Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN SALZBURG, 10. DEZEMBER 1784
_______________________________________________________________________________________\hfill Salzb: d 10t Deceb: ________________________________________________________________________________________________________________\hfill 1784. Gestern den 9t wurde die Entführung zum 3t mahl gegeb: das theater war so voll, wie die vorig mahl, um 5 uhr war die unterre Plätze schon ganz besetzt, und hinach wurd auch ob alle 3 Reihen bänke voll: d Erzb: war auch da. die kapell=knab kam schon um 4 uhr um den 6 X Plaz nicht zu versäum, die Arien wurd die näml: repetiert: das Sauflied abermal 3 mahl, – und noch eine Aria vom h: Schmid. Frisch zum kampfe p: nur ein feiger tropf verzagt, muste auch wiedhollt werd. – Nun muß erst hör, wens wied kan gegeb werd. Obs aber dan 2 mahl nacheinand so geschwind kan gegeb werd, daß ihrs 2 mahl hör könnt, daran zweifle sehr, weil mans itzt hat geb müssen. Mit dem Egedach: Hauß steht es itzt sehr übel, – die Frau ist schon seit 2 Monat krank, nun ist sie nicht nur blind geword, sond sie ist fast imer nlos und närrisch. der alte ist seit ein paar täge nun auch krank geword, konnte kaum geh als er aus Radstatt zurükkam; und nun leidet er schmerzlich an Sand und Gries: wäre d geistliche nicht, so hätten sie niemand. – die neue frau Kapitänin von Amand hab gestern das erste mahl mit ihrem Mane im Theater geseh. Ein Carmelitterbrud kam mit d Post nach St Peter, der aus tyroll ins Convent nach Lintz verwechselt wird. das machte freilich im kloster aufseh, da solche leute gemeiniglich zu fusse kom, weil sie nur 12 od 13 f Reiszehrung vom Ord bekom. allein er hatte ein paar küssten aufgepackt, in welch eine große türk: Tromel – Zinken, Triangel, 2 Kittarr, Pfeiff p: p: und alles was zu einer türkisch musik gehört, sich befand. und zu was? – – Er packte aus! und er allein machte mit dies Instrument allen zu gleich eine vollständige Türk: Musik. der h: Prelat und alle war so darüber verwundert, daß er ihm gleich eine Carolin verehrte. von d Erzherzogin in Insprugg bekam er 12 duggatt p: – hier hat er sicher schon über 80 f durch kleine present eingenom. der Erzb: hörte ihn beÿ d Gräfin Wallis. Er spielte beÿm Gr: Khünburg: ich hörte ihn den 8t en Compagnie vieler kaufleute zu St: Peter nachmittag um 3 uhr in einem Gastzimer, dan musste er um halbe 5 uhr in der Universitet: und um 7 uhr auf dem Rathauß spiel, wo er ex Cassa d Schütz 4 thaler, – und beÿ uns auch nicht weniger bekahm. Mit den Händ spielt er die Kitharra, mit dem Mund blast er, mit dem recht fuss schlägt er die türkische Tromel auf einer seite die stark schläge, und zu gleich die Zinken, od deller, und mit dem link fuss schlägt er die still ruth schläge, und zugleich den Triangel. dan bindet er auch zur abwechselung an ied fuss ein fein schlägl und schlägt mit den füss das Stahlene gelächter zur Citharra und Pfeiff ganz piano, auf einmahl kom Trompett und Pauk ganz natürlich, und gleich wied die abwechslende vorige piano Musik; dan macht er auch hohe Waldhorn Solo dazwisch, und zu zeit d Fagott, alles mit dem Mund und hilfe eines röhrlns. das hättet ihr wohl auch seh und hör mög? – – NB Er hatte seine nackt füsse mit Sandalien. Die Uhr habe schon lange in Hand, – habs aber weder bezahlt noch hinaus geschickt, weil vorher wissen will, wie sie geh, indem gleich anfangs die Unrichtigkeit vermuthet habe. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 es war ein Conto von 2 f 24 Xr dabeÿ. ich gieb gewiss keinem Urmacher mehr hier eine Uhr, sond dem Man beÿ d Schiesstatt; er ist nicht blind geword, es war eine Lüge, sondern er hat vielmehr sein Hauß ganz schön neu aufgebaut. der h: Sohn ist unzufried weg der filzschuech; ja, ich bin in meinem leb oft unzufried gewesen, und hab doch zahl müss, wen ich eine Sache hab wollte. Ich weis freilich eine Zeit, wo man 36 X zahlte, da stiegs auf 45 Xr, ich musste vorm Jahr 50 Xr zahl. und NB man kans nicht einmahl nach d Wahl bekom, sie sind noch stolz damit: es ist freilich auch ganz entsetzlich, daß die blauen Schue, weg des gewis theuern Indigo |: Indich :| um 5 Xr theurer sind! – – und alle jahr 5 Xr mach doch auch in 12 Jahr 1 f –. der näml: Wind hat auch hier so gewüthet, daß er zur gröst Betrübniss der Jgf: Mitzerl in d Nacht nicht nur das Stiegfenster beÿ d Latern herunter in trümern geworff, sond auch beÿm Brun den gattern, Gartthür und die ganz Plancken, wie kart=blätter, so in den Garten hinein gelegt, daß man in d frühe gerade zu in garten hineingeh konnte, der brune ganz freÿ dastand, und nicht ein stempen od Leist steh blieb p: es sahe so artig aus, daß ich wirkl: lach musste. – itzt eben um 10 uhr, da dieses nach dem Nachtess schreibe meldet sich wied ein Wind an Thürn und Fenstern an: vielleicht komt er wieder so stark; es hat fast das Anseh. – Noch eins! kan ich euch mit einem klein present=Schachterl Saffran bedien? – – Nun muß schlüss. ich soll beÿm Licht nicht schreib, – und d Both kam um 5 uhr, und um halbe 6 gehe ich in die Comoedie. – Ich küsse den h Sohn, dich und alle und bin d alte _________________________________________________________\hfill Vatter Mozart mp DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881