Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN SALZBURG, 3. BIS 5. NOVEMBER 1785
____________________________________________________________________\hfill Salzb d 3t Nove: Der Leopoldl ist gut!_________________________________________________\hfill 1785. Schon am Samstag als der Both den Brief abhollte, merkt wir daß d Leopoldl nicht recht wohl war. Es zeigte sich hinach ein Stecken auf der Brust, und mit dem Schleim hat das Kind ohnehin imer zu thun. am WolfgangTag um 8 uhr morgens, nach dem Kochess bekam er in einem Augenblick ein solches steck, daß, als ich auf der Menscher jämerlich geschreÿ, zulief, das Kind mit aufgeschwol=nem Gesicht, geschloss Mund und Aug, blau, wie ein erhenkter ohne mindestem Lebenszeich erstickt fand, ihm das Maul mit vielen Gewalt aufmachte und so lange hineinblies bis es anfieng die Augen zu öffn und athem zu hohlen; die Tresel war auch schon in d Positur in Hintern zu blasen. Nun ließ dem Kind den ganz Tag nichts zu ess, sond nur leicht thee und ein wenig Mana darine aufgelöset, geb: ließ es übrigens, weils gern trank, recht viel trinken um den Schleim auf d Brust, und im Magen zu verdinen. auf die Nacht gab man ihm etliche Coffeé=Löferl voll Binadl: und so &c: giengs imer besser, dan es ist ein BrustCatharr und Verschleimung. Das übelste ist, daß er die Banadl nicht essen will; da hab wir imer die gröste Noth mit ihm, und die Koch mach ihm augenscheinlich imer mehr schleim, da er, über das, recht wohl beÿ Leibe ist, und ich die fetten kind imer mehr der Gefahr ausgesetzt weis, als die magern: er aber ist wirklich wie ausgedrächselt und Kuglrund, wen man ihn nackend sieht. Eben heut nach Tisch kam vom Orgl: Schmid die Antwort; er schrieb getreulich alles ab, was ich ihm vorschrieb: daß er bereit ist, zu kom, wen er in den genuss des näml: eingesetzt ist, was d Egedacher hatte pp: Ich hab den Brief gleich in die geheime Kanzleÿ getragen, damit er morgen nach Lauff komt. Vergangen Samstag hat sich ein Schleimschlag beÿ dem alt h. Hagen=auer merk lass. auf der link Seite verzog er den Mund, und konnte mit dem Reden nicht recht fortkom. Es wurde ihm am Fuss stark zu Adergelass, – musste zum Schleimabführ Pulver und dan eine Mixtur alle 3 Stunde seit d Zeit imer einehm: es geht itzt besser. der Man, d im Schleim steckt, hat niemahls einehm wollen. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 An dem näml: Samstag bin nach Viertl über ein uhr am wasser hinaus spaziern gegang und so fort um Viertl nach 2 uhr nach Perheim, das erste mahl in meinem Leb, gekom: die Kirche war geschlossen, ich gieng also zum h: Pfarrer, der mich dan in die Kirche führte, – dan blieb bis 4 uhr beÿ ihm; und da eb fortgeh wollte, kam d h: Bischof Salm und Gr: Strasoldo, ich blieb also noch bis halbe 5 uhr, und\newpage war dan um Viertl nach 5 uhr zu Hauß, sahe was das Kind machte, gieng um 6 uhr zum Hagenauer weg des Kindsschlafhauberl, die wir ins Halla geschikt hab, und kam eben zum Krankheitszufahl. Letzt Sontag war h: CapitlSyndic und seine Frau in d Comoedie, – sie war aber weit von mir entfernt und setzt sich ganz unt geg die Hofloge hin, obgleich beÿ uns herob Plaz war. Es ist alles still – nur höre, daß die Examina imer noch fortgeh, und er, so oft er geruff wird, nur zu er=schein hat. Es ist halt am Ende dahin abgeseh, etwas wichtiges über den Bischoff in Chiemse aus all Aussagen zusamzubring.________Der h: Hofkanzler ist Krank. seine krankheit, die er sonst nur 2 od 3 mahl das Jahr hatte, komt ihm itzt alle Monat, man zweifelt ob ers gar lange so dauern wird, da es, wie ein in den Mag trettendes Podagra ist. Von deinem Brud habe noch kein buchstab, sein letzter Brief war vom 14 Sept: und seit d Zeit soll mit iedem Postwag die quartett kom. wäre er krank, so hätte es mir h: Artaria in seinem Brief vom 28t Octob: geschrieb. der h: Zeitungsschreiber traf mich vor einig tag an, und sagte: es ist ja ganz erstaunlich was für eine Menge Sach ihr h: Sohn itzt herausgiebt: in allen musik: Anzeig lese nichts als imer, Mozart. Die Berliner Anzeig setz beÿ d Anzeige d Quartett nur folgende worte: Es ist ohnnötig dem Publikum diese quartett anzurühm; genug wen wir sag: sie sind vom h: Mozart. Ich konnte ihm nichts antwort, als ich nichts weis, da schon in d 6t woche kein Brief von ihm habe. Er sagte auch etwas von einer neu opera. Basta! wir werdens wohl hören! DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Daß die Vertauschung mit Baÿern allem Anseh nach zur Richtigkeit komt, werdet ihr aus der Salzb: Zeitung, die wichtig ist, erseh: daß d Kaÿser, unter dem Vorwand einer Jagd, abgereiset ist, hat seine Richtigkeit; obs aber wahr ist, daß er mit dem Herzog v Zweÿbrück an einem 3t Orte zusam kome, wird bald klar werd. das ist auch sicher wahr, daß der Herzog abgereist, und schon seit 8 täg die sage ist, er seÿe nach Wien gegang. Ich denke, die Sache ist nun klar. Damals, als der Kayser dem König in Preuss ein Besuch gab, geschahe es nur, um ihn zu verblend, damit es ihm weniger auffallend wäre, da der Kayser dan auch mit der Russisch Kayserin zusam kam. damals war das project schon ausgekocht. der Kayser ließ seine Armée mit viell Unkösten an die Türk: Gränz marchier, – stand Schildwache, – damit Russl: die Krim p: ohne Schwerdstreich erhielt. dan ließ d Kayser seine GränzscheidungsForderung an die Türk nur ganz kalt betreib, und suchte vorhero mit Hilfe Frankreichs die Holländ zu verwirren und zu schwäch, da sie million vergebens anwendet: die Nation wurde in 2 Parthi getheilt. Der Statthalter wurde misshandelt, welcher mit seinem Anhange, aus Preus: Anstiftung, dem Kayser entgeg war. Die franz: Parthie bekam die Oberhand, machte Friede, erboth sich selbst einige Million für Holland darauf zu bezahl, weil man mit dem Schluss des Handels eÿln wollte. Nun gehts nur aufs feder=fecht los um zu Beweisen, daß Bayrn nach Belieb Tausch kan, und es also nur auf den Willen des Herzogs von Zweybrück an=komt. Soll die Zusamkunft richtig seÿn: so komts sicher Zustande. Nun ist die Reihe an Russland Schildwach zu steh. Da Frankreich auch schon sein Theil beÿ der Vertauschung hat, so ist nicht einzuseh, wie der König in Preussen sich geg Russland, geg den Kayser und gegen Frankreich setz kan. Sachsen wird sich sehr besinen einer solch Gefahr auszusetz. – Was nun diese Vertauschung auf Salzb: für ein Bezug hab kan, und hab wird, muß nächstens meine Meinung sag, da der both eb eintritt.________\newline d 4t Nov. – Ich danke für die 4 Fische und Krepsen. werde alles von deinem Brief beantworten. Daß du dich wunderst, daß einem klein Kind imer etwas fehlt, ist der natürl: Beweise, daß du niemals um faschenkind, u überhaupts niemal um kleine Kind warst. Nach den 6 Woch fang erst die Kinderkrankheit an, und ich hab oft gewünscht, daß du zugeg wärest, um die Mühe einzuseh, die solche Kinder brauchen. da muß man alles Gott überlass; übrigens seine DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Schuldigkeit, als ein guter Christ thun. – Die Rensin wird ihr Geld nicht nach Östereich zieh: – nur beÿ ihn wohn. Herr Oberschreiber hat auch zu viel Wirthshaus Zeitung mitgebracht, u zu viel Lerm geblasen. wegen dem Komoedigeh wird sich auch, und darf sich niemand geniern, dieß sind lauter Possen: die Leute geh ohnehin nicht öfter als sie kön, u es wird leer genug werd, ie länger es dauert. Die Baal 10 Jahre des Magistrats sind aus. Nun kön sie solche ohne obligation d jährl: 500 f geb. allein auch Weitzhofer wills übernehm, d Magistrat will ihms auch zukom lass, wen er ihm für ieden Baal weg dem Saal u Mobili p: 20 f bezahlt, und das finde ich billig; das scheint dem Waitzhofer zu viel; – wir woll seh was geschieht, da er schon von 12 u 14 bäll spricht, – damit er desto sicherer verliehrt. – Nun kome auf die Umstände deines Druck und stecken, und der Hitze. Die Hitze die dir in der Nacht aufsteig, und die Ängsten beÿm Erwach und beÿm frühestück schein mir und der Fr: Hage=nauerin das klare Zeich der zurückgehalten ordinarÿpost zu seÿn, da es sich wieder den 9t Tag seh ließ, folglich eine Zurükhaltung klar am Tag liegt: in diesem Falle wird kein anders Mittl seÿn, als am Arm eine Luftlaß von etwa 4 Untz vorzunehm. die Kamilln sind nicht viel in solchem falle zu brauch, sie sind zu hitzig, – vielleicht hast du davon zu viel genom. die frau sag, daß solche Mutteraufsteigungen nur zu Zeit, wen man sich zörnet, od in and solch Fäll kom, und beÿm Zapfl druck und mehr mit frost als hitze, wie alteration begleitet seÿe, und das lässt sich probier, wen man von d Bibergeil nur ein kleines Messerspitzl stark herunter schabt, und solches in so viel heisse fleisch=brie thut als 2 CaffeeSchallerl austrag, es beÿ der wärme ein wenig stehen lässt, und dan wen dieser Spasmus komt, davon trinkt, so wird sich das druk setz, wens ein Mutterzustand ist. Es mag das zurückgehaltene Geblüt, und eine solche aufsteigende Mutter Reitzung beysam seÿn, weil das letzte vom ersten entstehet. du köntest also vor dem Frühestück beÿm Aufsteh, wens dich drückt, solch eine Suppenbrühe nur etwas weniges trinken, wens von d Mutter komt, so setzt es sich und weicht. – wo nicht, so komt es von der Völle des Ge=blüts. Man muß nichts übereil. Hitze komt vom Geblüt. –  – Wie ists den unter tags? – – die Bewegung und zwar in d freÿ Luft ist eine Hauptsache, sonderheitl: da wir sie alle gewohnt sind. Ich wollte mir von einem Baurenschuster grobe Bandlschuech mach lassen, wie es die bauren=menscher trag, nur um solche zum Gehen im Koth anzuleg, und diese weit genug, dan zieht mans wied aus. Die Gesundheit geht über alles! ich werde unterdess auch mit dem Joseph v Barisani red, den ich heute nicht antreff konnte; und sollte ich unterdess dir Nachricht zu geb eine Gelegenheit hinaus erfragen, so werde solche gewiß nicht verabsäumen. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Die kamill musst du demnach sehr selt oder gar nicht mehr nehm; statt dess nimt man aber auch Polleÿ klein geschnitt unter den Thee, welches das Geblüt treibt. – Kurz! ich werde mit dem Barisani red und schon ein Brief hinauszubring trachten. Noch geht es den Komoediant nicht übl: allein beÿ schlechter Wit=terung wirds bald abnehmen, und einige Zwischtigkeit war auch schon unter ihn. – – habe ich es schon geschrieb, daß der grosse Capellknab Gerl auch zum Schmid als Bassist nach Erlang hinauf gereisst ist? – – daß d Preyman um 8 od 10 f nach Hofe gieng ist nicht die Ursache daß er ein schlechter Student ist, sond eben weil er ein vortrefflicher Student ist, und itzt sein Zeit mit instruction verzehr muß um Leben zu kön, folglich wed studier noch exercier kan, so hätte er ein gewisses kostgeld, abends musik übung, u die übrige Zeit für sich zum studier u exercier, und dan nach einem paar Jahr, addio! Nun gute Nacht, es ist halbe 12 uhr, ich gehe schlaff, morg muß aufsteh, weil der both komt, dan mache erst alles zusam. Ich küsse den h: Sohn u dich von Herz, grüsse die Kind und bin dein redlicher _____________________________________________________________________________\hfill Vatter Mozart mp Vorgestern ist h: Reitter, der sich empfehlt, 3 Stund mit mir spatziern gegangen. Die 2 fächer habe von d Hagenauer Tresel bekom. da aber einer davon in die Schachtel zu lang ist, so werde sie beÿde beÿ bequemer gelegenheit schick, sonst möchten sie zerbroch werd. ich hätte das Polleÿ kraut gleich itzt geschickt: allein mir scheint itzt wäre es nicht zu nehm, bis wied die Zeit komt. kurz! ich werde mit dem Dr Joseph sprech, auch mit dem Prex, wen er wied zu uns komt od ihn sehe. ohneracht du das Ordinarÿ bekom hast, so kanst du doch schwanger seÿn, wie es öfter, u auch d Fr: Hagenauerin gescheh ist. dessweg müsste, wens truck u die Hitz nicht nachlassen, daß man klar sieht, das vom Geblüt komt, nur eine kleine Luftaderlass am Arm mach, die nichts schad kan. – – der Leopoldl ist, Gott lob, gesund. die Nandl und Tresel empfehl sich. itzt bekomt er ein Winterrockerl, das ich ihm mach lasse, das, was du geschickt gehört, weils schön ist, zum parade mach aufs frühe jahr, wen ihn Gott leb lässt. Es sind auch schon ein paar roth=__________________________________________________________________düchene Schücherl in d Arbeit. __________________den 5t Nov: in d frühe. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 \newpage Der H: Franz Agliardi ist mit seiner Frau hier, vielleicht eine Luftverändung zu mach, od sich zu zerstreu p: Es ist zum Erstaun, wie man ums Holz bettlen muß. ein baur versprach uns 15 Klafter, wen ichs alles nach u nach nehme, wohlfeiler zu bring. itzt hat ihms ein ander bauer beÿm Hauß abgekauft, um darauf zu gewinen. À Madame Madame de Sonenbourg à St: Gilgen DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881