Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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2013-12 CC BY-NC-SA 4.0 https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=1214 A-Sm (S. 1-4); Verbleib unbekannt (S. 5) last file update: Wed May 11 14:48:16 2022
WOLFGANG AMADÉ MOZART AN LEOPOLD MOZART IN SALZBURG WIEN, 15. DEZEMBER 1781 mit Nachschrift an Maria Anna (Nannerl) Mozart
124_______________________________________________________________________\hfill Viene ce 15 de Dec:bre Mon trés cher Pére!______________________________________________________________________\hfill 1781 diesen augenblick erhalte ich ihr schreiben vom 12:ten – durch h: v: Daubrawaick werden sie diesen brief, die uhr, die Münchner opera, die 6 gestochenen Sonaten, die Sonate auf 2 klavier, und die Cadenzen erhalten. – wegen der Prinzessin vom Würtenberg und mit mir ist es schon vorbeÿ; der kaÿser hat es mir verdorben, den beÿ ihm ist nichts als Salieri. – der Erzherzog Maximilian hat ihr Mich angetragen; – sie hat ihm geantwortet; wen es auf sie ange=komen wäre, so hätte sie nie keinen andern genomen. aber der kaÿser hätte ihr den Salieri angetragen; wegen dem Singen. es wäre ihr recht leid. wegen dem was sie vom Würtenbergischem hause und ihnen geschrieben haben, ist nicht ohnmöglich daß es mir vieleicht dienen könte. – liebster vatter! sie fordern von mir die erklärung der Worte die ich zu Ende meines lezten briefes hingeschrieben habe! – O wie gerne hätte ich ihnen nicht längst mein Herz eröfnet; aber der vorwurf welchen sie mir hätten machennen, auf so was zur unzeit zu denken, hielte mich davon ab – obwohlen denken niemalen zur unzeit seÿn kan. – Mein bestreben ist unter=dessen etwas wenig gewisses hier zu haben – dan lässt es sich mit der hülfe des unsichern ganz gut hier leben; – und dan zu heÿrathen! – sie erschröcken vor diesen gedanken? – ich bitte sie aber, liebster, bester vatter, hören sie mich an! – ich habe ihnen mein anliegen entdecken müssen, nun erlauben sie auch daß ich ihnen meine ursachen und zwar sehr gegründete ursachen entdecke. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 die Natur spricht in mir so laut, wie in Jedem andern, und vieleicht läuter als in Manchem grossen, starken limel. Ich kan ohnmöglich so leben wie die Meisten dermaligen Jungen leute. – Erstens habe ich zu viel Religion, zweÿtens zu viel liebe des Nächstens und zu Ehrliche gesinungen als daß ich ein unschuldiges Mädchen an=führen könte, und drittens zu viel Grauen und Eckel, scheu und forcht vor die krankheiten, und zu viel liebe zu meiner gesundheit als daß ich mich mit hurren herum balgen könte; dahero kan ich auch schwören daß ich noch mit keiner frauens=Person auf diese art etwas zu thun gehabt habe. – den wen es geschehen wäre, so würde ich es ihnen auch nicht verheelen, den, fehlen ist doch imer dem Menschen Natürlich genug, und einmal zu fehlen wäre auch nur blosse schwachheit, – obwohlen ich mir nicht zu versprechen getrauete, daß ich es beÿ einmal fehlen bewenden lassen würde, wen ich in diesem Punckt ein einzigesmal fehlete. – darauf aber kan ich leben und sterben. ich weis wohl daß diese ursache |: so stark sie imer ist :| doch nicht erheblich genug dazu ist – Mein temperament aber, welches mehr zum ruhigen und häüslichen leben als zum lärmen ge=neigt ist – ich der von Jugend auf niemalen gewohnt war auf meine sachen, was Wäsche, kleidung und &c: anbelangt, acht zu haben – kan mir nichts nöthigers denken als eine frau. – Ich versichere sie, was ich nicht unützes öfters ausgebe, weil ich auf nichts acht habe. – ich bin ganz überzeugt, daß ich mit einer frau |: mit dem nämlichen einkomen, daß ich allein habe :| besser auskomen werde, als so. – und wie viele unütze ausgaben fallen nicht weg? – man bekomt wieder andere INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 dafür, das ist wahr, allein – man weis sie, kan sich darauf richten, und mit einem Worte, man führt ein ordentliches leben. – ein lediger Mensch lebt in meinen Augen nur halb. – ich hab halt solche augen, ich kan nicht dafür. – ich habe es genug überlegt und bedacht – ich muß doch imer so denken. Nun aber wer ist der Gegenstand meiner liebe? – erschröcken sie auch da nicht, ich bitte sie; – doch nicht eine Weberische? – Ja eine Weberische – aber nicht Josepha – nicht Sophie – sondern Costanza; die Mittelste. – Ich habe in keiner famille solche ungleichheit der gemüther angetroffen wie in dieser. – die Älteste ist eine faule, grobe, falsche Person, die es dick hinter den ohren hat. – die Langin ist eine falsche, schlechtdenkende Person, und eine Coquette. – die Jüngste – ist noch zu Jung um etwas seÿn zu könen. – ist nichts als ein gutes aber zu leichtsiniges geschöpf! gott möge sie vor verführung bewahren. – die Mittelste aber, nemlich meine gute, liebe konstanze ist – die Marterin darunter, und eben deswegen vieleicht die gutherzigste, geschickteste und mit einem worte die beste darunter. – die nimt sich um alles im hause an – und kan doch nichts recht thun. O Mein bester vatter, ichnte ganze Bögen voll schreiben, wen ich ihnen alle die auftritte beschreiben sollte, die mit uns beÿden in diesem hause vorgegangen sind. wen sie es aber verlangen, werde ich es im Nächsten briefe thun. – bevor ich ihnen von meinem gewäsche freÿ mache, muß ich ihnen doch noch näher mit dem karackter meiner liebsten konstanze bekant machen. – sie ist nicht hässlich, aber auch nichts weniger als schön. – ihre ganze schönheit besteht, in zweÿ kleinen schwarzen augen, und in einen schönen Wachsthum. sie hat keinen Witz, aber gesunden Menschenverstand genug, um ihre Pflichten als eine frau und Muter erfüllen zu könen. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM sie ist nicht zum aufwand geneigt, das ist grundfalsch. – im gegen=theil ist sie gewohnt schlecht gekleidet zu seÿn. – den, das wenige was die Muter ihren kindern hat thun könen, hat sie den zweÿ andern gethan, ihr aber niemalen. – das ist wahr daß sie gern Nett und reinlich, aber nicht propre gekleidet wäre. – und das Meiste was ein frauenzimer braucht, kan sie sich selbst machen. und sie frisirt sich auch alle tage selbst. – versteht die haus=wirthschaft, hat das beste herz von der Welt – ich liebe sie, und sie liebt mich vom herzen? – sagen sie mir ob ich mir eine bessere frau wünschen könte? – das muß ich ihnen noch sagen, daß damals als ich quitirte die liebe noch nicht war – sondern erst durch ihre zärtliche sorge und bedienung |: als ich im hause wohnte :| gebohren wurde. – Ich wünsche also nichts mehr als daß ich nur etwas weniges sicheres bekome, |: wozu ich auch, gottlob, wirklich hofnung habe :|, so werde ich nicht nachlassen sie zu bitten, daß ich diese arme erretten – und mich zugleich mit ihr – und ich darf auch sagen, uns alle glücklich machen darf – sie sind es Ja doch auch wen ich es bin? – und die hälfte von dem sichern was ich bekomen werde, sollen sie genüssen, Mein liebster vatter! – nun habe ihnen mein herz eröfnet, und ihnen meine Worte erkläret. – Nun bitte ich sie, mir auch die ihrigen von ihrem lezten brief zu erklären. du wirst nicht glauben, daß ich einen antrag, der dir gemacht worden, und darauf du, damals als ichs erfuhr, nichts geant=wortet, wissen könte. – da verstehe ich kein Wort davon; ich weis von keinem antrag. – Nun, haben sie Mitleiden mit ihrem Sohne! ich küsse ihnen 1000mal die hände und bin Ewig _______________________________________________________________\hfill dero gehorsamster Sohn ________________________________________________________________\hfill W: A: Mozart mp DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 __________Ma très chere soeur! _____Hier hast Du die 6 gestochenen Sonaten, und die Sonate auf 2 Klaviere, ich wünsche, daß sie Dir gefallen. – Für dich sind nur viere neu, die Variationen hat der Copist nicht fertig machen können, mit nächsten werde sie Dir schicken. _____Liebe Schwester! – es liegt ein angefangener Brief an Dich neben mir; weil ich aber dem Papa so viel geschrieben, habe Dir nicht mehr schreiben können; deßwegen bitt' ich Dich, Dich mit diesem Couvert dießmal zu begnügen; und mit nächster Post werde Dir schreiben. Addio, leb wohl, ich küsse Dich 1000 mal und bin ewig __________________________________________________\hfill Dein aufrichtiger Bruder ______________________________________________________\hfill W. A. Mozart.