospes, sagt die Bibel der Ru=dimentisten. Wenn sie einen bösen weg versuchen wollen, so därfendürfen sie nur von Worms auf Oppenheim fahren. In Oppenheim sehen sie auch die traurigsten ÜberbleibselnÜberbleibsel der ehemahligen franzosen Kriege. Von Oppenheim auf Maÿnz ist es höchst angenehm; denn auf einer Seite fährt man hart am Rheine, und lincks sind felder, dörffer, Gärten, und Weinberge. Maÿnz ist in der Mitte ein Eng zusamgebauter Ort; auf der so genannten Bleiche und auf den Thier Markt sieht es besser aus. NB: Zu Maÿnz habe den H: Graf Schön=born, der alda verhaÿratverheÿrathet ist, den Graf Ostein und seinen Hofmeister Krell, auch den Graf BassenhaimBassenheim angetroffen. ich war beÿ allen. Die Wallendorff sind zu Coblenz. [... (Beginn der Abschrift des Briefes vom 13. August 1763)]