Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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WOLFGANG AMADÉ MOZART AN LEOPOLD MOZART IN SALZBURG WIEN, 22. DEZEMBER 1781
125______________________________________________________________________________\hfill vienne ce 22 X:bre Mon trés cher Pére!_______________________________________________________________________\hfill 1781 ______________________________________________________________________________________________________________1 Ich bin noch ganz voll Zorn und Wuth über die schändlichen lügen des Erzbubens Winter – ruhig und gelassen weil sie mich nicht treffen – vergnügt und zufrieden mit meinen unschätzbaresten, liebsten, besten vatter! – ich konte es aber von ihrer vernunft, und ihrer liebe und güte zu mir nie anderst erwarten. – meinen Brief und geständ=nüss meiner liebe und absicht werden sie nun durch mein leztes schreiben schon erfahren haben. – und werden daraus gesehen haben daß ich in meinen 26:ten Jahre nicht so dum seÿn werde so im tage hinein zu heÿrathen, ohne etwas gewisses zu haben – daß meine ursachen mich so bald möglich zu verheÿrathen sehr gut gegründet sind, und daß, nachdem wie ich ihnen mein Mädchen geschildert habe, mir selbe als frau sehr gut zu statten komen wird. den so wie ich sie ihnen beschrieben, so ist sie – um kein haar besser, noch schlechter. – wegen dem Ehecontract will ich ihnen auch das aufrichtigste geständnüss machen, wohl überzeugt daß sie mir diesen schritt gewis verzeihen werden, indem sie, wen sie sich in meinem falle befunden hätten, ganz gewis würden das nemliche ge=than haben. – nur wegen diesem bitte ich sie um verzeihung, daß ich ihnen nicht längst alles geschrieben – über diesen Punckt habe ich ihnen schon in meinem lezten brief meine Entschuldigung gemacht, und die ursache, die mich davon abgehalten, geschrieben. Ich hoffe also sie werden es mir verzeihen, indem niemand mehr dabeÿ gequält war, als ich selbst – und wen sie mir auch in ihren lezten nicht anlass dazu gegeben hätten, so würde ich ihnen alles geschrieben und entdecket haben. den länger – länger – konte ich es beÿ gott nicht aus=halten. – DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Nun aber auf den Ehecontract, oder vielmehr auf die schriftliche ver=sicherung meiner guten absichten mit dem Mädchen zu komen, so wissen sie wohl, daß weil der vatter |: leider für die ganze famille und auch für mich und meine konstanze :| nicht mehr lebt, ein vor=mund vorhanden ist – diesem |: der mich gar nicht kent :| müssen so dienstfertige und naseweisse herrn wie h: Winter und ihrer mehrere allerhand dinge von mir in die ohren geschrien haben – – daß man sich mit mir in acht nehmen müsse – daß ich nichts gewisses hätte – daß ich starken umgang mit ihr hätte – daß ich sie vieleicht sitzen lassen würde – und das Mädchen hernach unglücklich wäre p: dies kroch dem h: vormund in die Nase – den die Mutter die mich und meine Ehrlichkeit kent, liess es dabeÿ bewenden, und sagte ihm nichts davon. – den mein ganzer umgang bestund darin, daß ich – dort wohnte – und nachhero alle tage ins hauß kam. – ausser dem hause sah mich kein Mensch mit ihr. – dieser lag der Mutter mit seinen vorstellungen so lange in den ohren, bis sie mir es sagte; und mich bat mit ihm selbst davon zu sprechen, er wolle die täge herkomen. – er kam – ich redete mit ihm – das Resultat – |: weil ich mich nicht so deutlich explicirte, als er es gewollt :| war – daß er der Mutter sagte mir allen umgang mit ihrer tochter zu verwehren, bis ich es schriftlich mit ihm ausgemacht habe. – die Mutter sagte, sein ganzer umgang besteht darin daß er in mein haus kömt, und – mein haus kan ich ihm nicht verbieten – er ist ein zu guter freund – und ein freund dem ich vielle obligation habe. – ich bin zufrieden gestellt, ich traue ihm – machen sie es mit ihm aus. – er verbat mir also allen umgang mit ihr, wen ich es nicht schriftlich mit ihm Machte. – was blieb mir also für ein INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 ______________________________________________________________________________________________2 Mittel übrig? – eine schriftliche legitimation zu geben, oder – das Mädchen zu lassen. – wer aufrichtig und solid liebt, kan der seine geliebte verlassen? – kan die Mutter, kan die geliebte selbst nicht die abscheulichste auslegung darüber machen? – das war mein fall. ich verfasste die schrift also, daß ich mich verpflichte in zeit 3 Jahren die Mad:selle Constance Weber zu eheligen; wofern sich die ohnmöglichkeit beÿ mir erreignen sollte, daß ich meine gedanken ändern sollte, so solle sie alle Jahre 300 fl: von mir zu ziehen haben. – ich konte Ja nichts leichers in der Welt schreiben. – den ich wusste daß es zu der bezahlung dieser 300 fl: niemalen komen wird – weil ich sie niemalen verlassen werde – – und sollte ich so unglücklich seÿn meine gedanken verrändern zu könen – so würde ich recht froh seÿn, wen ich mich mit 300 fl: davon befreÿen könte – und die konstanze wie ich sie kene, würde zu Stolz seÿn, um sich verkaufen zu lassen. – was that aber das himlische Mädchen, als der vormund weg war ? – sie begehrte der Muter die schrift – sagte zu mir. – lieber Mozart! ich brauche keine schriftliche versicherung von ihnen, ich glaube ihren Worten so; – und zeriss die schrift. – dieser zug machte mir meine liebe konstanze noch werther. – und durch diese Cassirung der schrift, und durch das versprechen auf Parole d'honeur des vormunds, diese sache beÿ sich zu halten, war ich, wegen ihnen mein bester vatter, eins theils in etwas beruhiget. – den für ihre Einwilligung zur heÿrath |: da es ein Mäd=chen ist dem nichts als geld fehlt :| war mir nicht bange zu seiner zeit – – den ich kene ihre vernünftige Denkunsart in diesem falle. werden sie mir verzeihen? – ich hoffe es! – ich zweifle gar nicht. nun will ich |: so zuwider es mir ist :| von den spizbuben reden. – DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 H: Reiner glaube hat keine andere krankheit gehabt, als daß es in seinem kopf nicht recht richtig muß gewesen seÿn. – ich sah ihn aus zufall im theater alwo er mir einen brief vom Ram gab. ich fragte ihn wo er logire. er sagte aber er wüsste mir weder die gasse noch das haus zu nenen. – und schmälte daß er sich hätte bereden lassen hieher zu reisen; ich offrirte ihm ihn zur gräfin zu führen, und überall wo ich Entreè hätte, aufzuführen; und versicherte ihn, daß wen er kein Concert würde geben könen, ich ihn gewis zum großfürsten bringen würde. – er sagte aber – hier ist nichts zu machen, ich werde gleich wieder fortgehen. – haben sie nur ein wenig gedult – weil sie mir ihre logis nicht sagen könen, so will ich ihnen die Meinige sagen, die ist leicht zu finden. – ich sah ihn aber nicht. – informirte mich nach ihm – als ich ihn aber ausgekundschaftet, war er schon weg. – so viel von diesem herrn. – der Winter, wen er den Namen eines Manes |: den er ist verheÿrathet :| oder doch wenigstens eines Menschen verdienete, so könte ich sagen, daß er imer, und das des Voglers wegen mein gröster feind war. – weil er aber in seiner lebensart ein Vieh, und in seiner übrigen auführung und allen hand=lungen ein kind ist – so würde ich mich in der that schämen, nur ein einziges wort wegen seiner hinzu=schreiben; den er verdient ganz die verachtung eines Jeden Ehrlichen Manes. – ich will also nicht | anstatt infame lügen :| infame Wahrheiten von ihm sagen INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 ______________________________________________________________________________22 dec 81___3 sondern – nur ihnen von meinem thun und lassen Nachricht geben. – alle tage früh um 6 uhr komt mein friseur und weckt mich. – bis 7 uhr bin ich ganz angezogen. – dan schreib ich bis 10 uhr. – um 10 uhr habe ich die Stunde beÿ der fr: v: Trattner, um 11 uhr beÿ der gräfin Rumbeck, Jede giebt mir für 12 lectionen 6 Duckaten. – und dahin gehe ich alle tage – ausgenomen sie schicken – welches mir niemalen lieb ist. beÿ der gräfin hab ich es schon ausgemacht, daß sie niemalen schickt; treff ich sie nicht an, so habe ich doch mein Billet; die trattnerin ist aber zu Econom dazu. – Ich bin keinen Menschen einen kreutzer schuldig. – Ich weis kein Wort von einem liebhaber Concert, wo zweÿ waren die schön Clavier spiellten. – und ich sag es ihnen aufrichtig daß ich es nicht der Mühe Werth achte, auf allen den dreck zu antworten was so ein lausbub und Elender stümper gesagt haben mag, er macht sich nur selbst lächerlich da=durch. – wen sie glauben, daß ich beÿ hofe, beÿ der ganzen und halben Noblesse verhasst seÿe, so schreiben sie nur an h: v: Strack, – grafin thun gräfin RumbeckBaronin Waldstättenh: v: Sonen=felsfr: v: Trattner Enfin an wem sie wollen, unterdessen will ich ihnen nur sagen, daß der kaÿser lezthin beÿ der Tafel das grösste Eloge von mir ge=macht hat; mit den Worten begleitet. C'est un talent decidè. – und vorgestern als den 24:tn habe ich beÿ hofe gespiellt – es ist noch ein clavier spieller hier angekomen, ein Welscher er heist. Clementi. dieser war auch hinein= DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM berufen. – gestern sind mir davor 50 Duccaten geschickt worden; welche ich dermalen recht nöthig brauche. – Mein liebster, bester vater. – sie werden sehen, daß es mir nach und nach imer besser gehen wird. was nützt der ent=sezliche lärm – das geschwinde glück – es ist von keiner dauer. – chì và piano và sano. – man muß sich halt nach der decke strecken. – unter allen den hunds=fütereÿen die Winter gesagt, ärgert mich nichts als daß _____meine liebe konstanze ein luder heißt er meine liebe konstanze ein luder heißt. – ich habe sie ihnen geschildert, so wie sie ist – wollen sie anderer leute Meÿnung darüber hören, so schreiben sie den h: v: Auerhamer beÿ welchem sie etlichemal war, und ein=mal gespeist hat; – schreiben sie der Barone Wald=stätten, welche sie |: leider nur :| ein Monath beÿ sich ge=habt hat, weil sie, die Dame kranck geworden – und nun will sie die Muter nicht mehr von sich lassen – gott gebe daß ich sie bald heÿrathen kan. – der Ceccarelli empfiehlt sich; er hat gestern beÿ hofe gesungen. – wegen dem Winter muß ich ihnen nur das noch sagen. – er hat unter andern einmal zu mir gesagt. – sie sind nicht gescheit wen sie heÿrathen. – sie verdienen geld genug, sie könen es schon. halten sie sich eine Maitresse. – was hält ihnen den zurück? – das bissel d . . . . Religion? – Nun glauben sie was sie wollen.\newpage Adieu. ich küsse ihnen 1000mal die hände und meine liebe schwester umarme ich von herzen und bin Ewig dero die adresse an die fr: Baronin ist. ___________________________À Madame ______Madame La Baronne de Waldstætten____\hfill gehorsamster Sohn _________nèe de scheffer.______à_____________________________\hfill W: A: Mzt mp Leopoldstadt N:o 360.________Vienne. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881