Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart
Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family
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LEOPOLD MOZART AN JOHANN BAPTIST UND MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN
SALZBURG, 3. SEPTEMBER 1784
________________________________________________________________\hfill Salzb: d 3t Sept: 1784
__Liebster h: Sohn und liebste Fr: Tochter!
Ein kleines Diari!
Am Montage und dienst=tag hatte ich genug zu thun, um all
den Plund aus einand zu find, und da wir noch durch Besuche und
die nothwendigst Gegenbesuche gehindert wurd, so konnte es nicht
wohl anders seÿn, als daß ich den 31t, die Nacht vor unserer Abreise,
um 9 uhr alle ins Bette jagte, und ganz alleine bis halbe 1 uhr nach
Mitternacht 2 Coffres, 2 Sitdrüchl, des Heinrichs Geigenkästl, und noch
ein paar grosse Schachteln voll packte. – vorher muß noch sag, daß
wir am Montage abends beÿ h: Hagenauer war, da in der Frühe
die Jgf: Ursula mit unterschriebn schön Bildern von ihrer Fr: Mutter beÿ
uns war, der alte H: Hag: hatte so eine ausserordentliche Freude, daß er
jedem, der Gretl, dem Heinrich, und dem Hanch, ein Viertl Duggatl,
und noch iedem Müntz vom Jubileo schenckte, samt noch and Kin=dereÿ. – Wir sind den 1st Sept: um halbe 5 uhr aufgestand,
der Heinrich war in der 5 uhr Messe: und doch hatte ich Mühe es dahin
zu bring, daß ich mit diesen unruhig Kreatur um 7 uhr aus Sazb:
hinauskam: den alle augenblick kam noch was zum einpack,
das sie vergess hatt. die Gilowsky Katherl war um halbe 6 uhr schon
beÿ uns. In Waging speist wir Mittags: und da wir nach Stein
Kam, fand wir den HofRath Gilowsky, den B: v Rechberg,
samt sein Eltern p: und verweilt vor dem Schloss schier geg
3 Viertl Stunde: auf der Maut fand wir die ehemahlige Paurnfeind=Stanzl und ihr Herrn: – und doch war wir um 7 uhr in Obing.
Kaum 2 Minut vor unser, war Md:me Marchand und h: Brochard
angelangt, und da sie eb über die Stieg hinauf war, hört sie
unser Kutscher klatsch, – liefen zur Thüre heraus eb da wir
still hielt: wir sah aber noch eine Kutsche stehen. – und wer war
noch da? – – h: Ram, h: Lang, h: Danzi, und der junge
Carl Canabich, |: die itzt da ich dieses schreibe, in Eÿgen sind :|
folglich war wir, samt noch einem weltgeistlich, 12 Person in
dem bewusst Zimer beÿm Nachtess. Nach dem erst Schnidri=schnadrÿ
lief die Katerl mit einem Bub in den Pfarrhof hinüber über das
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feld zum P: Ruffin, und P: Gregori Kerschbaumer, die als 2
Pfarrer in einem schön Pfarrhof vom Kloster Seon aus hier wohn.
unterdess hatte ich genug zu studier, wo ich alle die Bagage aus
gross Salzb: Sitzdrüchl, in elende kleine Münchnerische herüber
verpacke p p: das brauchte wirkl: ein grosses Studium; und
doch brachte ichs zu stande, – dan kam die Katerl mit dem P:
Gregori, bracht eine flasche kostbares Seoner bier mit, – er lud
uns zum Frühestück ein, wir sagtens zu, unterdess hatt die
and Münchner in d Hochzeit=danzbod=Stube arbeit genug mit
Schemel und Strohsäck sich ein Nachtlager zu zubereit.
Endlich kam wir zu Tische, – da giengs Lustig bund über Eke: die
M:dme Marchand hatte für mich ein Rheinwein mit gebracht, den
tranken wir mit einand. Um 11 uhr war wir fertig. In der be=wusst Stube schlief beÿm ofen, die Md:me Marchand und die gretl
im and Bethe die katerl und das Hanch. Ich hatte ein anders
gutes Zimer mit 2 gut Beth, iedes für 2 Person. In einem
schlief ich allein. im zweit h. Brochard und Heinrich. die übrig
im Tanzbod. um 4 uhr war alles auf; nahm Coffé, und um
5 uhr fuhr die ein nach Salzb: die and nach Münch zurück.
Zu den, die nach Salzb:, schrie ich und die Katherl: Wir seh uns
in Waging. – die war nun weg! itzt gabs Thrän, da wir
uns beÿ den and beurlaubt. die M:dme Marchand, die Gretl, das Hanch
weint ganz erstaunlich. Das dank und um Verzeihung bitt, das
sie mir auch wiederhohlter an die Fr: Tochter aufgab, nahm kein
Ende. Es gieng wahrhaftig von Herz, – die Gretl bittet die Frau
Tochter, auch das Hanch, tausendmahl um Verzeihung, und dank
für alles pp:p: Nun war auch diese weg! Dan gieng ich mit der
Katherl in den Pfarrhof hinüber, – schwatzt vom alt und neu,
trank Coffeé: – nahm noch 2 grosse Sauerbrunflasch Seonerbier für
der Katherl Vatter mit, packt es hipsch sicher in Heu ins Sitz=Trüchel, fuhr nach unserer Bequemlichkeit um 7 uhr weg,
begegnet beÿ Altenmark die B: Rechbergisch, die nach Burghaus
fuhr, kam um 11 uhr in Waging an, da die and eb die Suppe
assen: speisst nach 12 uhr, und wünscht ihn eine glückl: Reise.
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Um 2 uhr setzt wir uns endlich auch in Wag, und kam vor 7
uhr in Salzb: an. – die fremd geh morg in d Frühe ins
Schloss – und fahr auf Mittag in Hellbrun. Am Sonntag Vormittag
nach M: Plain, nicht aus Andacht, sond weg der schön Aussicht; zu
Mittag speis sie beÿ mir, nachmittag wird mir der Carl Canabich
auf der Violin, und auf dem Clavier spiel: abends zur Hofmusik
um solche zu hör, und am Montag reis sie fort. Nun was ands!
den Geschmuk habe der Md:me Zezi eingehändigt. Sie wird mir dan
auch darüber die Antwort sag. – Nun kom wir auf Stubenmädl!
2 woll hinaus. Eine hat mir die Huebernanerl recomandiert und her=geführt; Sie heist Catherl, ist des Spitalschreibers Tochter, hat beÿ der
Fr: von Amand gedient, ist Blond, hat 19 Jahre, kan ein klein duppé
und weis nicht was für ein Schenion machen: sie sagt, sie Caressiert nicht.
der h: Sohn kent sie gut, weils beÿ der Fr: v Amand war, das Näh und
putz versteht sich von selbst. die 2te hat die gilowsky Katherl zu mir
geschickt: die ist eine Buchbind Rumel Tochter, heißt tresel, hat schwarze
aug, ist unterstubenmensch beÿm Oberbereiter, ist 20 jahr alt, geht
östereicherisch, weil sie beÿ ihrem Vetter einem Buchbind in Lambach ge=dient hat: ist ganz furchtsam und sittsam im reden, sagt sie caressiert gar
nicht; sagt auch sie hab schon zu zeit die freul: Regerl friesiert: allein die
freul: Regerl, sagt sie, frisiert sich meistens selbst. ihre ganze art ist
so, als wen sie die Oberbr: Regerl nachahm wollte. – die erste
scheint mir munter zu seÿn und vielleicht auch geschickter. der h: Sohn
wird sie etwa besser ken. die 2te ist Stiller, vielleicht aber dessweg
auch nicht ungeschickt: mir scheint aber dieser dienst als unter=stubenmädl ist vielleicht erst ihr erster Stuben=dienst beÿ der Fr:
Oberbereiterin, und wer weis, wies mit dem nähen steht: unser Nanerl
sagt, sie seÿe beÿ den Kindern. Nun könnt ihr, meine Lieben
Leute, wählen. Wen d Sohn die erste kennt, so ists desto besser:
sie sagte es mir wenigst. Ich bin zwar itzt, ganz alleine, zwisch
8 Zimern in einer wahr Todes=stille. Beÿ Tage thut mirs zwar
nichts; aber Nachts, da dieses schreibe, ists zimlich traurig.
wen ich nur wenigst den Hund noch schnarch und bell hörte.
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das thut aber alles nichts, da ich nur weis, daß ihr mit
einander vergnügt lebt, – dan bin auch ich vergnügt.
der Both wird die Machine über 8 Tag mitnehm, itzt hat
er ohnedas vieles zu trag. Hier folgt ein Hemd, das
gehört der Freul: Nanerl die ich samt all ihr geschwistert
Küsse; ich hoffe sie wird lern, damit ich etwas höre, wen
ich wied hinauskome. Ich küsse euch beÿde von grunde
meines Herz und Bleib ewig Euer redlicher Vatter
_______________________________________________________\hfill Mozart mp
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