Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart
Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family
Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
Salzburg
Austria
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Los Altos
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Morgenstern
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Kelnreiter
Franz
technical supervisor, data modelling
Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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Ulrich Leisinger
Digitale Mozart-Edition
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN
SALZBURG, 28. APRIL 1786
Der Leopoldl befindet sich gesund__________7______\hfill Salzb d 28t April
und Wohl!_________________________________________________________________________\hfill 1786.
Letzlich vergass zu schreib, daß h: Reitter zur Landausmessung
mit noch and abgereiset ist, die im Carntnerisch mit Öster: u
Salzb: vorgenom wird. ied, wie höre, hat des tags 2 f. –
Der Orgelmacher, der vor 10 tag abgereist ist, wird nun
schon ein paar tage zu hause seÿn.
Ich glaubte heute vieles schreib zu kön: allein es kam ein fremd
zu mir, näml: h: Caravoglia ein Fagotist, d in königl: Neapo=litanisch dienst ist; vorm jahr mich in Wien antraf, und wir
ein and schon ao 1770 in Neapl kannt. dieser war schon einige
jahre auf Reisen, in Engelland, Holland, u Russland. itzt geht
er nach Neapel zurük. Er hat sein aign gross Wag, seine
Frau, eine Sängerin, seiner Frau Brud, ein 3 Jahriges kind,
u ein Bedient beÿ sich. Izt komt er von Regenspurg, hat
2 Brief an den Erzbischof, ein an die Wallis, u ein
an die Lizow, auch ein an h: domdechant. da am Sontag
der neue kaÿserl: Bischof zu Loiben Gr. Engl vom Erzb:
im dom geweÿht wird, so ist Hofnung, daß d Erzb: den
h: Caravoglia u seine Frau hör wird.
Über das habe vom h: Marchand Nachricht, daß h: Ram mit
dem jung Canabich den 2t od 3t Maÿ in Salzb: eintreff
werde; erhielt auch schon ein Brief an den Ram vom Canabichisch
Hause, der ihm die Nachricht geb wird, daß h: Canabich, Md:me
Canabich u die Rosel Mdme Schulz nach Salzb: kom werd, um
h: Ram u den jung Cannb: abzuhohl u Salzb zu seh. –
Abermahl eine verlegenheit für den Erzb: – weil er beÿ
d durchreise des Rams sag ließ, er würde den jung Canabich
beÿ seiner Rückreise hör.
der neue Geiger Latouche hat verflossn Sontag endlich sich
hör lass: Er spielte ein so leichtes Concert, daß es h: Preÿ=man prima Vista eb so schön u unge- zwungner gespielt hätte.
Es war halt so, als wen ein Schüler seine Lecktion, das erste
mahl mit Zittern daher sagte. er hat erst 30 jahre, und wen
er noch 20 Jahre exerciert, so wird er wohl das Courage be=kom, welches ihm nach der welsch ihrer Meinung einzig und
allein noch fehlt, u mit d Hilf des lieb Gott im 50t Jahre
ein verwegener kecker Violinspieler werd. zur Direction
der 2t Violin hat er weniger Geist als h: Pintzer.
basta! so muß es geh!
Der Both bringt eb die Schachtl, ich danke dafür: – er hat auch
letzlich alles richtig gebracht. Wir hatt seit einig tägen
imer Hofnung ein donerwetter u stark Reg zu seh;
es hatte imer das Anseh; allein der Wind jagte es imer
wied weiter und es blieb schön, bis gestern d 27t nachmittag,
da endlich ein starker diese ganze Nacht anhaltend Reg
kam; der aber heute schon wied aussetzt. Unterdess
wird alles sichtbar grün, und erhollt sich baum und felder.
Hier ist Lerm mit den Fleischhackern. Schon auf Ostern
musste das Fleisch um 6 Xr zahl. Die kerzen kost
itzt 14 Xr. der Butter 15 Xr, das Schmalz von 18 bis
20 Xr. Lungen u dgleich sach werd ums doppelte Geld
eingeschrieb p p:
Die Erbschaft d M:dme Duscheck muß sehr klein ausgefall
seÿn; da ich weis, daß d alte sehr unvorsichtig sein
Geld ausgelieh, u an einem Ort 9000 f verlor, wo
er 7 od 8 pr Cento gezog. das war dum! derjenige,
d zu hohe per cento zahlt ist offenbar ein schlechter
Schuldner.
Heute d 28t gehet deines Bruders opera, Le Nozze di Figaro,
das erste mahl in Scena. Es wird viel seÿn, wen er
reussiert, den ich weis, daß er erstaunliche starke Cabalen
wider sich hat. Salieri mit seinem ganz Anhang wird wied
Himel u Erden wied in Bewegung zu bring sich alle
Mühe geb. h: und M:dme Duscheck sagt mir es schon,
daß dein Bruder eben dessweg so sehr viele Cabalen
gegen sich habe, weil er weg seinem besond Talent und
Geschicklichkeit in so grossem Anseh stehe.
M:r u M:dme Duscheck, die am Dienstag abgereist
sind, empfehl sich und hätt sehr gewünscht dich zu seh.
Die Gredl hat am Ostermontag das erste mahl als
Hofsängerin in der Hofaccademie u das zweÿte
Beÿm Georgi Ritterfest d 26t alda gesung, und den
grösst Beyfahl erhalt. alle Marchandisch empfehl
sich euch beyd. Sie werd wohl im hochsomer, od
wen sichs thun läst, nach Salzb: kom.
Mit dem schmuck hat h: Marchand noch nichts mach
könn. – ein jude, der ihn sahe, both ihm 850 f
darauf NB ohne Nadl. Er wollte mir ihn durch Md:me
Canabich zurückschick, – ich bath ihn aber, solch noch
zu behalt, bis er selbst nach Salzb: reiset: vielleicht
könnte sich doch in Münch etwas ergeb.
Die Silberne Coffée kane ist zu schwer im Gewicht,
sonst würde sie schon verkauft seÿn. Ich gab itzt
dem Pfeningschreiber die ganze Specifications Ab=schrift, weil dort am ehest Nachfrage geschieht.
überhaupts sind die gut u schön Stücke schwer\newpage im Gewichte: ich
hoffe doch, daß nach u nach etwas abgeh wird. Man will halt itzt
nicht recht daran, jed der nicht muß, hält zurück.
Morg ist die Confirmation des Bischofs um 10 uhr im Kaysersaal.
Caravoglia u seine Frau kom nicht zum Gehör. der Erzbischof hatte
keine Entschuldigung erdenk kön u sagte, es wäre zu warm im
Zimer, es würd zu viel Leute kom, er möchte eine Accademie
auf dem Rathause geb. – das wird er aber schwerlich thun.
Die 2 Strohütte kostet jed 38 Xr folglich zusam 1 f 16 Xr. alles,
alles ist theurer, da hilft nichts dafür, das wird euch die Huber=nanerl sagen. – Nun gute Nacht, ich gehe schlaff, küsse euch beÿde
von Herzen, grüsse die Kinder u bin euer redlicher Vatter
_________________________________________________________________________\hfill Mozart mp