Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN SALZBURG, 18. BIS 22. APRIL 1786
___________________________________________________________________________\hfill Salzb: d 18t aprill Der Leopoldl ist wohl auf!______________________________________________________\hfill 1786 Fange heut den 18t diesen Brief schon an, weil ich erstaunlich lange weile habe, da schon gestern am Ostermontag, und heut, nicht einmahl in die Kirche geh konnte. Ich hab ein starken Fluss an d link Seite des Halses, daß den Kopf nicht ohne Schmerz beweg kan: und morg möchte ich doch, daß es besser wäre, weil im Cassin die M:dme Duscheck eine Aria sing wird. Am Ostersontag war ich mit dem Heinrich beÿ den Duschek: im Weiser Hof, auch Vormittag beÿ ihn: sie fragt gleich anfangs um dich; und, weil das Wetter so schön ist, so wäre ich bald auf den Einfahl gerath, ihr würdet herein kom. sie empfehl sich euch. – der neue Geiger ist am Charfreytag angekom, hat aber noch keine Noten Solo gespielt; und so viel merke, werd wir auch schwerlich so bald ein Concert von ihm zu hör bekom; etwa ein Quartetto, das mag seÿn, den die wälsch sag: der arme Mensch, – er ist ein prafer Professore, das muß man ihm lass, und ist gut die 2te Violin zu dirigier: allein auf Concertspiel hat er sich nicht verlegt. Er kan allenfals ein Trio od Quartetto sauber spiel, und überdaß ist er forchtsam. Nun ist es ihm auch nicht zu verübl, daß er furchtsam ist, den er ist ja erst 30 Jahr alt. Der Erzb: ist also wied einmahl wacker angeschmiert und zwar mit einer Besoldung pr. 500 f und 40 duggatt hin u her Reisegeld also 700 f. proficiat! – – überdas ist d Mensch nicht hüpsch. er ist von mitterer Person, hat ein bleiches etwas aufgeblasenes Gesicht, und doch dabeÿ gewis Beinichte Stücke, wie ein Pferdkopf, hängt den Kopf vorwärts, u keÿhet Taback, wie die Ziller=thaler baur; so sag die wälsch. Ich bedaure d Mensch, übrigens DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 ists eine welsche Verwegenheit etwas zu unternehm, was man nicht im Stande ist. Wir hab ein Oberstkämerer: und wer ists?, der alte Hof=Marchall gr: Lodron, von heut bis morg. weils der h: Gr: Wolkenstein auch nicht annahm. Der seel: Bischof in Chiemsee hat im Testament verlangt in die Kruft zum Wolfdietrich begrab zu werd – als ein verfolgter domdechant, zum verfolgt Erzbischof. welches auch befolgt word. – Nun hab die Leute die Lüge eingeseh, die imer sich unterhielt, als sitze Wolfdietrich in einem sessel ohnverwesen. jed, der hinabsteig durffte, sahe ihn nach abgehoben deckl, d nicht zu genaglet war, in d halb Ver=wesung lieg obs gleich schon beÿ 160 Jahr seÿn wird, daß er begrab word. Es sind gewis über 150 Person nach u nach unten gewesen. ___den 21t April. Am Mittwoch war wied so viel gut, daß ich, um den Hals wohl eingepackt, auf dem Rathhaus der Musik beywohn konnte. da war nun auch der h: Prälat zu St: Peter gegenwärtig, der den h: P: Rector in seinem Wag mit sich brachte. die Professores war ohnehin auch da, und d DomStattCaplan, – so gar die alte Fr: Hagenauerin die noch niemals den Saal geseh hatte, war samt ihm und den ihrig da. Md:me Duscheck sang, wie? – – ich kan mir nicht helfen! sie schrÿe, od schrie ganz erstaunlich eine Aria vom Nauman mit übertrübner expressions kraft, so, wie damals, u noch ärger. – – Lieber Himel! mit so viel and Singfehlern, daß es mir für ihre starke Stime sehr Leid thut solche nicht besser brauch zu kön: allein wer ist die Ursache? – – ihr Man. der es nicht besser versteht, und DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 sie gelehrt hat, noch lehrt u ihr Beybringt, daß sie allein den wahr Gusto habe. Übrigens ist sie wirkl: nicht mehr so freÿ und Singerinmässig: hat nichts weniger als beÿ Hofe gesung, – der Erzb: hat kein Wort mit ihr auf dem Cassin gesproch. kurz! sie hat nur, wie ich mirs schon eingebildet dem Magistrat zu gefahl, auf des h: Weisers Ansuch, gesung, weil sie doch auch ein Stückl von einem exburgermeister, u Rathsherr Geblüth ist. Sie werd in 2 od 3 täg abreis. In wie viel die Erb=schaft bestand, weis Niemand, das sagt mir h: u Fr: Hagenauerin selbst, die es doch selbst gerne gewust hätt. Gestern war nach Testament: Verlang d Gottes=dienst, statt im Dom, beÿ St: Sebastian, mit allen Umständ, wie im Dom. 3 verscheirte Haupt=klagerin war. Gräfin Khünburg, ihre Tochter, u Gräfin Lizow. die 6 Cavaglieri Serventi war die 2 Rheling. Jos: Überacker. d kleine B: Dicker. Oberstküchenmeister Arco, u B: Schafman. die 3 Hauptkläger. h: Domdechant, Graf Khunburg Oberststall: u gr: Wolfegg. Fürst Breiner hielt das Requiem. die 4 Prelat war, d von St: Peter, von St. Zeno, von Chiemse u Höglwerth. 2 Soldat beÿ d Kirchthüre, 4 Soldat Beÿm Kürchgätter. 2 beÿm Brudhauß Durchgang p: p: überall Wache. d Zulauff des Volks war ausserordentlich. Es wurde aber nur in d Domkürche geleitet, so, DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 als wäre d Gottesdienst im Dom, – das Libera war in d gabrielsCapell beÿm Grab. heut war d ordinari Gottesdienst vom Capitl, im Dom. d Both hat alles richtig gebracht. ich danke. d Leopoldl ist itzt in all Zimern zu Hause. er würde auch schon ausgeflog seÿn, wen wir nicht beÿ diesen so schön Wetter imer so erstaunlich scharf u stark Wind hätt. Die Hubernanerl würde gewiß hinausgekom seÿn, wen man ihr von Platzisch nicht imer mit Arbeit über dem Hals gesess wäre. Nun ist die Gräfin ums Kind gekom, und wird in die Gastein reisen, also lässt sich die Nanerl nichts mehr aufhalt vielleicht komende Woch, nachdem die Witterung ist od mit dem Both, wens sies thun kan, od sonst hinauszukom. ich werde schon seh, wie ichs mach werde. Auch die Hubernanerl möchte ein Strohut hab; allein die Mäner, so sie bring, sind noch nicht da; kom aber itzt bald. dan schicke gleich 2 hinaus. Wir erwart alle täge die Gräfin Perg, gräfin Clari p: p: von Wien, die eine Comtesse Thun nach den Nieder=land führ. alsdan darf Ceccarelli erst abreisen. Ein Castrat Sgr Coppola, d hierdurch nach Dressden reiset, ist seit dem Charfreytag hier, geht morg ab, ist mit dem Geiger Detouche kom; d Erzb: ließ nicht Sing! mit dem detouche siehts traurig aus. Nun hoffe daß ihr doch im künftig Monat einmahl hereinkom werdet, da die schönere Zeit komt, das Wetter auch gegen Pfingst hin angenehm seyn wird; es ist freilich itzt schon lang schön Wetter, aber wir hab scharfen Wind, u der erhält das Wetter, man wünscht itzt Reg. Ich küsse euch von Herz, grüsse die Kinder u bin d alte_____________\hfill Mzt mp _____________________________________________________________________\hfill d 22t Aprill DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Es sind nicht 3, sond 4 weiserische Erb, die Freul: Tochter der Baronesse N: N: weiser Nanerl ist ja imer hier beÿ den Mehoferisch und wird hier erzog, seit dem Tod ihrer Mutter. dan hat er auch Codicill, über Codicill, ohne Ende gemacht, so daß seine Testamentsacten ein grosser Pack von disposition ist, daß man kaum daraus klug werd konnte. Es ist alles ganz still mit einand abgethan word. der Man wurde vor Älter nach und nach im Gedächtniß verlohr pp: Die Nandl u Tresel küssen euch die Hände, ich lasse die Lenerl grüss. der Heinrich empfehlt sich, wünscht imer daß er euch bald hier seh möchte. Viel Büsserl vom Leopoldl, den man kaum auf den Arm erhalt kan, weil er alles in d Zimern in d Geschwindigkeit den Augenblick seh will, was ihm auffällt; und er hört alles was sich rührt__________________________ und bewegt, das allergeringste,__________________ wo er dan augen=blicklich darnach_____________________ schaut. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 A Madame Madame de Sonenbourg à St: Gilgen DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881