Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN MARTHA ELISABETH BARONIN VON WALD\-STÄTTEN IN WIEN SALZBURG, 23. AUGUST 1782
__________Hochgebohrne, gnädige Frau! _____Dancke Euer Hochgebohrn verbündlichst für den besonderen Antheil den Dieselben an meinen Umständen nehmen, und sonderlich sage den verbündlichsten Danck für die außerordentliche Gnade, die Euer Hochgeb. für meinen Sohn hatte, seinen Hochzeittag so kostbar zu verherrlichen. Als ich ein junger Pursche war, glaubte ich immer, daß Diejenigen Philosofen wären, die wenig sprachen, selten lachten, und gegen alle Welt eine mürrische Mine machten. Meine eigenen Begebenheiten aber haben mich nun vollkommen überzeigt, daß ich einer bin, ohne es selbst zu wissen: denn da ich als ein wahrer Vatter meine Schuldigkeit gethan, – ihm in so vielen Briefen über alles die klaren und begreiflichsten Vorstellungen gemacht, – ich auch überzeugt bin, daß er meine mühsame Umstände, meine bei einem solchen Alter höchstbeschwerliche Umstände kennt, und meine Herabsetzungen in Salzburg einsieht, – da er weiß, daß ich sowohl in moralischen als Physikalischen Verstande durch sein Betragen aufgeopfert bin, – so bleibt mir nichts anderes übrig, als ihn (da er es so wollte) sich selbst zu überlassen und Gott zu bitten, daß er ihm meinen väterlichen Seegen angedeyen lassen und ihm seine göttliche Gnade nicht entziehe. Ich aber werde meine mir angebohrne noch bei diesen Jahren übrige Munterkeit nicht verlieren, sondern immerhin das beste hoffen. – ja, ich würde ganz beruhiget sein, wenn ich nur nicht bei meinem Sohne einen Hauptfehler entdeckte, und dieser ist, daß er garzu gedultig oder schläferig, zu bequem, vielleicht manchmal zu stoltz, und wie sie dieses alles zusammen taufen wollen, womit der Mensch ohnthätig wird: oder er ist zu ungedultig, zu hitzig und kann nichts abwarten. Es sind zween einander entgegen stehende Sätze die in ihm herrschen – zu viel oder zu wenig und keine Mittelstraße. Wenn er keinen Mangel hat, dann ist er alsogleich zufrieden und wird bequem und ohnthätig. Muß er sich in die activetet setzen, dann fühlt er sich, und will alsogleich sein Glück machen. Nichts soll ihm im Weeg stehen: und, leyder, werden eben nur den geschicktesten Leuten, den besondern genies die meisten Hindernisse in den Weeg gelegt. Wer steht ihm in Wien im Weege seine angetrettene Laufbahn fortzugehn wenn er ein wenig Gedult hat? – – Capellmeister Bono ist ein uhralter Mann, – Salieri rückt nach dessen Todt vor, und macht einem andern Platz, und ist nicht Gluck auch ein alter Mann!? – Gnädige Frau! sprechen sie ihm gedult ein, und erlauben sie daß ich mir die Gnade ausbitten darf, Euer Hochgebohrne Meinung hierüber zu vernehmen. – Meine Tochter empfehlt sich zu Gnaden und wünscht, sammt mir, so glücklich zu seyn Euer Hochgebohren die Hände küssen zu können. Sie ist sehr gerührt ohne alle ihre Verdienste eines Andenkens von Euer Hochgebohren gewürdigt zu werden. O wären wir doch von Wien nicht so weit entfernt! Ich wünschte mit Euer Freyh. Gnaden eine Menge zu plaudern, – – und wenn wir erst in die Musik uns vertieften! – Hofnung! Du einziger Trost unserer Wünsche beruhige mein Gemüth! – Vielleicht bin ich noch so glücklich Euer Freyh. Gnaden nicht nur meiner, zwar nicht Vermögender, doch von Herzen wahren Freundschaft, sondern auch meiner innigsten Hochachtung und Ehrfurcht mündlich seiner Zeit versichern zu können, da ich in der That bin _________________________________________________________________________\hfill Euer Hochgebohrn ___________________________________________________________________________________\hfill unterth. gehors. Diener ___________________________________________________________________________________________\hfill Leopold Mozart Salzburg d. 23. Aug. ________1782. _____Mein Sohn schrieb mir vormals, daß er, sobald er sich verheyrathen werde, nicht bey der Mutter wohnen wolle. Ich hoffe er werde dieses Haus auch wirklich verlassen haben. Ist es nicht geschehen, so ist es sein und seiner Frau Unglück.