Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN SALZBURG, 28. UND 29. JULI 1786
Der Leopoldl ist, gottlob, gesund!______________\hfill Salzb: d 28t Julÿ ________________________________________________________________________________________[1786] Eben war, da ich mich ankleidete, die Glasträgerin auf eine Erscheinung da, indem sie in einer halb Stund wied fortgeht. Sie erzehlte mir die euch abermals betroffene traurige Über=schwemung. Ich hatte ihr nichts zu geb, – auch in dem Augenblik nicht Zeit dazu. Auch hier stand man in nicht geringer Be=sorgniß weg neuer Überschwemung und machte aller Orten, sonderheitl: auf der Brügge die möglichst Gegenanstalt, die man auf Schiff unter d Brügge schon, so bald das Wasser etwas fiel, ohnausgesetzt vornahm. Seit d Zeit, daß ich wied hier bin, hab wir vortreffliches Fleisch von Hungar: Oxen; – gestern sind wieder 54 St: unter die Mezger vertheilt word, die darüber sehr unzufried sind, aber das Herz nicht hab, ein Wort darüber zu sag; nur ihre Weiber nehm sich die Freÿheit mit halb Wort darüber zu murmeln. Die Fr: Azwangerin ist bereits begrab. auch der so ge=nannt Hofman Bellerl Mutter. Gr: Hieronimus Londron hat vor ein paar Täg mit einer Gräfin von Rosenberg sich auf einem Rosenberg: Gut in Steÿrmark wirkl: vermehlt Das gewöhnl: 40 stündige Gebett zu St: Peter hat d h: Prelat selbst am Jacobi Tag, als Prediger, eröfnet. da ich ihn niemals gehört hatte, so gieng hinein, und war wirkl: ungemein zufried, da er eine recht gute und in allem Be=tracht nützliche, iederman begreifliche Predig mit dem beßten Anstand, Gelassenheit und so klar, laut, deutlich Aussprache hielt, daß man auch zu hinterst beÿ d Thüre nicht ein Wort verlohr. Alles war hier über die Bauern um die Statt sehr böse. das Getraid stand in Hiflern stroh trocken da, – und am Jacobi Tag, wo sie, wenigst nach dem Gottesdienst, vieles hätt Nachmitag hätt einbringn, rührte sich keine Seele, sie gieng DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 in die Statt und setzt sich nach d kürche ins Wirtshauß, um abends besoff nach Hause zu kehr, die einzig Bruderhäusler haben, theils mit Pferd, theils mit Händ ihr Zehend nach=mitag eingebracht, indem knechte und fexen ein Wagen zoh p: ich sahe es mit Aug. am Jacobi tag nachts um 10 uhr fing es zu regnen an, und kam solche RegenGüsse die ganze Nacht, u am Anatag, u so abwechselnd bis gestern abends, daß imer ein ganzer Fluß auf den Strass war. Einige Bauern gieng die zweÿ abgebracht Feyertäge wohlfart spaziern; vermutlich um Reg zu bitt, den sie auch bis auf die Haut erhielt. Nun wünsche dir alles erdenkliches gutes und für Seel und Leib erspriesliches zu deinem Geburtstage. Unsere Wünsche sind gut, du kenst mich, solche zu erfüllen stehet allein beÿ dem lieben Gott, den wir darum bitten müssen. Wen ich mir recht lang noch zu leben wünsche, so geschieht es nicht weg mein, sond weg meiner Kind u Kindskinder. Ich habe Wahrheit und Verblendung einzuseh gelernt, und die Erfahrung durch unzälige Beÿspiele überzeugte mich, daß man nicht genug für die Erziehung der Jugend sorg kan, an der das ganze zeitliche und ewige Wohl ohnwidersprechlich liegt, die wir vor Gott verantwort müssen. Gott erhalte dich! Der Both hat den 3t Theil gebracht und die Brief. Der Gatti ist schon hier. weg dem schwarz Hütel werde gleich nachfrag, und beÿ der Hubernanerl alles besorg und nächstes schicken. Die Gratulation nach Münch habe in eurem Nam ohne hin geschrieb. auch schrieb mir h: Marchand an euch eb auch die Glückwünsche zurük. Er schreibt auch, daß er Ende Augusts od Anfang Septembers mich in Salzb: zu besuch gedenke. DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Daß du abermahl das monatl: unordentlich u wenig hast ist mir gar nicht lieb. allein wie kan es anders seÿn, wen man die vorgeschriebn Mittl nicht ordentlich braucht? – – nach dem wenig Baden kam es, obgleich nicht stark, doch ordentlich. Nun war freylich keine Witterung zum baden: itzt aber wird doch, mit d Hilf Gottes, eine bessere Witterung noch kom. Man muß also gleich gebrauch davon mach und täglich, die Sontäge und gebottene Feyertäge ausgenom, fleisig bad. ich werde dir kräuter schick. da du nach dem Baden ins Bette liegen must, wie es d Doctor verordnet, so ist es höchst lächerlich, od vielmehr schädlich und unverantwortlich vom Bette in die Luft hinaus und in die Kirche hinauf zu laufen, und noch obendrein manchmahl beÿ offner Kirchenthüre im Luftzug zu bleiben. der Mensch muß seine Gesundheit vor Gott verantwort, sonderheitlich wen ich eine Mutter bin! das tägliche Messhör ist eine sehr löbliche Andacht, aber nicht einmahl von d Kirche, noch weniger von Gott gebotten. Ist es etwa hinach besser gethan, wen man seine Gesundheit verwar=loset und so krank wird, daß man auch an Sontag und Feÿrtagen keine Messe hör kan? – – euere Bauernlimel werd sich nicht ärgern: den wen man in St: Gilgen ein Crepitum Ventris fahr lässt; so riecht ihn das ganze dorf samt all deputierten. jederman wird wissen, daß die Frau Pflegerin ein Bad brauch muß, und es wird nicht nötig seyn, daß d h: Doctor dem h: Vicario ein Verkindzettl hinausschickt um solch von der Kanzl abzulesen, od an die \newpage Kürchenthürn anzuschlagen. Ich hab es mit Verdruß von den Schreibern, von den Mägden und der Amtmanin gehört, daß du in die Kirche gelauff; ich gieb dirs auf dein Gewiss! Wan gedenkt ihr nach Gmunten zu reisen? – – d 29t frühe. ich bin sehr böse, d both ist schon um 7 uhr da. Hier ist die Uhr, eine Kette für h: Pertl. 2 Portrait. Das schachterl must DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 langsam die Sach heraus nehm, daß nichts zerbricht. küsse euch von Herz, grüsse die Kind u bin in ___________________________________________________\hfill Eÿl d alte Vatter ______________________________________________________________\hfill Mozart mp DOM=MUSICK=VEREINU.MOZARTEUM INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881