Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN SALZBURG, 22. SEPTEMBER 1785
___________________________________________________________\hfill Salzb: d 22t Sept. _____________________________________________________________________________\hfill 1785 Ich bin sehr traurig. Da wir glaubt der Mehlhund sollte zum Abnehm seÿn, hat solcher im Mund wied neuerdings nachgesetzt, daß auf beÿd Seit grosse länglichte binggl lag. folglich war auch im Halß alles unrein, und da schon geschrieb was für eine Schärfe d Urin und Stuehlgang hatte, so muß diese schärfe die Eingeweide des Kinds so sehr irritiert hab, daß den 20t in der Frühe um 10 uhr, da eben d Dr: Prex, und h: v D'yppold dabeÿ stand, ohnvermuthet eine Freiß ausbrach. Ich kan euch unser aller Erstaun und Schrecken nicht beschreib. da also eb d Dr: Prex gegenwärtig war, so wurd natürl: weise, alle nötige Vorkehrung gemacht. – Nachmittag um 2 uhr griefs ihn wied an, – und dan nachts um 9 uhr. – doch gar lang hielts niemals an. In d Frühe den 21t hatte ers um 7, und auch schon geg Tag ein wenig: und den ganz 21t blieb das Kind ziemlich ruhig, so, daß wir glaub kont, das übl hätte sich gelegt. allein wir bemerkt auf die Nacht beÿm Trocken legen, daß es mit ihm nicht richtig wäre, und daß die Freiß nur versteckt war, – überdieß bemerkt wir, daß das Kind auf der linken seÿt des bauch ein Freysbingl hatte, obwohl er ein warm Überschlag über den Bauch hatte; und die ganze Zeit her das Bäuchel wed vest, noch hart noch gross war; die Regerl, d Dr. Prex und die Nandl hatt ihn imer untersucht. – wir hatt also Sorge auf die Nacht. – Er hatte aber zwar Unruhe, aber die Freiß brach erst um 4 uhr morgens wied aus; hingeg kam sie desto öfter heut den ganz Tag. beÿ allem dem ist das arme Kind doch wens vorbeÿ ist nicht verunstaltet, sond nur math, und hat wied seine frische Aug wie sonst. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Man muß nur imer tracht, daß er verrichtet, daß die schärfe von ihm komt, da ihm die Wind, und die Freis selbst den Stuehlgang verleg; so gar geht d Urin weniger, man hilft ihm mit wärm Tüchern, wo er dan geschwind uriniert. Die ganze hauptsächliche Medicin besteht in Kamill und Eywisch um die schärfe zu mildern und abzutreib. wider die Freis wird Hirschhorngeist auf die Fussohln aufge=schlag, um solche abwärts zu zieh. Noch hab wir die Hofnung keineswegs verlohr den Leopoldl davon zu bring; ausgenom Gott will es, – dan kan freylich die Freiß, ohn=eracht aller unserer Bemühung und gering menschlich Hilfe, so oft und anhaltend kom, daß es seine schwache Natur nicht mehr ausdauern kan. dieses müssen wir von d Gütte Gottes erwartet, da ich täglich Bethe, daß ihn Gott, nur zu seiner Seeligkeit erhalt wolle; und das nicht mein Wille, sond d Wille Gottes geschehe. Glaubet nicht, daß es mit dem Kind noch schlimer stehe, als ich berichte. Nein! es ist mehr Hofnung zur Besserung; indem wenig Mensch Leb, die nicht als Kind die Freis hatt: allein man muß ein Kind nur als ein geliehenes Gut betrachten und sich zum voraus imer auf dessen Verluest vorbereit, indem ein Kind sehr viele Lebensgefahr zu übersteh hat: die Geburt ist schon d halbe weeg zum Todt. also Gedult! – seit d Zeit ist Dr Prex alle Tage Vormittag und Nachmittag gekom. Als d Both nach 3 uhr kam, war ich noch nicht einmahl an=gekleidet, weil gar nicht Zeit hatte. Ich legte erst Schue und strümpfe an und gieng nach 4 uhr geschwind unter INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 den Markt hinein, fand aber kein Hut, wie sie woll, und so feine Hüte lassen sie sich um 9 f bezahl. das verlohnte sich wohl der Mühe! – und zu dem, wie sollte ich die Weite wissen? – od wie sollte die Hubernanerl eine chapeau bas richt, da du den alt Hut mit hinausgenom? – – Beÿ gross Geschäft vergisst man freÿlich auf solche Kleinigkeit! – – warum schreibt d Herr Sohn nicht nach Lintz; in Öster: bekomt man diese Hütte. Die Polnische Haube wird die HueberNanerl mach: heut war sie erst abends beÿ mir, den sie lag krank. da müssen wir uns nun auch weg d Weite selbst zu rath wissen. der Both wird solche, wie Hoffe, komende woche mitbring. weg d Sangerin Lange ist lächerlich, daß nun glaub kan, daß sie nicht gestorb ist, weil in der Regensp: Zeitung von Wien aus stand, – wir hätt bald das Unglück ge=_______________________habt die trefflichste Sängerin zu verlier, – _______________________dan giengs über ihr Man pp: und ihr ward _______________________das öffentl: Zeugniss der besten untadlhaftest _______________________Aufführung gegeb. p: – Was das Fortepiano _______________________betrift, muß solches beÿleibe nicht nahe _______________________beÿm Ofen steh. – wie, ihr sprecht schon vom _______________________bald einheitzen? hier erkent jederman, daß _______________________wir itzt die Witterung des Augustmonats _______________________hatt. der Egedacher wird hinauskom, so bald Die kleine Orgel, die er im Hauß aufzusetz hat, fertig ist: unterdess ist itzt die kälte nicht so gross, daß es das Instrument empfind konte, wens am alt Ort steht, wo es ehemals stand, sondheitl: wen einmahl ein=geheitzt wird. beÿ grosser Kälte kan mans näher hernach gegen die Seite des ofens rücken: allein das Inst: muß die Hitze des ofens nicht zu sehr empfind. Wen imer gleich geheitzt word wäre, so wäre dem Instr: nichts gescheh: allein ihr wart hier, das Zimer geschloss, und der ofen Kalt od ein bisch zum Schein einmahl ein feuerl gemacht, davon der Ofen nicht einmahl laulicht wurde. Man ersparte wenigst die Mühe eine Trag oder 2 weniger Holz trag zu därffen. – Erbsen, Linsen und Fisoln wird die Tresel kaufen. – Hier folg die Bandl. – Wen ich auch ein Hut gefund hätte, und hätte erst auf den Entschluss wart müss, ob ihn nehm darf, so wäre er unterdess 10 mahl verkauft word. der Köchin werde es sag, sie komt morg zu mir. die Nandl, Monica und Tresel empfehl sich, wie auch die Hubernanerl. Von all auch ihr Compt: an deine Tochter. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 die Nanndl und Hubernanerl danken ihr für die Briefe, die sie von ihr erhalt, sie waren ganz verwundert und erstaunt, und kont kaum glaub, daß eine Freul: von Sonenburg, die noch dazu erst 14 Jahre alt ist, schon so schön schreiben, so ein schönes Konzept haben und die Rechtschreibungs=kunst schon so vortreflich versteh kan, daß sie es kaum lesen, noch weniger versteh konnt. Zum Beyspiel: Lie Nantel |: Liebe p: :| dem Glasmeister kan noch kein Mas schick, bis die gläser nicht in die Rahm eingerichtet habe, damit sehe was abgeht. Von den schmahl bandeln ist auch nur 1 Stückl, weil die Tresel Unrecht verstand: das 2te schicke nächstens. wen du wied schreibst, so schreibe etwas extra an die Nandl im brief, das Mensch hat eine erstaunliche Mühe. Gestern sind wir bis halbe 1 uhr erst ins bett gekom. die Nacht durch war alles so gut, daß der Leopoldl gar keine Freiß, und heute Frühe nur ein kleins wenig etwas davon hatte: so, daß wir die beste Hoffnung hab, es werde alles wied gut werd. Alle empfehl sich und ich küsse den h: Sohn, und dich, und grüsse die Kind von Herz u bin d alte redliche Vatter Mozart mp Ich danke weg d Fische: sollte was zu schreib vergess, so wärs kein wund, da viele andere Sach zu thun habe, und imer iemand über mich komt; diesem soll rath, diesen Recomandier, dort einem helfen. in Gottes Nahm! was thun kan, thue ich. à Madame Madame de Sonnenbourg à St: Gilgen DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881