Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN SALZBURG, 11. UND 12. NOVEMBER 1785
Der Leopoldl befindet sich wohlauf!_________________________\hfill Salzb d 11t Novemb. _______________________________________________________________________________________________________\hfill 1785 Endlich habe vom 2t Novemb: ein Brief von deinem Brud erhalt und zwar in 12 Zeihl. Er bittet um Verzeihung, weil er über Hals und kopf die opera, le Nozze di Figaro, fertig mach muß. Er dankt mir und euch für den Glückwunsch, und bittet mich ihn besonds beÿ dir zu entschuldig, und nebst Empfehl: euch zu meld, daß er dein Brief gleich zu beantwort nicht Zeit hat: daß er, um den Vormittag zum Schreib freÿ zu hab, alle seine Scolarn auf Nachmittag verlegt hat pp: – ich kene die piece, es ist ein sehr mühesames Stück, und die Übersetzung aus dem franz: hat sicher zu einer opera freÿ müss umgeändert werd, wens für eine opera wirkung thun soll. Gott gebe, daß es in d action gut ausfallt; an d Musik zweifle ich nicht. das wird ihm eb vieles Lauffen und disputiern kosten, bis er das Buch so eingerichtet bekomt, wie ers zu seiner Absicht zu hab wünschet: – und er wird imer daran geschob, und sich hipsch Zeit gelass hab, nach seiner schön Ge=wohnheit, nun muß er auf einmahl mit Ernst daran, weil er vom Gr: Rosberg getrieb wird. Ihr werdet vielleicht wissen, daß ein Soldat in d Caserne ein and im Schlaf mit 2 hieb fast Tod gehaut. Vor gestern wurde ihm das Leb abgesproch, und ihm Capuziner zugegeb. Weil d blessierte nicht gestorb;, so hat ihm d Erzb: Pardon gegeb, und er wird morg durch 200 Man 10 mahl auf und ab ge=führt und mit spitzruth gekitzelt. Gestern war des h: Hagenauer 47ter Hochzeittag. er befindet sich bassabl, ich war beÿ ihm, – wünsche nur, daß er nicht wieder ein Anfall bekomt, und doch noch die 3 Jahre durch=bring möchte. Er war auf: allein er ist ein bisch Matt. Man sagt h: v Andretter wäre wied in misslich Umständ. Du wirst, nach mein letzt Schreib, imer ein Brief von mir gehoft hab; allein es fehlte mir an Gelegenheit, und da d alte Barisani in Lauff war, so war d junge den ganz tag DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 nicht zu find; weil er seines h: Vatters Patient auch zu besuch hatte; und da Martinischmaus und aderlass mit darunter kam, so speisste er zu St: Peter, – im Nonberg, – beÿm Gr: Khünburg, – pp: kurz, – niemals zu Hause, und kam auch nachts erst späth nach Hause. Gestern um 4 uhr nachmittag ist d Erzb: von lauff zurükgekom. Nun komt d Both! – Ich danke für die Ente, – ich kaufte mir letzthin auch eine, – was will man den sonst zur Abwechslung essen?, – obwohl sie itzt imer auf dem Jagen waren, so konnte doch aus dem Ziergad und vom Zwirchmeister kein Wildbrett bekom; ich schickte öfter hinein. Ich danke Beÿderseits für den Glückwunsch zu meinem u des Leopoldl Nahmenstag, das, was du ihm geschickt hast, wird schon gut ange=wendet werd. Er wird an seinem Nahmenstag in einer neu Haube von Attlas mit dünduch garniert, dem Rockerl, das ihm mach ließ, den roth schüchlen mit daffetbandln eingefasst, mit einem Band, daran ein schönes Amulet, und ein Georgen Metallie, so ihm die Jgf: Mitzerl geschenkt hat, hängt p: mir und sich selbst galla mach. – Ich sollte euch ein Senftvässl schick: allein vor 14 täg od gar 3 woch, sind keine zu bekom, bis näml: die Wirthe od die Weinfuhr von Öster: kom. – und ihr sollt von Monsee, von Ischl, – von Gmundt keine Senfvässl bekom? – – – – – Chioccolate, und Sterke werde schicken. – weg dem HofCalend werde mich erkundig, so viel weis ich, daß sonst d Camerfurier solche auf seine Kösten druk lässt, und à 30 X verkauft. Daß ich ein gut Zeitungschreiber hätte machn, das mag wohl seÿn: allein ich finde es nicht schwer für ein Man, der die Welt geseh hat, die Welt kent und solche studiert hat, und aber dan, wens ins Publikum hinaus geht, auch Zeit hat mit Nachdenk zu schreib – – das, was ich euch schrieb, sind nur in eÿle hingeworffne Gedank, so wie es wohl möglich ist, daß dermahl noch nichts aus der Vertauschung wird. dermahl zeigt man nur, daß Baÿern zu vertausch keine rechtliche Hinderniß obwaltet. – Sollte es aber über lang, od Kurz zu stande kom, so darf d Kayser 80000 M wenigst bereithalt, um solche auf all Seit zu gleich und so einzurück zu lass, daß die Truppen aller Art einand Secundiern, um allem Bauern=aufstand, od einer Sicillianisch Vesper vorzubeug. Ob man aber etwa Lust hat, diesen Umtausch itzt schon zu stande zu bring, könnte einiger massen daraus abgenom werd, – ob, – und wohin DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 die von den Niderland zurückgehend Truppen marchier? – ob sie langsam geh? – ob sie viele Rast=täge mach? od gar in der Nachbarschaft von der baÿr: Pfalz die Quartier bezieh? – es war wirkl: schon lang nichts mehr von diesem Marche in den Zeitung zu lesen. Mich dünkt sie geh mit Fleis auf d Schnekpost. Dem h: Dr: Barisani habe beÿde briefe, in betreff deines Zustands, vorgeles. er halt dafür, daß es erstlich eine Wallung vom Geblüt ist, welches aus der Ordnung ist, da du Blutreich bist, sondheitl: weil es sich den 9t Tag wied gemeldet hat. zweytens, sind Blähung dabeÿ, die drück und aufsteigen, es mög nun Wind od Verschleimung seÿn, so muß mans sanft abtreib. Er glaubt du sollst dir Aderlass, aber nicht weniger als 5 od 6 untz, – dan 2 Täge nach der Aderlass, von beÿliegend 4 Pulvern eins in d Frühe, und eins geg Abend nehm, dan ein tag aussetz, und hernach wied Morgens und Abends die and 2 Pulver nehm, auch hernach etwa eine halbe Viertlstund nach iedem Pulver vom Eÿwisch, und etwas Kamill Thée p: wie sonst, darauf Trinck. – und dan nach d Kirche leichte Choccolate; aber kein Coffée, Er sagte, daß, wen du auch schwanger wärest, es nicht schad könne, sond durch diese Reinigung einem abortus vorgebogen würde. Die Pulver sind unschuldig, und nichts anders als Weinstein, Rhebarbara und ein kleinwenig Bibergail. die Aderlass wäre aber zu d Zeit vorzunem, wo die ordinari vor=beÿ ist: und vermög meiner Berechnung, da du den 2t Nov: schriebst daß es heut, welches d 9te Tag ist, wied kam, sollte es den 20t dieses herum wied kom p: folglich wäre itzt noch zur Aderlass Zeit: – wolltest du aber es probier, und die Pulver itzt nehm, einen Tag vom and ausgesetzt, so müste die Aderlass verschob bleib, bis die ordinari wieder vorbeÿ ist; du könntest mit nächstem Both mir schreib, was die Pulver für Wirkung gethan haben, sie werd nur etwa ein paar mahl des Tags eine Öffnung mach. daß d Urin bleich ist, thut nichts zur Sache, hier ist, gottlob, keine Entzindung im Geblüth, sond Unordnung d Mutterreinigung. übrigens Rekomandiert d Doctor die Comotion, und nach dem Nachtessen nicht geschwind schlaff geh, sond auch ein wenig hin und her geh, oder nicht zu viel essen, er empfehlt sich beydseits, und lässt dir sag er werde auf das Monat februari Hayrath: itzt werd im quartier erst die Öfen gesetzt. – Heute erst ist d Nandl ihre Schwester mit DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 einem Bub entbund worden: die Nandl darf ihr nicht ins Hauß, und sie hatte auch verbot ihr von d Niederkunft Nachricht zu geb. die so genannte Naderer Nanerl ist schon lange mit geschwulst in elend Umständ gewesen, und heut ist sie im Zimer Tod hingefall. Vermutlich wars ein Herzwassersucht. die Strimpfl wird der Leopoldl bald brauchn, aber die grossen 3 alt=modisch Schlafhaub wissen wir nicht zu benützen, die sind gar zu kalt izt. – h: v D'Ippold war eb heut Nachmittag beÿ mir; ich kan dirs nicht beschreib was er mit dem Leopoldl für eine Freude und Unterhaltung hatte, er blieb über eine Stunde beÿm Kind, schwätzte, lachte, und spielte mit ihm; und weil er dem Kind fremd war, so wars sehr aufmerksam auf ihn, lachte, machte allerhand Gesichter und Mäuler, – kurz! h: von D'Yppold, der sich beÿder=seits empfehlt, war in seinem Vergnüg. – ja in d that, zu Zeit wünschte ich wohl herzlich, daß ihr ihn seh möchtet. Ich kan die rechte Hand des Kinds ohne Rührung niemals anseh. der geschikteste Clavierspieler kan die Hand nicht so schön auf die Claviatur setz, als er beständig die Hand hält: so oft er die finger nicht bewegt, so oft steh alle Finger mit dem ausgebogn Händch in d SpielSituation, und so schlaffend hat er das Händch lieg, als wär die Finger, so gar mit der proportioniertest Ausspanung u Biegung d Finger, wirklich auf den Clavier=Tast. kurz! man kan nichts schönres sehen: – ich bin wirk: oft traurig, wen ichs sehe, und wünschte daß er wenigst nur 3 Jahr schon alt wäre, so natürlich meÿne ich er sollte gleich spieln. Nun muß schlaf geh! ich küsse den h: Sohn und dich von Herz, grüsse die Kind und bin ewig euer redlicher _________________________________________________________________________________\hfill Vatter ________________________________________________________________________________________\hfill Mozart mp Die Sterck sind gute 2 ℔. choccolate 1 f 15 X, für die Pulver habe in d Apoteck 20 Xr bezahlt. – weg den Waderl od Fächern werde nachfrag. die 2, für welche 12 Xr bezahlt habe, ist eins das Chinesische, das ob ganz breit ist, mit durchbrochn Seitenbeindl. das 2te ein schön schmales französ: mit fein durchbrochn seitbeindl und auch durchbrochn lang beinstängl; mit röthlicher Schäffermahlereÿ. – die uhr schicke auch mit, habe auch nur 12 Xr bezahlt. – den Musterschuch hab erhalt, ob aber die Schue bis künftige woche vom Katharin bekome, wird sich zeig, er hats versprochen. von dem Hofapoteker wird gar nichts gesproch. Fr: Zezin in d tradgass dirrigiert das Hauswes. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 [12. November 1785] ________________________________________________________\hfill d 12t Morgens Eb itzt war die Execution mit dem Soldat, ich hatte also ein erstaunliches Geläuff vor meinem Fenster vorbeÿ von all Gattung Mensch. die Zezi Waberl liegt sehr gefährlich an einem BrustCatharr krank, gestern wurde ihr abermahl adergelass. Sie war überhaupts seit einiger Zeit alle Krank. Mir fällt beÿ, daß der Trockenste Spaziergang beÿ euch noch durchs dorf hinauf auf den gemacht weeg ist, wo man hereinfert, dem Reit zu, und in Gottsnahm wied so zurück. Und beÿ der Kirche lincks den Weeg geg dem Wald hin |: d wird freilich schon kotig seÿn :| dan ist ein steiniger schmaler weeg zwisch die felder auf die Lugerstrasse herein. dan wirds freÿlich beym Amtman Haus herein wied nass genug seÿn. das ist wirkl: traurig, wen man keine Spaziergänge hat, – und itzt noch obendrein kein gutes Pferd zum Fahr. – der Luftballon wäre euch wirkl: sehr vorträglich. Die Nandl u Tresel empfehl sich. und ich lasse mich beÿ den Kindern für den Glückwunsch bedank. danke auch der Lenerl, Monica u dem Koch, und lass sie grüssen. à proposito. Die Hubernanerl fragte mich, obs wahr ist, daß die vorige Köchin wied hinauskom werde? – ich konnte nichts anders sag, – als das ich kein Wort wüsste. Sie ist itzt beÿm alt; Polis. – die Hubernanerl hat sehr viel Arbeit, sie war gestern beÿ mir, und hat das Rockerl zusamgemacht, die Nandl hatte die theil mit Baumwoll abgenäht. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 A Madame Madame de Sonenbourg à St: Gilgen DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881