Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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JOHANN HEINRICH FEUERSTEIN AN ANTON JÄHNDL IN SALZBURG STEDTEN AN DER ILM, 23. JANUAR 1827
_____________________________________________________________________\hfill Stedten bei Weimar, d 23 Januar __________________________________________________________________________________________________________\hfill 1827. ___Hochwohlgeborener, Hochgeehrtester Herr Chordirector! _____Zuvörderst quittire ich Ihnen den richtigen Empfang der unterm 25/12. v. J. mir zugesendeten Cataloge u den M. Haÿdn’schen Messe u sage Ihnen dabei für Ihre große Güte u Gefälligkeit meinen allerschönsten u verbindlichsten Dank. Wegen etwas verspäteter Besorgung der genanten Cataloge sind Sie schon an sich ent=schuldigt, weil ich weiß, wie Sie vollauf Geschäfte haben u wie Sie diese sehr pünctlich u genau fertigten, was mehr Mühe macht, als man sieht, ich weiß ja recht gut, wie so etwas imer umständlich ist, u Ihre Sorgfältigkeit beweist ja, da Sie mir 2 mehr als das Verzeichniß des Fürsten Esterhazý enthält, ausführten. Genug davon. _____Wegen Ihren Arbeiten an Mozarts Biographie sind Sie zu beneiden, nur gar zu gern möchte ich schon um des Ruhmes dieses lieben Mannes willen mit helfen. _____Ihre Bemerkungen zu den Katalogen sind mir sehr willkomen u haben mich damit sehr verbunden, zumal mir Einiges noch gar nicht bekannt war, und ich möchte doch in dieser Beziehung Alles kennen! – _____Recht brav und waker von Ihnen, daß Sie die in Händen habenden Kirchensÿmphonien Mo=zarts bisher vor ihrem Untergange schützten, für mich aber um so wichtiger, weil ich von diesen noch gar nichts wußte. Sie setzen so großmüthig hinzu, daß Sie mir einige von diesen Stücken als theure Reliquien überlassen wollen, wenn ich sie wünsche. Sie sind ein gar zu lieber Mann u schon aus diesem Ihrem ersten Briefe erkene ich Sie recht gut, u sehe ein wie Sie zugleich mit mir den unsterblichen Meister, sowohl Mich. Haÿdn als auch Mozart recht ehren, auch nach uns wird es Verehrer dieser Musen geben, u daher ergreife ich die Gelegenheit u mache von Ihrem gütigen Anerbieten Gebrauch, indem ich Sie bitte, mir von den Mozartschen theuren Stücken einige zu senden, so viel Sie nur entbehren wollen u können, bei mir sind sie gewiß sehr gut aufgehoben u auch ohne sonst noch was zuzusetzen, werden Sie mir zutrauen, daß ich sorgen werde damit auf keine Weise ein Mißbrauch damit entstehe. Wenns gleich nur Jugendarbeiten Mozarts sind, mir ist alles theuer u willkomen, was von ihm gearbeitet ist, um so mehr, als ich schon lange den sich nach u nach entwikelnden Stufengang des Mozartschen Genies aufzusuchen u zu ent=wickeln mich bemühe, wobei mir allerdings auch selbst die frühsten Producte von ihm sehr nütz=lich sind u worüber ich Ihnen ein andermal, wo es Sie interessirt, speziell schreiben will, vielleicht daß Sie mir über Manches Aufschluß geben können. Von Ihrer Güte deshalb bin ich schon überzeugt. Geben Sie gefälligst die mir ablassenden Stücke der Frau Etatsräthin Nissen u lassen Sie Sich auch den Betrag dafür auszahlen, wie ich Sie ge=beten habe u was Sie um der Kürze willen gern thut, so wie Sie mir auch das von M. Haÿdn eigenhändig geschriebne Graduale in Stimen dabei legen werden, was Sie mir gütigst offerieren u worum ich Sie bitte. Die letzte Zahlung haben Sie von Fr. ERäthin Nissen erhalten, u wenns Ihnen so genehm ist, treiben wir unser Geschäftchen imer auf diese Weise fort, sonst kann ich Sie auch durch Wechsel an ein gutes Hauß in Salzburg befriedigen. _____Sie machten es ganz recht daß Sie mir die gedrukten Mozartschen Sachen nicht im Cataloge anzeigten, denn diese besitze ich alle schon, so wie ich auch außerdem noch eine ziemliche Quantität in Abschriften habe, wobei ich mich aber oft nach der Ächtheit frage. Die mir von Ihnen angezeigten gedrukten catalog. Werke, so wie mehrere viele andre, be=sitze ich selbst, danke daher für Ihre Güte. Sehr dankenswerth ist Ihre Bemerkung mir wegen der 2 kleinen Messen Mozarts, die bey Falter in München erschienen u mir sehr lieb, daß ich von Ihnen nun auch den Verfasser derselben weiß. Fallen Ihnen ähnliche Notizen bei, so unterlassen Sie ja nicht, sie mir mitzutheilen u Ihre Worte sind mir gute Bürgen. Wegen fortgesetzten Verzeichnisse pp. von Zulehner in M. weiß ich auch schon mehrere Zweifel, ich ließ mir nemlich schon Vieles von ihm in Ab=schriften komen, u fand bei mehreren, daß man aus verschiednen Mozartschen Messen heraus nimt, Text unterlegt u so neue Cantaten bildet, die nun mancher für eigen=thümliche Arbeit Ms hält, durch meine Samlung aber bin ich schon vielfach überzeugt worden. – Wissen Sie etwa, wie es um die Ächtheit der bei Breitkopf u Härtel in Leipzig in Abschriften zu habenden Mozartschen Kirchenmusiken steht u wollen mir was davon sagen? — Ich glaube denn doch, daß die Missa in G # bei Simrock, wenn auch Jugendarbeit, doch Mozartisch ist, ich besitze sie auch, lasse mich aber noch belehren. Mich freuts recht herzlich, daß Sie die Lesefrüchte auch recht bald in Salz=burg haben, nicht imer ist es der Fall im Buchhandel, wie ich oft erfahren muß. Daß nach Ihrer Angabe unter Luigi Gatti manches Mozartsche in Salzburg vorhanden ist, ist mir sehr glaubhaft, wird wohl anderwärts auch leicht vorkomen, nur schade, daß man hernach davon gar nichts weiß, u so kann es doch leicht geschehen, daß manches Gute untergeht, u mehrere Bekante haben mir von Mozarts eigener Leichtigkeit viel gesagt. – Ganz charmant, daß Sie mir die Numern der M. Haÿdnschen Kirchencompositionen nach ihrem ästhetischen Werthe angegeben haben, nun sagen Sie auch gefälligst, ob ich durch Sie Abschriften davon erhalten kann u ungefehr um welchen Preiß. Sie wissen schon warum man so frägt, wenn ich nur bei Ihnen wäre, ich möchte so gern Alles:| Auch von den andern Mozartschen frühen Sÿmphonien, die Sie besitzen u die Sie mir nicht alle geben können, kann ich wohl auch Abschriften erhalten? Besitzen Sie sie alle oder wohl mehrere liegen auch wo anders aufbewahrt? – Später, wo ich Ihnen meine Bestellungen anzuvertrauen mir die Freiheit nehmen werde, will ich Ihnen auch angeben, wie Sie mir die Abschriften zukomen lassen können. Der Postwagen ist imer das früheste u schnellste, aber zur Zeit der Leipziger Messe erweisen die Buchhändler sich unter einander u auch andern ehrlichen Leuten gern solche Gefälligkeiten um eine mäsige Vergütung, kömt aber etwas später an. – Ich muß Sie recht sehr bitten meine Dreistigkeit nicht zu hoch anzuschlagen, ich weiß nicht, wie ich Ihre Güte vergelten soll, wo Ihnen was vorkömt, geben Sie mir Ihre Wünsche nur zu erkenen u sind Sie imer der Gegengefälligkeiten von mir versichert. – Können Sie mir nicht einige Zeilen Noten von Mozarts Vater (Leopold Mozart) verschaffen, um von ihm ein Andenken in meiner Samlung zu haben? – Wissen Sie etwas eigenhändig Geschriebnes von Joseph Haÿdn mir zu verschaffen? – Ich weiß, wie ich Sie gewiß nicht vergeblich bitte, vielleicht hinterließ M. Haÿdn manchen Brief seines Bruders, wer mag seinen Nachlaß erhalten haben? H. Hafner in Salzburg war sein guter Freund, der Mann, wen er kann, ist sicher so gütig. Jede erforderliche Ausgabe um dieseswillen rechnen Sie mir aber nur imer an, sonst müßte ich ja von allen abstehen. – Die biographische Skizze von M. Haÿdn besitze ich zwar schon durch die Güte des seeligen Nissen, aber ich bitte Sie mir bei der nächsten Sendung noch 1 Exempl. für einen lieben Musikfreund beizulegen. — | Capellmeister Humel in Weimar besitzt eine Originalkirchenmusik, von M. Haÿdn, am Ende ist es eines der in Salzburg fehlenden Gradua-lien, will mir sie nächstens einmal zeigen lassen. | Da Sie von Mich. Haÿdn kein Ori-ginal in partitur haben, so genügt mir auch das in Stimen geschriebne Graduale, was Sie mir offerirten, u um welches ich Sie schon zuvor bat. | Mit der Chiemensee Messe von M. Haÿdn haben Sie mir eine sehr große Freude gemacht, u ich freue mich schon im Voraus auf die nächste reichliche u gütige Sendung. _____Da ich nun für heute Ihnen genug aufgetragen zu haben glaube, will ich schließen. Nehmen Sie zu dem Ende die Versichrung meiner dankbarsten Hochachtung und Ergebenheit, womit ich die Ehre habe zu sein ______________________________________________________________________\hfill Dero _________________________________________________________________________________\hfill gehorsamster Diener _______________________________________________________________________________________\hfill D. Feuerstein. Sr. Hochwohlgeboren dem Herrn Chordirecktor Anton Jähndl. _____________in d. Güte.__________Salzburg.