Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN SALZBURG, 27. BIS 29. OKTOBER 1785
Der Leopoldl ist, Gott Lob, gesund!____________\hfill Salzb: d 27t Octob: _________________________________________________________________________________\hfill 1785 Nun ist halt der h: CapitlSyndic in der Brühe. Man sieht niemand von seinem ganz Hause: daß er sich gestellt hat, glaube ganz richtig; es ist ganz stille, – kein Wort wird gesproch; – die Sache mag nun seÿn, wie sie wolle, so hält d Hofrath und alle &c: – das grösste Still=schweig; weil es ein Hofrath selbst betrift und weg der Dowrowaik: und Eÿsisch Freundschaft. Einige sag, die Verhör gehe noch imer fort; – andere behaupt gar er wäre im Stockhauß, welches aber nicht glaube: noch hatte keine Gelegenheit auf die wahrheit zu kom, und so glat hin will ich nicht frag. Mir scheint es geht alles dahin, um auf den Grund zu kom, daß der Bischof in Chiemsee die Causa movens od Triebfeder alles vorgegangen gewesen wäre. Nach den Verhör des Hutterers ist schon ein Schreib an denselb ergang: allein er antwortete, daß man ihn beÿm Röm: Reich belang sollte, sonst hätte er niemand zu antwort. So geht es! h: Dr Hutterer kam vom Gebürg nach Salzb: hatte ein gut Kopf, studierte seine Jura fleisig, war auf dem Rathhaus in Praxi, gradierte, wurde Advocat, ist witzig, versteht sein Handwerk; – aber, wo ist die Weltkentniß? – – wo ist das feine d Welt? – – wo ist der in die folgen durchdringende Verstand und das Vorausseh? – – die Hauptsache dieser fein Zeit fehlt. h: CapitlSyndic sass auf seinem Mist, – studierte, war schon gebohrner Hofrath, und dan CapitlSyndic, hatte das Schiespulfer nicht er=fund, glaubte unter den Canonen des DomCapitls sicher alles leichtsinig herauspulvern zu kön, weil er unterm alt Graf v Diechtrichstein in Wien im Praxi hinterm Ofen sass, die Comoedi, opern und spaziergänge ausgenom. – Nun heists: stelle dich zur Verantwortung. Hätte er Vernunft, Nachdenken, und Weltkentniss, so würde er vorausgeseh hab, daß er hinter d Capit: Mauer nicht sicher stehet, um so weniger, da er sich erinern musste, daß ihn vor Ausbruch des Processes der Erzbischof hohl ließ, ihn über gewisse Verhetzungen zur Rede stellte, erstaunlich herunterputzte und ihm mit dem Schloss drohete. Ich bedaure die gute Frau; den itzt sitzt sie gewiss ohne alle Gesellschaft zu Hause ganz alleine. Niemand getrauet sich hinzugeh, – weil man augenblicklich argwohnet p. – Es sind seit 14 täg die Rensin, dermalige Pflegerin zu Ebersperg, und ihre Basen eine h: v Steÿrer Tochter von Lintz hier. Die erste ist die DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Tochter des verstorbn Pass: Pflegers von Ebersperg, folglich die Nieçe der Fr: v Barisani, die des Vatters Dienst erhielt, und der alten Fr: v Rensi |: ehemalig Liebhaber seel: der Fr: v andretter :| Sohn, heÿratete, der von seiner Mutter seiner Zeit über 40000 f erbet, und die nun von Salzb: fortreiset und mit Sack und Pack, der alt Gesellschafterin und klein Hund, samt vielem Silber p p: zu ihrem Sohn gehet; ihr Gnadgeld pr 100 f ist ihr noch auf ein Jahr verwilliget. – die Zweÿte, die Tochter des h: v Steyrer zu Lintz ist beÿ ihr Eltern in Lintz, hat erst 28 Jahre, ist schon 8 jahr Wittwe, hatte ihr Mann nur 3 täge, weil er als KriegsComissari nach Straubing musste, ein Sturz mit dem Pferd that, erkrankte und d 15t tag nach d Copulation starb. – Verflossn Montag wurde dies fremd zu Ehr abends um 7 uhr im Melkhof ein Ball veranstaltet, – ich half um 6 uhr d Fr: v Schidenhof sich ankleid, – da war nun natürl: dabeÿ was Zusamhang mit den Barisanisch p: hatte. Für den gr: Überacker Sepperl wars aber traurig. Er tantzte mit d Gräfin Lizow, stosste im herumdreh od reissen am marmorst: Caminegge, fiehl sich die Achsel aus, und die Gräfin lag auf dem Bod, doch ohne Schad. Er wurde gleich in die Statt nach Hause geführt, und um den Chÿrurg Hartman geschickt p p: – der Tanz hatte übrigens sein Fort=gang, d Überacker ist schon besser. der gewisse Geistll: h: Carl ein 83 jähriger Man, der die Ohren curierte, hat seit den wenig woch als er krank lag, alle woch um 50 f Brod, in Laiben, unter die Armen auf dem Rathaus austheil lass, und in seinem Testament die 3000 f die er auf d Landschaft hat, dem Magistrat übergeb, um von dem Interesse jährlich 3 Stipendia zu formir, die dreÿen Armen Burgerssöhnen durch die 6 erst Schuljahre soll gereicht werden: Es stehet wörtlich NB, daß ers dem Magistrat, DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 nicht dem Consistorio übergebe. Ein Sardinischer Oberster h: gr: Canal war hier. Er bließ 2 Concert auf dem Waldhorn beÿ hofe, recht schön. hatte ein schön Ton, und die Semitonia rein und richtig. Der Erzb: ist itzt in Lauff. Montags verreisste die Grafin Schönborn, Dienstag gieng er mit Gr: Guntacker und ihr hinunter. Vom Schmid org: kan noch keine Antwort hab. – der h: Schultz hat Befehl erhalt beÿ Hof zu stim, weil er ohnehin als Tenorist 100 f besoldung habe, und selt sing darf. Stell dir vor, was d Man für ein Gesicht wird gemacht hab. ______________________________________________________\hfill den 28t Der Leopoldl ist, gott lob, gesund. d Both ist gekom, das Geld hab empfang: – allein wo ist der Musterschueh für den Katharin? – – Die schön Täge hab mich zimlich spaziern geführt: imer von 2 bis 5 uhr. und am Dienstag kam gar um 3 uhr ohnvermerkt in Plain hinaus, besuchte den P: Vital, fand aber den Superior, und den P: Prior von St: Peter mit noch 6 v St: Peter beysam. Ich blieb also beÿ ihn, und fuhr mit ihn um halbe 6 herein. Die Egedacherin hat noch keine Gnade, weil h: v Luidl nicht referiert bis er nicht den zurückgelassn Vermögensstand beym Groschen weis. – weg d Steuer darf man sein Vermög nicht mehr verberg; aber, wie ihr sehet, weg d Gnad. Der Hofrath Gilowsky war mit den 2 Robinisch Freul: und der Gestütt=meisterin, als GardeDame zu Hauß, wo die Zusamkunft und Verabredung d Haÿrath der Fr: Louise wirkl: geschahe. es hilft also nichts mehr! die Freul: sind noch in Hauß, weis nicht wens zurük kom. \newpage Ich danke für die Fische, wen ihr keine mehr habt, so müsst ihr mir beÿ Leibe keine mehr schicken. – das Brod hat hier wied aufgeschlag, so bald sie ein Schnee wied geseh haben. – die Bretter hab vom Robini Hausknecht bekom. – Das Drücken komt offenbar vom Geblüth, du musst also alles mögliche thun, daß es sein gut Fortgang hat. Das fleisige Kamillnthee Trinken ist ein gewöhnliches gutes Mittl, und Bewegung; DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 und ist das Wetter gar ungünstig, so must du, so viels möglich im Hause Bewegung such. willst du zu mir kom, ich will den Hölzern Ofen im Saal heitz lassen. – Der Heinrich würde hier schon angenomen seÿn, wen er nicht mein Scolar wäre. allein das thut zu wehe, ein Scolarn von mir zu loben, – und doch geschieht es so oft, daß ers im Herzen thun muß. – so weit ists schon gekom, daß er ihn nehmen wollte, wen er ihn um ein paar hundert guld hab könnte: auf 300 f habe mich eingelass. Nun steckts! und ich rede gar nichts mehr davon: er hat bis diese Stunde kein Geiger und hat am Norman u Fiala 2 verlor. – wir wollen es abwart. – Weg der Gretl od einer and Sängerin ist nichts zu gedenken. – warte nur ein bisch, bis unsere Schiffe aus Amerika kom, dan woll wir uns ein aigenes orchester aufnehm. – von deinem Brud habe wirkl: noch kein Brief: aber vom Artaria, und ich schrieb vor 4 täg an dein Bruder, schloss den Brief an Artaria ihm ein, und heut schrieb ich ihm wied. Von den Sonaten d Gretl höre nicht ein Wort; ich werde dem Toricella selbst schreib, auch weg dem Clavierauszug der Entführung. In die Comoedi gehe etwa einmahl, zu Zeit 2 mahl in d woche, ich brauch das Geld nothwendiger da ganz ohne Scolarn bin. der Verwalter Sepperl ist noch niemals wied da gewes, er wird künftig die Woche nur 3 mahl kom, und da manch=mahl beÿ übler Witterung ausbleib. aufs neue Jahr sinds 2 Jahre, daß sein Vatter nichts bezahlt hatte, und er war vor 8 Tag beÿ mir und nach seiner notiert Lecktion Rechnung betrugs die ganze Zeit nur 47 f 12 Xr. – er hatte nach seinem Vorgeb im kalend vom 9t Decemb: 1783 bis 24 Jener 1785 aufgeschrieb 180 Lecktion a 12 Xr._____________ – 36 f vom 24 Maÿ bis 30 Sept: 56 L: 11 f 12_____\hfill Das ist also d ganze Quark. ____________________________________________ ____________________________________________________47 f 12. Es bezahlte just den halbjährig Hauszünß à 45 f. daß viele Leckion nicht aufgeschrieb word, siehst du augenscheinlich, wo überdas d Buben alzeit anderthalb- stund, und 2 Stund meistens unter hand hatte. – Nun, da dieses heut frühe den 29t schreibe, so seh wir, daß der Leopoldl, der übrigens gesund ist, heute frühe alle Anzeig von einem sogenannt Flug hat, den ich sahe die kleinen fleckl im Gesicht, – und die sind nun auch am Leib. Hoffe, da er wohl verwahrt und ruhig dabeÿ ist, daß es keine übl folg hab wird, den beÿ Kindern giebts imer etwas. die Nandl u Tresel empfehl sich. Ich küsse d h. Sohn und dich von Herz, grüsse die Kind und bin d alte redliche Vatter _________________________________________________________________________\hfill Mozart mp DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 \newpage Gestern nach d Comoedie ruffte iemand mich auf d gasse, da das Hauß schon gesperrt war, und ich eb am Tisch sass. als ich zum Fenster gieng, wars d Major Dücker u d Domh: gr: Wallstein, d von Lauff kam und vom Erzb: die Comission hatte mich zu fragen ob ich noch keine Antwort vom Orgl: Schmid hätte. ich antwortete, daß noch keine da seÿnne. gr: Wallstein fahrt heut wied hinunter, und geht dan nach Augspurg. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 À Madame Madame de Sonenbourg à St: Gilgen. und 7 Sonat in d Schachtl DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881