Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN 18. UND 19. NOVEMBER 1785
[18. November 1785] ________________________________________________\hfill Salzb: d 18 Nachmittag 1785 Danke für das Händl, und wens so gut ist, wie die Ente, so werde die Nanerl, die ich grüsse, als Hochf: Hendl und EntenFütterin ins hochf: Henenhauß recomandier. – daß d Missigang der kind Unglück ist, hat seine vollkomne Richtigkeit; und mit was will man sie beschäftig, da sie nichts kön? – – und das wenige was sie lern undnen, thun sie nur in d Stund, wo d Lehrmeister da ist, und ausser dem nichts. wo wird man ein præceptor bekom, der sich den ganz Tag, wie ein gefangener, zu Kindern einsperrt, die keine Lust zum lernen hab, – und obendrein so wenig Talent, daß sich der Lehrer, für alle saure Mühe, keine Ehre mach kan? – es wird in d That hart halten, ob ich gleich darauf imer bedacht bin. Was den Vogler anbetrift, hat h: Hübner nur die Nachricht hineinge=setzt, wie ihms sein Correspondent geschrieb, eine Nachricht, die Vogler selbst schreib lässt. Jedman sieht es ein das er ein Narr ist, – und er ist als solcher schon bekannt. er wird im Rausch diesen Narrenstreich gemacht hab, so wie er in Cassl beÿ dem Marquis NB dem Intendant d Musique nach d Tafel sich verlor, und man ihn hinach besoffner in d Marquisin Bette ganz ausgezogner gefund, wo er sich hinein schlaf gelegt, und es voll an geschiss und gespie. – der Soldat, d erschoss werd sollte ist pardoniert word. – die Zezi Waberl ist wieder Besser, sie war übl daran. – der geistl: h: Egedacher ist erst von Polling kom, wo er eine Orgl aufgesetzt, die sein Vatter noch dahier gemacht hat. itzt geht er nach Radstatt, weg d neu Orgel u wird 14 täge od 3 woch ausbleib. – die waderl werde schon untersuchen. – den 19t morgends. Das Vergnüg d Frühemesse habt ihr gröstentheils mir zu verdank, ich hab es beÿ h: Mayrler, – Mölk, – Racher – Prehauser p: schon lange her nach u nach betrüb; d h: Dechant hat ein klein Verweis darüber in Silentio bekom;, weil er nicht Nachfrag hielt, weils ein General= DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 befehl ist, Vicari u Coadjutor mög hinkom, wo sie woll, muß überal Frühmess seÿn p: Mit dem Doctor konnte nicht sprech, weil nicht hier ist, und erst heut komt. ich schicke dir hier abermahl 4 solche Pulver, es ist imer gut, wen man was beÿ hand hat, weils Pulver sind die im kühlen Zimer nicht verderb. der Hauptfehler ist, daß du nach d Kindbett nicht durch ein gutes Muttertrankl dich auslaxiert hast, da die Beckerisch Pillul aigentlich nur auflösen, und dan hinach soll laxiert werd. die Pillul werd dir auch ver=mutlich kein and als ordinari Stuhl viel gethan hab. Wen nach der Verkochung von einer Tischzeit zur andern d Mag schwach und leer ist, so solltest du Anstalt mach, daß du eine Schale Suppenbrühe trinck könntest, od ein paar schnidl brod darin. – da dir beÿm eyfrig Clavier=spiel der Hals trock wird, solltest du ein Gersten=schleim im Sack hab, um ein wenig in Mund zu nehm. diese Trückne komt von Zurückhaltung des Athems, wen man etwas eÿferig thut, dadurch auch der anfeuchtende feinere Speichelsaft, der imer im Mund ist, trock wird, und durch die einhauchung der Luft den ganz Hals austrocknet, weil man im Eyfer, so gar weniger schauft, und die nötige feine speichesfeuchtigkeit nicht be=fördert: so geschiehts beÿ der Nacht, da man, ohne es zu wissen, mit offnem Mund schlaft. ich würde es probier, und also gleich beÿm Aufsteh wasser in Mund nehm, und mich ausgurgeln, auch allenfals etliche Tropfen hinunter lass, und den speichlsaft in Bewegung zu bring, damit d Hals u Mund feucht werd. ist den beÿ eurem Kramer kein Gerstenschleimzuker zu bekom? – das bisch Coffé mit Gerst kan nichts schad; daß aber eine Choccolate, wie diese ist, hitz soll, – muß die ganze welt lach, – das versteh wir besser; da nichts dabeÿ ist, INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 als Caccao |: ein Specificum für die Brust :| zucker, und beÿ der wohlfeil Choccolate à 1 f 15 Xr kaum so viel Vanille als nothwendig ist der choccolate ein bisch geruch zu geb; wenig Vanille, weil mans, weg dem sehr penetrant Geruch, gleich riecht. übrigens ist die Vanille für d Mag gut. Gestern war in d opera Adelheide v Veltheim, es ist eine Art d Handlung wie die Entführung. die Musik ist für diesen Grätz mehr als gut genug, aber nicht Theatralisch, sond mehr Kirchenstÿl, – meist traurig, lange Musik, und man wirds 10 mahl hören ohne sich etwas davon merk zu kön, weil er imer mit den gedank hin und her springt, und man der Musik den Zwang des studiert durchaus ansieht, und sehr wenig natürlich fliest. die Finale, und was imer von 4 od 5 Person p: gesung wird sieht einem et Vit Venturi Sæculi, od cum Sancto Spiritu p: einer Messe gleich. Morg wirds wied gemacht. ich sehe es nicht mehr. Es war sehr voll, den es ist zimlich Spectaculos: 2 od 3 mahl mags wohl dessweg aushalt, aber mehr schwerlich. der Leopold ist, Gott Lob, im best wohlseÿn, nichts als braf pruntz, scheissen und speib. wen das sprichwort wahr ist, speibende Kind, bleibende Kind; so hats keine Gefahr, den er speibt all schleime, was d Mag nicht leidet, heraus, da er des tags 5, 6, 7 mahl mit lachendem Munde speibt und dabeÿ wohl ist. Nun addio die Menscher empf: sich, ich küsse euch u bin d alte ________________________________________________________\hfill Mozart DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881