Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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WOLFGANG AMADÉ MOZART AN LEOPOLD MOZART IN SALZBURG SALZBURG, 22. AUGUST 1781
___________________________________________________________________________________________\hfill Vienne ce 22 d'Août 1781 Mon trés cher Pére! Wegen der adresse meiner neuen Wohnung kan ich ihnen Ja noch nichts schreiben, weil ich noch keine habe; doch bin ich mit zweÿerleÿ im Preiszank, wovon eines ganz ge=wis genomen wird, weil ich künftiges Monath nicht mehr hier wohnen könte, fol=glich ausziehen muß. – es scheint, h: v: Auerhamer hätte ihnen geschrieben – – und geschrieben daß ich schon wirklich eine Wohnung habe! – ich habe auch wirklich schon eine gehabt; aber, was für eine! – für Ratzen und Mäuse aber nicht für Menschen. – die stiege müste man Mittags um 12 uhr mit einer laterne suchen. das zimer konte man eine kleine kamer nenen. durch die küche kam man in mein zimer, und da war an meiner kamer=thure ein fensterchen; man versicherte mich zwar man würde ein fürhängerle vormachen, doch bat man mich zugleich daß, so bald ich angezogen wäre, ich es wieder aufmachen sollte, den sonst sähen sie nichts so wohl in der küche als in den anstossenden andern zimer. – die frau selbst nente das haus das Ratzen=Nest; mit einem wort, es war fürchterlich anzusehen. – das wäre mir eine Noble Wohnung gewesen, wo doch unterschiedliche leute von Ansehen zu mir komen. – der gute Man hat halt auf nichts als auf sich selbst und seine Tochter gedacht, welche die gröste Seccatrice ist, die ich kene. – weil ich in ihren lezten schreiben eine graf Daunische Eloge von diesem hause gelesen, so muß ich ihnen doch auch etwas davon schreiben; ich hätte dies alles was sie lesen werden mit stillschweigen übergangen, und als etwas das nicht kalt und nicht warm macht, weil es nur eine privat seccatur für mich allein ist, betrachtet. – da ich aber aus ihren schreiben ein ver=trauen auf dieses haus entdecke, so sehe ich mich gezwungen ihnen sowohl das gute als üble davon aufrichtig zu sagen. – Er ist der beste Man von der Welt – Nur gar zu gut; den, seine frau, die dumste und Närrischte schwätze=rin von der Welt, hat die hosen. so, daß wen sie spricht, er sich kein Wort zu sagen trauet; er hat mich, da wir öfters zusam spatzieren gegangen DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 gebeten, ich möchte in seiner frauen Gegenwart nichts sagen, daß wir einen fiacre genomen, oder Bier getrunken haben. – Nun, zu so einem Man kan ich ohnmöglich vertrauen haben; er ist mir in betracht seiner haus=haltung zu unbedeutend. – er ist ganz brav, und ein guter freund von mir; ich könte öfters beÿ ihm zu Mittage speisen, ich pflege mir aber meine Gefälligkeiten niemalen bezahlen zu lassen. – sie wären freÿlich mit einer Mittag Supe nicht bezahlt – doch glauben solche leute was sie damit thun. – Ich bin nicht wegen meinem Nutzen in ihren hauß, sondern wegen dem ihrigen. Ich sehe dabeÿ gar keinen Nutzen für mich; – und habe noch keine einzige Person dort angetrofen, die so viel Werth wäre, daß ich sie auf dieses Papier hersetzte. – übrigens gute leute, und sonst weiter nichts; – leute die vernunft genug haben einzusehen wie nützlich ihnen meine be=kantschaft für die tochter ist, welche, wie alle leute die sie vorher gehört haben sagen, seit der zeit da ich zu ihr gehe, sich ganz verändert hat. – von der Mutter will ich gar keine beschreibung machen. genug, daß man über tisch genug zu thun hat, um das lachen zu halten; basta; sienen die frau Adlgasserin; und dieses meuble ist noch ärger; den sie ist dabeÿ Medisante. also dum und boshaft. von der Tochter also; wen ein Maler den Teufel recht natürlich Malen wollte, so müste er zu ihrem gesicht zuflucht nehmen. – sie ist dick wie eine bauerdirne; schwizt also daß man speien möchte; und geht so bloß – daß man ordentlich lesen kan. – ich bitte euch schauet hier her; das ist wahr, zu sehen ist genug; daß man blind werden möchte; aber – man ist auf den ganzen tag gestraft genug wen sich unglückseeligerweise die augen darauf wen=den – da braucht man Weinstein! – so abscheulig, schmutzig, und grauslich! – pfui Teufel! – Nun, ich habe ihnen geschrieben, wie sie cla=vier spiellt. – ich habe ihnen geschrieben warum sie mich gebeten, ihr beÿzustehen. – mit viellen vergnügen thue ich leuten gefälligkeiten, aber INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 nur nicht Secchiren. – sie ist nicht zufrieden wen ich 2 stunde alle tage mit ihr zubringe; ich soll den ganzen tage dort sitzen. – und da will sie die ar=tige machen! – aber wohl noch mehr; sie ist serieusement in mich verliebt – ich hielte es für spass, aber nun weis ich es gewis; – als ich es merkte – den, sie nam sich freÿheiten heraus – zum beÿspielle. – mir zärtliche vorwürfe zu machen, wen ich etwas spätter kam als gewöhnlich, oder mich nicht lange aufhalten konte, und dergleichen sachen mehr, – ich sahe mich also gezwungen um sie nicht zum Narren zu haben, ihr mit höflichkeit die wahrheit zu sagen. – das half aber nichts. sie wurde noch imer verliebter; endlich begegnet ich ihr allzeit sehr höflich, ausgenomen sie kame mit ihren Possen, dan wurd ich grob – da nam sie mich aber beÿ der hand, und sagte; lieber Mozart; seÿen sie doch nicht so böse – sie mögen sagen was sie wollen, ich hab sie halt doch gern. – in der ganzen stadt sagt man das wir uns heÿrathen, und man verwundert sich nur über mich, daß ich so ein gesicht nehmen mag. sie sagte mir daß wen so was zu ihr gesagt würde, sie allzeit dazu gelacht habe; ich weis aber von einer gewissen Person daß sie es bejahet habe, mit dem zusatz, daß wir alsdan zusam Reisen werden. – das hat mich aufgebracht. – ich sagte ihr also lezthin die Meÿnung wacker; und sie möchte meine Güte nicht misbrauchen. – und noch kome ich nicht mehr alle tage, sondern nur alle anderte tage zu ihr, und so wird es nach und nach abnehmen. – sie ist nichts als eine verliebte Närrin; – den bevor sie mich gekant, hat sie in theater als sie mich ge=hört, gesagt: Morgen komt er zu mir, und da werde ich ihm seine Va=riationen mit den nemlichen gusto vorspiellen. – aus dieser ursache bin ich nicht hingegangen. weil das eine stolze rede war – und weil sie ge=logen hat. den, ich wuste kein wort davon, daß ich den andern Tag hingehen sollte. – Nun adieu, das Papier ist voll. der erste ackt von der opera ist nun fertig. ich küsse ihn 1000mal die hände und meine liebe schwester umarme ich von herzen und bin Ewig dero ____________________________________________________________________________________\hfill geh: Sohn __________________________________________________________________________________\hfill W: A: Mozart mp DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 N. 27 À Monsieur Monsieur Leopold Mozart Maitre de la Chapelle à Salzbourg INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881