Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart
Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family
Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
Salzburg
Austria
The Packard Humanities Institute
Los Altos
California, USA
Morgenstern
Anja
text encoding, text editing
Kelnreiter
Franz
technical supervisor, data modelling
Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
Wissenschaftliche Abteilung. Digitale Mozart-Edition
Ulrich Leisinger
Digitale Mozart-Edition
[https://dme.mozarteum.at]
2015-5
CC BY-NC-SA 4.0
https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=1417
D-As
D-As: Staats- und Stadtbibliothek. Augsburg (DEU)
last file update: Wed May 11 14:48:18 2022
LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN SALZBURG
WIEN, 21. UND 22. FEBRUAR 1785
________________________________________________________________________________\hfill Wien – Montag d 21t
__________________________________________________________________________________________________\hfill Febr. 1785
Mein erstes Schreib werdet ihr erhalt hab, – ich glaubte, daß mir die Kälte
von d Reise gänzlich aus dem Leibe wäre: allein gestern abends merkte ich
Schmerz am linck Schenkl, und ehe ich noch ins Bette stieg, fand ich das wirklich
ein Revmatismus da war. Ich musste demnach heute morgens im Bette Klett=wurzlthée nehm und stand erst um halbe 2 auf, um zu mittage zu speis,
wo mir der Fr: Schwagerin jüngste Schwester Ms:lle Sophia Gesellschaft leistete,
und itzt wirkl: abends um 8 uhr noch beÿ mir ist, weil dein Brud, seine Frau,
und der Heinrich Mittags beÿ h: v Trattern speist, ich mich aber, leider,
entschuldig lass musste: Auf den Abend aber ist dein Brud in einem
gross Concert beÿm Graf Cizi, wo h: Le brun und seine Frau sich das
erste mahl producier; die Schwägerin aber und Marchand sind
im Concert beÿ h: v Ploÿer unserm Agenten. Heute wirds wohl
wied 1 uhr werd, bis wir, wie gewöhnlich, ins Bette kom. den 17t, am
donerstage, speisst wir beÿ deines Bruders Schwiegermutter, d Frau
Weber, wir war nur wir 4, die Weberin und ihre Tochter Sophie,
den die älteste tochter ist in Gratz. ich muß dir sag, daß das Essen
nicht zu viel und nicht zu wenig, anbeÿ unvergleichlich gekocht war:
das Gebrattene war ein schöner grosser Phasan, – alles überhaupts
vortreflich zugericht. Freÿtag den 18t war tafel beÿm jüngern Stephani,
wo niemand als wir 4, dan h: Le brun, seine Frau, der Carl Canabich
und ein geistlicher war. Nun, zum Voraus gesagt, ist hier an kein
Fastetag zu gedenk. Es wurde nichts als Fleischspeis aufgetrag, und
der Phasan war zur Zuspeise im Kraut, das übrige war Fürstlich,
am Ende Austern, das herrlichste Confect, und viele Boutellien
champagner wein nicht zu vergess. überall Coffeé, – das versteht sich.
von da fuhr wir in deines Bruds 2te accademie um 7 uhr auf die
Mehlgrube. die abermahl herrlich war. Henry spielte ein Violin=Concert. der h: Stephani fragte gleich um dich wied, und wir konnt
nicht aufhör von d alt Hack zu red. Noch hat man hier keine
_______________________________________________________________fastenspeiß gegeben.
den 20t gestern, war wir beÿ einer Tafl von 21 Person beÿ h: Schauspieler
Miller. das war auch herrlich, aber nicht so übertrieb. Er muß ein
grosses quartier hab, weil er 8 Kind hat, dafür er 700 f jährlich
bezahl muß. h: Stephani hat ein kleines quartier, – bezahlt aber 500 f
dafür, weils auf dem Michaelerplatz nahe beÿm Theater ist. –
Am Mittwoch d 23, und Montag d 28t sind die 2 accademi
des h: Le brun u seiner Fr: im Theater. Schon den 18t war keine
Loge mehr fürs erste Concert zu bekom. diese Leute werd erschröckl:
viel Geld einnehm. – Nun kome auf dein 2t Brief, da d erste
eb einige Minut vor unserer Ankunft deinem Brud ge=bracht wurde. Ich bin äuserst betroff, daß euer Fortepiano in einem
so schlecht Stande ist. – dermahl ist nichts daran zu thun, und
Gott weis, wen und woher d Egedacher ein Gesell bekomt. Von hier
ist wenig od gar keine Hofnung. unterdess machet Anstallt, daß
ihr mein grosses Clavicord hinaus nehmt. wen es der geistliche
h: Egedacher in Salzb gut einstimt, so wird es sich so leicht nicht
verstim. Nur daß es sicher in Stroh und wohl zugedeckt hinaus
geführt wird: wen nur jemand wäre, der es sicher in Salzburg
aufgeb könnte. Es muß aus dem fuß herausgehob werd:
den fuss legt man dan oben auf die Deck darauf, daran
liegt nichts. kurz! bringts hinaus! so bald ihr wollt und
könnt.______Dienstag d 22t. Heut frühe hab abermahl klettwurz
thee genom und bin erst um halbe 11 uhr aufgestand. h: und Md:me
Lebrun waren beÿ uns bis halbe 2 uhr. um 2 uhr gieng wir zum
Mittagessen, wie täglich. Nun, da dieses schreibe, ists schon wied 5 uhr,
es schneÿet ganz erbärmlich und geht ein erstaunlicher Wind, der
die ohnehin wenig gehaitzt Zimer jämerlich ausblässt. Noch war ich beÿ
keinem Mensch, weil zu fuss noch nie aus dem Hauß kam, als nach
St: Stephan um Mess zu hör, welches sehr nahe ist. Ich bin durch die
kält Winde so abgeschreckt, daß ich gewiß nicht nach Hauß reise, bis
nicht gelinderes Wetter komt. Mir ist sehr bange, wie es mit
der accademie für den Heinrich geh wird, erstlich fand ich, daß er,
als ich ihn in Münch hörte, sich mehr verschlechtert, als verbessert hatte:
und seine Geige nicht viel taugt. 2tens kom just des Le Brun
2 accademi vor seiner: die ein erschröcklich Zulauf hab.
kan ich den h: Lebrun dahin bring, daß er beÿ des Marchands
accademie etwas blässt, so kan die Sache noch gut ausfall:
sonst ists gefährlich, weil die Unkost sich schon fast auf
200 f belauff. genug! wir werd seh, wie es geht. Bekannte habe
unterdess beÿ accademien angetroff: zum Beÿspiel, den Baron
___________________________van Swieten, beÿ dem auch im Hauß ware, die
_________________________2 Schwestern die Gräfin thun und Wallenstein.
_________________________ein Baron Freyberg; Baron Nagl; den Preuß: Resident
_________________________h: v Jacobi; den Benedict Edelbach; den h: v Sonen=_________________________fels u seine Frau. den h: Starzer, den h: Aspelmayr[,]
_________________________den Fürst Baar; Fürst auersperg; und verschiedene
_________________________ande, die mir nicht beÿfall. – die Haÿrath des Ver=walter im Johansspithal scheint mir nicht ungeschickt zu seÿn. daß sich
aber die Katherl mit dem Hofapoteker foppen lässt, ist etwas schon
gewöhnliches, – sie macht auf alle Wittwer Anspruch: – ich wünschte
ihrs von ganzem Herzen, er wäre für sie eben nicht zu gut.
Deines Bruders Carl ist wied ganz gesund. Wir alle Küssen euch
von ganzem Herz, der Fr: Schwagerin Fr: Mutter und Schwester
empfehl sich gleichfals Beyder seÿts. Dem h: Sohn muß ich im
Vertrau sag, daß ich hier aus einer Unterredung abgenom, daß
sein h: Bruder hier seine Frau sehr übl behandelt, und so gar sie
mit Schläg beehren soll. Nun küsse euch und die Kind nochmals von
Herzen, und bin d alte redliche vatter Mozart mp
die Geschichte der Baase in Augsp kanst dir leicht einbild, ein domherr
hat ihr Glück gemacht. – So bald Zeit habe werde ein höllisch Brief
von hier nach Augsp: schreib, als hätte ichs in Wien erfahren.
das lustigste dabeÿ ist, – daß alle die Present, die sie bekahm,
und so aller Welt in die Aug fielen, alles, alles ihr ihr h: oncle
von Salzb schickte. – welche Ehre für mich! –
À Madame
Madame de Sonenbourg
née de Mozart
______________________à
Im Tanzmeister=hauß
abzugeb.______________Salzbourg
Leopold Mozart, Wolfgangs Vater.