Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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WOLFGANG AMADÉ MOZART AN LEOPOLD MOZART IN SALZBURG WIEN, 19. MAI 1781
95.__________________________________________________________________________________________\hfill Vienne ce 19 de may 1781: _____Mon trés cher Pére! Ich weis auch nicht was ich zu erst schreibe, mein liebster vatter; den ich kan mich von meinen Erstaunen noch nicht erhohlen, und werde es nienen, wen sie so zu denken und so zu schreiben fortfahren; – Ich muß ihnen gestehen, daß ich aus keinen einzigen Zuge ihres briefes, meinen vatter erkene! – wohl einen vatter, aber nicht, den Besten, liebvollsten, den für seine eigene und für die Ehre seiner kinder besorgten vatter – mit einem Wort, nicht – meinen vatter; doch, das war alles nur ein traum – sie sind nun erwacht – und haben gar keine Antwort von mir auf ihre Punkte nöthig, um mehr als überzeugt zu seÿn, daß ich – nun mehr als Jemals – von meinem Entschluß gar nicht abstehen kan. – doch muß ich, weil meine Ehre und mein karackter beÿ einigen stellen, an empfindlichsten angegriffen ist, etwelche Punckte be=antworten. – sie könen es niemalen Gut heissen, daß ich in Wien Quitirt habe; – Ich glaube, daß wen man schon lust dazu hat |: obwohlen ich es dermalen nicht hatte, den sonst würd ich es das erstemal gethan haben :| so würde es an dem orte an vernünftigsten seÿn, wo man gut stehet, und die schönsten aus=sichten von der Welt hat. – daß sie es im gesichte des Erzbischofs nicht gut heissen könen, ist möglich, aber mirnen sie es gar nicht anders als Gut heissen; ich kan meine Ehre durch nichts anders retten, als daß ich von meinem Entschluße abstehe? – wienen sie doch so einen Wiederspruch fassen. – sie dachten nicht, als sie dieses schrieben, daß ich durch einen solchen zurückschritt der Niederträchtigste kerl von der Welt würde. – ganz Wien weis daß ich vom Erzbischof weg bin – weis warum! – weis daß es wegen gekränkter Ehre – und zwar zum dritten=male gekränkter Ehre geschah – und ich sollte wieder öfentlich das gegen=theil beweisen? – soll mich zum hundsfut, und den Erzbischof zu einen Braven fürsten machen? – das erste kan kein Mensch, und ich – am allerwenigsten, und das andere – kan nur Gott, wen er ihn erleuchten will. – Ich habe ihnen also noch keine liebe gezeigt? – muß sie also erst itzt zeigen? –nen sie das wohl sagen? – Ich wollte ihnen meinem vergnügen nichts aufopfern? – – – DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 was habe ich den für ein vergnügen hier? – daß ich mit Mühe und sorge auf meinen Geldbeutl dencke! – mir scheint, sie glauben ich schmime in vergnügen und unterhaltungen. – O wie betrügen sie sich nicht! – das heist dermalen! – dermalen habe ich nur so viel als ich brauche – Nun ist die Suscription auf 6 Sonaten im Gang, und da bekome ich geld – mit der opera ist es auch schon richtig – und in advent gebe ich ein Concert, dan geht es so imer besser fort – den, in Winter ist was ganz gutes hier zu verdienen. – wen das vergnügen heist, wen man von einen fürsten los ist, der einen nicht zahlt, und zu tod Cuionirt, so ist es wahr, ich bin vergnügt; – den, sollte ich von früh Morgens bis Nachts nichts als denken und arbeiten, so würde ich es gerne thun, nur um so einen – ich mag ihn gar beÿm rechten Namen nicht nenen, nicht um Gnade zu leben. – Ich bin dazu gezwungen worden, diesen schritt zu thun – und da kan ich kein haarbreit davon mehr abweichen – ohnmöglich – alles was ich ihnen sagen kan ist dieß, daß es mir |: wegen ihnen, nur wegen ihnen, mein vatter :| sehr leid thut, daß man mich so weit gebracht hat – und das ich Wünschte daß der Erzbischof gescheider gehandelt hätte, nur daß ich ihnen noch meine ganze lebenszeit wied=men könte – ihnen zu gefallen, mein bester vatter, wollte ich mein glück, meine Gesundheit, und mein leben aufopfern – aber meine Ehre – die ist mir – und die muß ihnen über alles seÿn. – lassen sie dieses dem Graf Arco lesen und ganz Salzburg. – nach dieser beleidigung – nach dieser dreÿfachen beleidigung, dürfte mir der Erzbischof in eigener Person 1200 fl. antragen, und ich nehme sie nicht – ich bin kein Pursch, kein Bub – und, wen sie nicht wären, so hätte ich nicht das drittemal erwartet, daß er mir hätte sagennen, scherr er sich weiter, ohne es für bekant anzunehmen; was sage ich: erwartet! – ich, ich hätte es gesagt, und nicht er! – mich wundert nur, daß der Erzbischof so unbesonen, an INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 einem ort wie Wien ist, so unbesonen hat handeln könen! – Er soll also sehen, wie er sich betrogen hat; – fürst Breiner und Graf Arco brauchen den Erzbischof, aber ich nicht. – und wen es auf das äusserste kömt, daß er alle Pflichten eines fürsten, eines geistlichen fürsten vergisst, so komen sie zu mir nach Wien; 400 fl. haben sie überrall – was glauben sie, was er sich hier beÿm kaÿser, der ihn ohnehin hasst, für schande machen würde, wen er das thäte! – Meiner schwester würde es hier auch besser anstehen als in Salzburg – es sind vielle Herrschaftshäuser wo man bedenken trägt, eine Mansperson zu nehmen – ein frauenzimer aber sehr gut bezahlen würde. – das kan alles noch geschehen. – Ich werde ihnen mit nächster gelegenheit, da etwa h. v: kleinmaÿer, Beneckè, oder zetti nach Salzburg reiset, etwas schicken um das bewuste zu bezahlen –  das düntuch wird h. Controleur der heute weg ist, meiner schwester bringen. – liebster, bester vatter, begehren sie mir was sie wollen, nur das nicht, sonst alles – nur der gedanke macht mich schon vor Wuth zittern – Adieu – ich küsse ihnen 1000mal die hände und meine schwester umarme ich von herzen und bin Ewig dero _____________________________________________________________\hfill gehorsamste Sohn ____________________________________________________________\hfill Wolfgang Amadè Mozart mp DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 \newpage de Vienne. À Monsieur Monsieur Leopold Mozart maitre de la Chapelle de S: A: R: l'archeveque de et à Salzbourg. N.o 13 INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881