Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart
Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family
Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
Salzburg
Austria
The Packard Humanities Institute
Los Altos
California, USA
Morgenstern
Anja
text encoding, text editing
Kelnreiter
Franz
technical supervisor, data modelling
Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
Wissenschaftliche Abteilung. Digitale Mozart-Edition
Ulrich Leisinger
Digitale Mozart-Edition
[https://dme.mozarteum.at]
2015-5
CC BY-NC-SA 4.0
https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=1479
A-Sm
A-Sm: Internationale Stiftung Mozarteum, Bibliotheca Mozartiana. Salzburg (AUT)
last file update: Wed May 11 14:48:19 2022
LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN
SALZBURG, 16. UND 17. DEZEMBER 1785
Der Leopoldl sieht einem Sauf=___________\hfill Salzb: d 16t Decemb:
bruder ähnlich!_____________________________________________________\hfill 1785
Vom orgelm: Schmid habe Antwort: er wird aufs neue
Jahr tracht hier zu seÿn, – beÿ den Orgeln im Dom nach=seh, – Holz, – Zün, – ArbeitZeug, was imer brauch=bares da ist, vom Egedacher kauff u übernehm, –
dan ein Orgelmachergesell hier lass, d beÿ Hofe Stimt, –
unterdess er wied nach Stühling geh, und alles, was er
nicht mit viel Spesen hieher zu schleppen braucht, dort
verkauff, alles in Ordnung bring, und dan mit seiner
Frau im Frühe jahr zurück kom. da er nun wenigst
bis über halb Jener hier bleib wird, so wird er auch wohl
in Stühling noch einige 6 woch zu bring müss, um alles,
sondheitl: den viel Werkzeug wied ohne Schad an Man
zu bring, u etwa, was er noch Arbeit hat, auszu=mach, – dazu scheint mir bemerkt zu hab, daß etwa
seine Frau unter dieser Zeit ins Kindbett kom wird.
Ich, fand diese Veranstaltung auch ganz gut, u
hab ihm schon geantwortet.
Nun ist gescheh, was ich meinem Sohn vorgesagt habe.
die Entführung ist bereits im Clavierauszug in Aug=spurg beÿm Buchhändler Stage heraus für 7 f u
weis nicht wie viel kreutzer. Es ist vom h: Canonicus
Stark fürs Clavier ausgezog, – und auch in Maÿnz
gestoch, u mit vielen Lobserhebung des berühmt
h: von Mozart in den augsp: Zeitung ausposaunt.
hat Torricella schon vieles daran gestoch; so hat er gross
Schad. – u dein Bruder hat die Zeit verlohr 2 act zu
schreib, die bis zum 3t fertig war.
Die Fr: Hofräthin v Hermes bath mich, nebst Empfehlung,
den h: Sohn zu erinern, – ob er auf die Boutellien in
d Glashütte vergess habe? Sie bittet darum.
DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM
INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881
Ich schrieb letzlich, daß der Leopoldl ein verschwornes Ohr hatte, nun kams
auch ans ande Ohr u endlich bekam er den so genannt Arch
im ganz Gesicht. er war, und ist aber imer Munter und
frisch, ob gleich viel Materie p: ausfliesst, und nun auch das
ding erstaunlich beissen muß. Man sagt, u es ist auch
ganz natürlich, daß, wens überstand ist, es sehr zur Ge=sundheit vorträglich ist, weil viel scharfe ungesunde Materie
aus dem Leib komt. – als der Amtman da war, schlief er.
dieser wird die ganze Lotterie Historie mitbring, nur das brettl, die
kugeln hineinzuleg habe vergess.
Der Both ist nun da, u brachte mir das Gämsrückl, dafür euch
danke, – weg den Dorn in die Schnall, werde schon iemand hinaus
schicken müssen, damit er sie draussen alsogleich fertig macht;
da kein Mensch kene, der so lange Ärme hat Dorn in Schnall
einzumach, die in St: Gilg sind. hätte ich noch Schnall, ich würde
sie ihm Schicken: so muß ihm schon iemand für den hl: Weinacht
Tag einige Lehnen; meine Vaccierende Schnall sind alle verschenkt.
Nun steh wir auch mit den Violin beÿ d Kirchenmusik sehr in d Noth.
den Wenzl Sadlo hat d Schlag getroff, und eine Seite ist ganz
lahm. Man hat eine kleine Hofnung, da er im Arm und fuss an=fangt Schmerz zu empfind. – Nun hat man zu den Kapell=knab Zuflucht genom. die 2 grössern Kapellknab müssen itzt
in der Kirche Violindienste thun; damit er ja den Preyman
nicht aufnehm, und gar kein Geld weiters ausgeb darf, weil
er nach dem Fasching, aus Reccomendation des Gr: Colloredo
in Venedig, von dort ein jung Violinspieler de touche bekomt,
dessen Vatter ein Franzos war. Niemand weis, was er kan:
er muß aber gewiß vortreflich seÿn, weil er ein Italiäner ist;
und noch obendrein sein Vatter ein Franzos war. Es ist in der
That eine artige Verwirrung, der ich mit lachendem Munde
zuschaue.
Aus deinem letzt Brief konnte abnehm, als köntest du glaub,
ich hätte euch des Marchands Brief dessweg geschickt, damit ihr
lesen möchtet, daß er mich nach Münch eingelad. allein ich schickte
DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM
INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881
den Brief nur weg der Zweÿbrückisch affaire u d Schrift der Bür=gerschaft. der Leopoldl ist ganz gut beÿ mir versorgt, wen
ich auch auf 12 od 14 täge nach Münch gienge, welches aber
weg dieser alt opera, die schon geseh habe, gewiß nicht geschieht; um
so weniger da mich nicht entschlüss konnte nach Passau zu geh, oder
auf einige Täge zu euch hinauszufahr.
Daß d h: Verwalter nicht einmahl abgestieg, u euch mit 2 Wort
das Vergnüg nicht gemacht hat, Nachricht vom
Leopoldl zu geb, ist – – ich weis nicht wie ichs tauff soll.
Genug! ich irre mich selt, was ich von den Mensch denke.
Er zeigte doch eine erstaunliche Freude, und schwätzte, Gott
weis, was er euch alles sag wollte, wie ihm das Kind gefiehl p:p:
Daß die grosse faule Bettschwester euer Köchin ein abscheulich
träges Mensch ist hat nicht nur d Both und alle die Weiber, die
hereinkom gesagt, sond auch der Amtman umständlich bekräftiget;
ja itzt hatte auch schon aus dem Ursulinerkloster selbst Nachricht,
daß sie ohnaussprechlich faul war, und sie aus dieser Ursach schwerlich
zum Profession mach gekom wäre: selbst d Dr: Barisani sagte in
meiner Gegenwart zu ihr, daß ihr das Arbeit u Bewegung zu
ihrem Zustand, der nur von zurückgehaltner monatl: Zeit herkomt,
sehr gesund seÿe. kurz! ich habe in meinem Leb so viellerleÿ Mensch
gekannt, aber allzeit ohntrüglich wahr gefund, daß die Bett=schwestereÿ das unfehlbare Zeich vieler moralischer fehler ist,
die solche abscheuliche, bosshafte Mensch, durch die Scheinheiligkeit
verdecken woll. – Schicket sie nur fort, – sie mag in Tyroll beÿ
ihren Eltern ihre Bequemlichkeit pfleg; – od Bauernarbeit ver=richt. – weist du wohl was gemeiniglich solcher Bettschwestern
Ende ist? – – am Ende beicht sie so lange, bis sie mit einem
verschlagen witzig Pfaff dadurch in genauere Bekanntschaft
kom, u ein PfaffHuer werd. Ich kan mit Beyspiel und
Beweisen aufwarten.
Herr Hutterer soll nun bald herunter kom und wied wie
vor advocat seÿn: so sagt man. In d Erlanger Zeitung
war zu lesen, – h: CapitlSyndic v Dobrowa hat sich im
Examine so standhaft verantwortet, daß er seines arrests
entlassen word, auch wird d in Verwahr sitzende Advocat von
DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM
INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881
S:r Hochf: gd gnädig u mit Nachsicht behandelt werd: dan wirds
aber auf die Grössern losgeh, die sich in die affaire d Bauern
gemengt haben p: – jedman begreifts, daß es dem
Erlanger Zeitungsschreiber zum Einsetz zugeschickt word.
h: Beransky u Eberlin Waberl ersucht mich um St: Gilger-Würst zu schreib, habe also die Gütte 6 zu kauff, so
bald sie zu hab sind, – sie werd mir auch das BothLohn
bezahlen, du darfst also auch den Both nicht bezahlen,
den sie bath mich nur dem Both die Comission zu geb solche
zu kauff, – ich denke aber, der Both möchte es vergessen.
den 17t Morgens.
Der Leopoldl ist ganz munter beÿ seinem raudig Gesicht.
schläft u isst gut. Gestern habe 3 ziech vom grob
Leinwand stuck abschneid lass, und Haberpfleibn gekauft,
um unterleg polster zu mach, damit der Urin die better
nicht so verdirbt.
So bald den Salzstock habe, werde Nachricht geb.
Das Semftvässl brauche nicht, – ich hab ein doppeltes vom
Gaymaÿr. Ich sagte es ja, daß mans in Monsee bekom
muß, – alle Würthe bring solche, od bekom es.
Nun küsse den h: Sohn u dich von Herz, grüsse die Kinder, u
bin ewig euer redlicher Vatter Mozart mp
Die Taxordnung habe vom h: Schirkhofer zum Present be=kom, u schon vorhero die offenbar Lügen in der
Vorrede aus den Zeitung gelesen.
Die Nandl u Tresel empfehl sich.
DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM
INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881