Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN SALZBURG, 9. UND 10. JUNI 1785
___________________________________________\hfill Salzb: d 9t Junii ______________________________________________________________\hfill 1785. Eben itzt um 3 Viertl auf 5 uhr abends ist die Fr: v: Gerlichs in die Ewigkeit gegang. gestern abends um 6 uhr hat man ihr die hl: Öhlung ge=geb, und um 8 uhr gieng h: v Kleinmayr von ihr weg. Noch habe nichts gehört, daß sie ein Testament gemacht hat: und ich zweifle auch darum sehr daran, weil sie schon eine lange Zeit sehr schwach war, und sie niemals etwas davon hören wollte, da sie, wie d alte Deibl, noch imer auf die Zurück=kunft verlorner Kräfte und schönes Wetter hofte. Vielleicht hat h: v Kleinmaÿr es zu weg gebracht. doch schwerlich, – es müsste erst gestern od heut Vormittag gescheh seÿn. Vorgestern Nachmittag war schönes warmes Wetter, und ich sahe mit h: v D'Ippold und den Cavalliers dem exercier in der Riedenburg zu. Morg d 10t soll das wirkl: manaivre seÿn: allein, wens so erstaunlich regnet und giesst, wie heut, so ists ohnehin nichts. Gestern war d schönste Tag, – Nachts um 10 uhr kam ein donerwetter, es war aber, nachdems 4 od 5 rechtschaffne Schläge gethan um 3 Viertl auf 11 uhr wied alles vorbeÿ, – es regnete gleich ganz entsetzlich. Überhaupts hat iederman die Bemerkung gemacht, daß alle die Gewitter, dern wir schon etliche hatt, geschwind vorbeyzog, weil durch die Erschitterung der Luft, die das Leutt so viller Statt=Glocken verursach, das Gewitter nicht mehr in ihrem natürlich Lauf gehindert und aufgehalt wird; noch weniger aber kom sie wied zurück, weil ander Orts wed geleuttet noch geschossen wird; da sonst die Gewitter oft lange nicht weiter gieng, od 2 und 3 mahl in einem Kreis herum wieder zurückkam. Diesen augenblick komt schon die SperrComission, der alte h: von Zillenberg, h v granjean, und der Schirkhofer – DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 welcher nahe beÿm Hause vorausgieng, um solches anzukündig, dan ich glaube, daß sie die Tode kaum recht auf das Brett gebracht hab. itzt eben schlagts 6 uhr. den 13t Maÿ hat es in Münch ein Auftritt gegeb. Franz Lang gerieth kurz vor der Komoedie mit dem Castraten dal Prato in ein Wortwechsel über wäschereyen des Kastrat: es kam zum Herausfordern, und sie gieng wirkl: um ihre Degen zu hohlen, man rief den Canabich dazu, dieser wollte sie ausseinand bring; allein dal Prato soll den Canabich so gescholt hab, daß dieser darüber aufgebracht ihm ein paar Stockhiebe versetzte. dal Prato zog eine degen=klinge, die er in seinem Stock verborg hatte, auf Canabich: Lang aber ergrief den Castraten und beÿde hatt ihn nun so zusamengedroschen, daß er höchst übl zugericht zu Bette liegt. Canabich und Lang hab Hausarrest, die Sache ist vor Gericht anhängig. diesen bericht hatte vom 18t Maÿ. Nun sagt ein Schreib vom h: Marchand vom 5t Junii. der bewusste Auf=tritt nimt nun eine ernsthafte Wendung. Die Sache wird Criminaliter tracktiert und ist nun vor dem Hofrath. Canabich und Lang hab noch imer Hausarrest: Man hofft zwar daß es Künftige woche zu Ende geh wird, indem man alles versucht um eine Aussöhnung zu bewirk. – h: Marchand Empfehlt sich samt all den seinig dem h: Sohn und dir in beyd Briefen auf das nachdrücklichste. Er ist gesint, wen er Erlaubniß erhält, uns vielleicht im august zu besuch. übrigens schreibt er: hab sie auch so schönes Wetter? Mord Element! bald wäre uns die gedult zerriss! Regen! Schlossen! und kalt, daß wir glaubten der verflossene Winter |: schneereichen Ange=denkens :| wäre wieder auf dem Rückmarsch! übrigens wünscht er, und bittet Gott für dich um eine glückl: Niedkunft. Eben erhalte Nachricht, daß unter dem gestrig nächtlich donerwetter 3 Frau glückl: entbund word, darunter DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 die Frau des h: don pippo di gallo gualbert von Dobrowa ist, welche nach so viel Jahr nun noch die Salzb: Welt mit einer Freule beschenkt hat.____den 10t Junii.___verflossne Nacht hat es sehr stark geregnet, so das heute das Wasser am fleischthörl ansteht, und es regnet noch; aber nur stückweis und nicht imer anhaltend. An meinem flügel sind über 20 Seyt abgesprung, weil das feuchte wetter das Holzwerk so angeschwellt hat, daß es von selbst um einen ganz Ton sich hinauf gestimt hat, folglich musst die Seÿt abreiss. Ich hatte gestern den ganz Nachmittag zu thun, um geschwind alle Seyt herunterzustim, damit nicht noch mehrere abreisen. Nun wird h: Egedacher kom und aufzieh. der Orgelmacher Johanes Schmid hat mir geschrieb; hier sind seine Worte: ____________________die Mss:le Raderin hat mir geschrieb, daß das ____________________Fortepiano, so für die ggde fr: Tochter gekauft word, ____________________ganz unbrauchbar wäre p: und dieses scheint mir ____________________ein Aufschnitt, den sie würdens mir wohl zu erst wiss ____________________lassen, – im fahl ich allzeit bereit bin zu sag, wie ____________________das Instrument zu behandeln ist. grosse fehler, ____________________ohne solche zu vernachlässi- gen,n dabeÿ nicht vor= ____________________fallenvorfallen p:Mit dem Instrument, so der Raderin geschickt, hab auch Verdruss, d Provisor |: der es angefrümt :| wills itzt nicht zahl, und sie kans nicht zahl: ich lasse also das Instrument zurück kom. wüsst sie iemand, um geschwinder aus dem Handl zu kom, der das Instrument für 163 f nebst 17 f Reisekost, also um 180 f übernimt, so stehts zu diensten, daß ich nur von diesen Leuten los werde. NB mit h: gr: Wolfegg mit auch noch nicht quit p: p: – – Nun ists also gut, daß ich sehe, wen hinauskome, wo es den fehlt, um es schreib zu könn. der Egedacher ist so elend, daß man ihm vom Auflieg das brand=fleisch wegschneid muß; unterdess, daß das Purcinellomädl die Tochter Liebesgeschicht hatte und mit einem Dischlergesell durchgeh wollte p: p: Nun erhalte dein Brief. Ich werde am Montage, oder falls verhindert würde, oder vielmehr, wen das Wetter gar zu elend seÿn sollte, am Dienstag Mittags beÿ euch eintreff. Ich fahre bis in Hof, – dort nehme ich des Wirths gefährtl, und dem Both habe es schon gesagt, daß er es beÿm Wirth vorläufig meld soll. Ist es gut Wetter, so kome gewisser am Montage. – Diesen Augenblick höre, daß Die Lisel |: Kaÿ- serin :| der Tresel erzehlt hat, die Frau von Gerlichs habe schon vor 8 Jahr ein Testament gemacht, welches aber bis itzt erst an den Tag gekom, da sie niemand etwas davon gesagt hat. H: v Kleinmayr wird es schon gewust, und solches dort schon zu stande gebracht hab, darum war d Besuch so fleisig. Morg abends wird sie begrab, Montag, Dienstag und Mittwoch sind die Gottesdienst. – Ich hörte die Sol=dat um 4 uhr ausrück: die Sone lies sich seh, und ich gieng auch hinaus. Da sie geg halbe 5 uhr anfang wollt, fiengs an zu regn, – es kam ein Wind, – im augenblick ein donerwetter, und so ein erschröcklicher Regen, dgleich ich in meinem Leb auf offnem feld kein ausgestand. Nun stellt euch vielle hundert Mensch vor, dern die meisten auf allem falle mit Regendächern schon verseh war. Der ganze # DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 #ofenloch=berg war so voll, als ich hinauskam, daß man nicht mehr hinauf konte. und noch marschierten hundert Mensch neb meiner hinaus. ich postierte mich also zwisch der Alm und dem Ofenlochberg auf die Anhöhe der Wiesen, und hatte 2 Spektackl. Vor meiner die Soldat, – und hinter meiner die Menge d Mensch auf dem Berg. kaum hatt die Soldat sich gestellt und presentiert, – so musst sie sich in die Kasermen retirier, und alles, was gegenwärtig war, hatte im augenblick Gewitter, plitz, doner, Wind, und den unbeschreiblichst Platzreg auszusteh der eine starke halbe Stunde wenigst wüthete. alle Hermesisch, Edlbachisch, Pichlisch p: Professors, Collegiant, Kapellknab p: – war ober meiner. Ich kans nicht be=schreib, – muß es erzehl. genug, das Manaivre dauerte dan bis nach 8 uhr, und es wird unterdess genug seÿn, wen euch sage, daß die Fr: v Hermes, und ihre Freul Röck und Vordücher beÿm hereingeh hatt, die bis fast an die Knie wie im Koth eingedaucht war, die Mademoiselle beÿm gr: Über- acker hat gar ihre Schue verlor, die im Koth steck geblieb. Nun lebts gesund ich küsse den h: Sohn und dich samt den Kindern von Herz und bin euer redlicher Vatter_______________\hfill Mozart mp À Madame Madame de Sonenbourg à St: Gilgen DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881