Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN SALZBURG, DEN 2. UND 3. JUNI 1785
_____________________________________________________________\hfill Salzb d 2t Junii ______________________________________________________________________________\hfill 1785 Den 30t Maÿ war um 4 Uhr nachmittags auf einmahl so ein erschröckl: Sturmwind und Platzreg, daß alle gass im Augenblik in Wasser stand, der Wind hat aber das Donerwetter in der grösst Geschwindigkeit über die Statt hinüber gejagt: nun sind aber von den Gegend Lauff und Seekürch p. p: die traurigst Nachricht da, wo alles Getraid durch den Schauer in Bod geschlag ist, und seit dieser Zeit hab wir starke Wetterregengüsse, – in Berg Schnee, und erstaunlich kaltes Wetter, so, daß fast überal eingeheitzt wird. Noch ist h: Vetter Pertl nicht zu seh gewesen, – daß er aber dieser Täge noch hier war, weis ich, weil ihm habe nachfragen lassen. Die Hubernanerl und ihr Schwester warn auch aufs Rathhaus beruff, braf heruntergeputzt, und ein Tag ins Burgerstübl hinauf geschickt word, wo sie auch zur näml: Zeit imer mehr Gesellschaft, NB auch von Weisen Haub, bekam. h: von Born war abends beÿm Schifwürth angelangt, wurde gleich zum Fürst des andern tags zur Tafel gelad, und nach Tisch der Dichter h: Blumauer, der mit ihm reiset, nach Hof zum Coffée. sie sind dan gleich in die Gastein fort, und werd sich erst in d Rückreise hier aufhalt. Es war natürl: weise imer h: B: Rheling beÿ ihm. Die Comoediant spielt am Montage zum Letztenmahl mit Beleuchtung im Theater, und Dedication zum Geburtstag p: den Tag darauf um 8 uhr morgens fuhr alles davon. Daß lächer=lichste war, daß in einem dialog, wo von gottlosen Leut die Rede war, die Worte vorkam: Sie macht sich so Lustig, und es war ein solcher Lermen, als wäre des TeufelsGeburtstag. war das nicht dum? sollt sie das nicht weggelass hab, da die Comoedie dem Fürst zum Geburtstag gewiedmet war? – – und das gemeine Publikum lachte erstaunlich! Die Comoedie selbst hatte einige gute Sach: allein im ganzen wars schlecht, und der Karackter des President war einfältig und dum geschildert. Kurz! es war ohnausstehliches Flickwerk: doch muß ich sag, daß sie sich alle Mühe gab, solches gut vor=zustell.___________________\hfill d 3t Junii. Gestern war endlich einmahl bey h: v Treubach um seines Sohns Zeichnung und Mahlereÿ zu seh; die Zeichnung sind wirklich für ein jung Mensch, der, ohne wenige Lecktion, die er beÿm Lorenzoni nahm, aus purem genie arbeitet, recht vortrefflich, – und sollte er in der Mahlereÿ, farbenmischung, und Haltung unterwiesen werd, so kan was grosses aus ihm werd. Die schöne Freule spielt so schön, als sie selbst ist. – und wie ihr Lehrmeister. Das angenehmste und bequemste ist, daß man das, was sie spielt, nach Belieb in alle Tactsveränderung bringen kan. Am Ende kam das nämliche Lied und Frage wegen der Niederkunft in Salzb: da sie mir sagt, sie hätt darüber mit euch gesproch; und sie predigt mir beÿde bis an die Stiege vor. Weil gestern die Procession nicht ausgeh konnte, war ich im Dom, und im Heraus=geh, begegnete ich die Obersthofmeisterin, die in ihr Wag steig wollte, – da hörte ich die nämlich frag p: und ich beruhigte sie, da ich ihr sagte, daß alles gescheh werde, und du bald wied hereinkom wirst. h: Zahlmeister hat endlich einmahl Gelegenheit gefund aus dem Salzb: Land hinauszureisen. Er wird am Sonntage auf dem Postwag sein Bruder nach Münch führ, und 8 Täge da bleib: Ich werde ihm Briefe mitgeb. Da wieder um den h: Pertl nachfrag ließ, mußte nun hör, daß er schon weg wäre. – ich dachte mir freilich schon imer, er werde vermuthlich selbst für ihn genug etwa hinauszunehm hab, und folglich nicht so leicht etwas mitnehmn: Nun ist der Both mit Deinem Brief da. Hilf Himel! was ist das vor ein Lerm, als wen die größte Hungers=noth, und Elend schon vor der Thür wäre. Wir wissen es so gut, als ihr in St. Gilgen, allein wegen einem Schauer entsteht, und ist noch niemals eine so allgemeine Theurung entstand. Es lebt imer noch der alte Gott! Ich werde wohl selbst nach St. Gilg reisen müssen um ____________________________eine Busspredig vom wahr ____________________________Vertrauen auf Gott zu ____________________________halten. über das ist allezeit ____________________________der Lerm von d Bauerschaft ____________________________grösser, als die Sache selbst, um ____________________________so mehr, als sie itzt gelegenheit nehm zu sag, daß beÿ Mansgedenk kein solcher Schauer war, als itzt, weil man nicht mehr zum Gewitter Leitet. kurz! derjenige, welcher wegen iedem Unfahl, den Gott schickt, so Lermt, zeigt wenig vertrau auf Gott, und wiegt od berechnet die gross Gnad, die ihm Gott täglich zuflüssen lässt, nicht geg das bischen unglück ab, welches gott zu zeit über uns kom lässt: ò, und die h: Bauern sind gleich beÿ der Schneid, weg dem Nachlass p: und dan Millner und böck weg dem Aufschlag. – Nun muß dir beken, daß ich sehr übler Laune bin, da du wed im erst noch zweyt Brief etwas meldest, wen du etwa glaubst, daß dich der h: Sohn hereinführ wird. Hätte ich vermuthn, daß auch in diesen Brief nichts enthalt wäre, so würde ich nicht dir, sond dem Herrn Sohn geschrieb hab. Ich hoffe einmahl gewiß, daß er sein Nahmens=tag beÿ mir herin zubring wird. allein dieser ist den 24t erst. und dich erst dort hereinzuführ, würde zu viel gewagt seÿn, da mir alle sagen, daß eine erste nie so gut rechn kan, und gemeiniglich früher niederkomt: ich würde also, wens ihm recht ist, eher hinaus=kom, und dich hereinführ, dan werd wir das vergnüg hab, den h: Sohn an seinem Nahmenstag hier zu seh und mit einer Musik zu bedien. Ich hoffe mit nächstem Bothen=tag darüber Antwort, da, in allem Falle den 13 od 14t hinauszureisen und dem h: Sohn ohngelegenheit zu machen gedenke. Nun küsse den h: Sohn und dich, wie auch die Kind von Hertzen und bin ewig euer redlicher Vatter_________\hfill Mozart mp \newpage À Madame Madame de Sonenbourg à St Gilgen Ich bezeuge dem Herrn Geheimrath Feuerstein, daß dieser Brief die Handschrift Leopold Mozarts, Vaters von W. A. Mozart († 1791), ist. Salzburg 20 Febr. 1826. Nissen _________________________________________________Gatte der Witwe ___________________________________________________W. A. Mozarts.