Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
Salzburg Austria
The Packard Humanities Institute
Los Altos California, USA
Morgenstern Anja text encoding, text editing Kelnreiter Franz technical supervisor, data modelling Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg Wissenschaftliche Abteilung. Digitale Mozart-Edition Ulrich Leisinger Digitale Mozart-Edition https://dme.mozarteum.at
2015-5 CC BY-NC-SA 4.0 https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=1457 A-Sm A-Sm: Internationale Stiftung Mozarteum, Bibliotheca Mozartiana. Salzburg (AUT) last file update: Wed May 11 14:48:19 2022
LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN SALZBURG, 20. BIS 22. OKTOBER 1785
_______________Nachmittag um 3 uhr. _____________________________________________________________\hfill Salzb: d 20t octob ______________________________________________________________________________\hfill 1785. Eben itzt schneÿet es das erste mahl. wir hatt bis zum Eintritt des Vollmonds die schönste Zeit. die Nacht vom 17t auf den 18t war so schön, und iederman bewundte die sondbare Schönheit des Vollmondes. den 18t Morgens war alles dick be=nebelt. den ganz tag stritt die Sone mit dem Nebel, konnte nicht durchdring; abends regnete es stark: wurde dan kalt, gestern wars sehr kalt, ohne Reg, heut abermahl sehr kalt, und nun bracht d kalte Wind den Schnee. Eine sehr unangenehme Neuigkeit für h: CapitlSyndicus ist, daß er vom Erzbischof citiert word sich auf dem Hofrath zu stell, und über gewisse Punckt zu verantwort. als Hofrath stehet er noch, so zu sag, unter dem Fürst, weil er wirkl: Hofrath ist: und so, als Hochf: Hofrath, ist er einberuff; doch soll auch dessweg vielleicht eine Nachricht od etwa gar Requisition ans Capitl gegang seÿn; wenigst war am dienstag Capitl. daß er Citiert ist einmahl gewiß; und ich weis auch sicher, und von guter Nachricht, daß er besser thun wird, wen er also gleich erscheint, so wird es mit einer Erklerung, daß ers nichto so gemeint habe, abgeh; wo im Gegentheil, wen er sich spreitzt od das Capitl, – so würde der Fürst ihn aufheb lass, und das nicht Erschein würde man der Furcht, daß er schuldig ist, zuschreib. Überhaupts kan unter der Hand bericht, daß selbst der Hofrath einsieht daß d Fürst in Chiemsee an des Hutterers und allem Unglük schuld ist. h: Ram ist mit dem jung Canabich am Montag frühe über Radstatt nach Gratz mit des Postmeister Pferd abge=reiset. der Canabich wollte am Sontag beÿ Hofe spielen: allein d Erzb: entschuldigte sich. Der Verwalter im Johansspithal hatte, so lang er da ist, das Holz vom Johansspital genom, weil es sein Vorfahrer auch hatte. die damalige Comission hatte ihm darüber DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 auch niemals eine Ausstellung gemacht. seit ein paar jahr sind nun imer Untersuchung und wirtschaftl: abänderung, dabeÿ h: Melk und h: dahler Comissarii war. h: Melk hat sich, weil er als domcustos viel zu thun hat, davon geschrauft, und h: dahler hat itzt die Sache dahin gebracht, daß d Verwalter 600 f dem Johansspital zurück zahl soll, weil er nach der instruction nicht buchstabl: berechtiget gewes seÿe, Gebrauch vom Holz des spittals zu mach. NB das hat h: dahler gethan, der täglich zum Verwalter ins fress, sauff und Schmaroz kam; davon wir selbst Zeug sind. \newpage den 21t. Heute Vormittag ist das Kind, welches sich, Gott lob, wohl be=findet, in ein warmes Zimer hinüber gewandert. Es hatte weg der Nandl seine gewisse MenscherCapri- cen Umstände, die ich mit einer gewissen Gelassenheit, wie du mich kenest, nicht zu versteh mich anstelle, und den gerad weege die Sache fortmache; welches sich nicht d Mühe lohnt umständ=lich zu bericht: und itzt; – itzt ist alles recht und be=quem. – Mein fehler ist halt, daß ich verstand genug habe, und nicht nothwendig finde das wohlweise Mensch um Rath zu frag. Vom Erzb: erhielt ich den Befehl an den Orgelmacher Schmid zu schreib: ob er noch gesünt wäre hieher als Orgelmacher zu kom; es wäre darum keine hochf: äusserung unter d Zeit auf seine Bittschrift erfolgt, weil er sich erklärt hatte, daß er bis Michaeli mit der unterhand habend Orgel zu thun hätte. – Eine geschickte Maus findet halt überall ein Loch. was h: Schmid antwort wird, stehet zu erwart. Ich that mein bestes! – da ihr erfahr, daß kälte und Feuchtigkeit euerm Fortepiano Schad that, – so wüsst ihr auch nun selbst vorzubeugen. da der Egedacher schon 3 woch nicht mehr nach Hofe geht, weil seine Mutter wed Besoldung noch Gnade hat; so steckt der Erzb: in d Noth. –  DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Eben itzt komt d Both. – vormittag wars zimlich schön, Nachmittag aber hat es sehr stark geschneÿt. Ich danke euch für die Fische: ich habe die geselcht Fische recht gern. du warst auch in der Wald=beschau; ihr wurdet gut tractiert; aber wo? – – da steht kein Wort dabeÿ. den Sack habe ohnehin dessweg behalt, wan etwa was hinaus zu schick wäre. – du hoffest daß ich die Bretter werde erhalt hab. Von Wem? – ich habe nichts davon geseh. Der Himel weis es, wo sie sind. zu uns kam kein solche Hundsf– –, das Vass und alles ande würde noch da lieg, wen nicht die Tresel die halbe Statt ausgelauff wäre um iemand aufzutreib. dein Herr hat freilich recht, wen er sagt, er würde keine mehr be=kom, wen er eine einsperr ließ; weil keine aufs Land will. darum muß man halt auch kein Mensch ohne Fehler verlang. Die Hubernanerl habe schon lange nicht mehr geseh, sie muß nicht recht wohl seÿn; als sie dort beÿ mir war, hatte sie ein geschwollnes eingebundenes Gesicht, und wünschte besser zu werd um hinaus kom zu kön: ich sehe aber vor, daß sie nicht im Stande ist zu fusse hinauszugeh, wen sie nicht eine Gelegenheit erfragt etwa mit einem Baur wag hinaus zu kom, so, wie d Both zu zeit seine Sach zu zeit auflegt, od gar aufsitzt. – Ich höre mit Vergnüg, daß du dich etwas besser befindest. – die Bibergail ist nur, wen die Mutter, wie man sagt, hinauf steigt od druckt: dieses ist aber nur eine Redensart; den die Mutter kan nicht steig, und es würde hier zu lang seÿn solches theoretisch zu erklär. die Bewegung ist dir nothwendig. Ich vermuthe du bist bald wied schwanger, weil die Nachkindlbeth nur 3 täge gedauert: das übrige schreibe ich nächstens. – Ich werde hör, od seh, ob d h: Reitter bald hieher komt, od ob er mir schreibt. beÿm Wallner hatte er Kost und Zimer, und monatl: 5 f: ob er gleich nur ein knaben hatte. weniger wird keiner nehm, da er 3 hat. die Hagen: Tresel hat schon oft weg den Fächern geschickt und sie noch nicht gemacht erhaltn. der Leopoldl küsst samt d Nandl die Händ weg dem Rockerl: es wird alles besorgt werd. Obgleich die March: Gredl mit dem grösst Beyfahl in d operette DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 gespielt u gesung, so ist in Münch doch keine Hofnung für sie, weil die august wendling itzt die geliebte des Gr: Seeau ist p: p: p: – in allen Briefen schreibt mir h: Marchand viele Compt: an euch von seinem ganz Hause. – da h: Ek auf ein jahr verreiset ist, den d Erzb: gern hier gehabt hätte, so hat gr: Spaur itzt an den Hampl geschrieb. Ram sagte mir aber, daß sie auch dies nicht bekomn, weil dan gar kein Concertgeiger in Münch wäre, da alles verreiset ist. – Hat d Both die Schüchl für den Carl mitgebracht? – der Schuemacher hatte das Maas verlohr. sind sie zu klein, so schickt mans wied zurück, und das Maas dazue, – sinds aber recht? – sie kost 36 Xr. – Ich sehe dermahl nicht wie es möglich ist hinauszureisen: – es müsste nun noch ein bessers Wetter kom. – Nun glaube alles unter einand, wie kraut und Rueben, beantwortet zu hab. – – Es war eine Capit: Comission beÿm Erzb: – Gr: Dietrichstein Fürst Salm, und Arco. – man will sag d h: Capitl=Syndicus werde heut vom Capit: ein Decret erhalt haben, daß er sich im Hofrath stell solle. – sonst sagt man, würde ihn der Erzb: aufheb, und ins Schloss setzen lassen. – das weis ich lang schon, daß er dem Erzb: sehr verhasst ist. – Hat h: Pertl die Clavierstim des neuen Concerts vom Wolfg: gebracht? – – – – Hier folg ande sach und das ℔ Sago, so 56 Xr kostet. – Hier sind auch Clavier=Sonat; nächstens ande. – Graf v Klam, d Anbetter d M:dme Duscheck war 12 täge hier,ein schöner, freindlicher, lieber Man ohne allen Cavalierstolz. er unterhält ihr die ganze Equipage, Ceccarelli und Ram, die Augenzeugen erzehlt mir alles umständlich. Eben bin ich zum Leopoldl gegang, er ist gesund, hat gut geschlaff, die Nandl u die Tresel empfehl sich, und ich küsse den h Sohn und dich von Herz, grüsse die Kind und bin d alte redliche Vatter Mozart mp Den 22t frühe morgens. ich glaube es dahin |: unter d Hand :| gebracht zu hab, daß d junge Preÿman ein Concert beÿ hof geig darf, um etwa mit 8 od 10 f angenom zu werd: und, wer weis, ob nicht Heinrich noch hieher komt. auf 200 f jahrlich hätte sich d Erzb: schon eingelass, – wen er 300 giebt, lass ich ihn kom, anders nicht. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881