Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
Salzburg Austria
The Packard Humanities Institute
Los Altos California, USA
Morgenstern Anja text encoding, text editing Kelnreiter Franz technical supervisor, data modelling Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg Wissenschaftliche Abteilung. Digitale Mozart-Edition Ulrich Leisinger Digitale Mozart-Edition https://dme.mozarteum.at
2009-08-20 CC BY-NC-SA 4.0 https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=360 A-Sm A-Sm: Internationale Stiftung Mozarteum, Bibliotheca Mozartiana. Salzburg (AUT) last file update: Wed May 11 14:48:25 2022
SALOMON HERMANN MOSENTHAL, GEDICHT „MOZART” FÜR DIE MOZART-SOIRÉE DES HERRN HASLINGER WIEN, NACH 1842
_________________________Mozart Gedichtet für die Mozart=Soire des Herrn Haslinger ______________________von Mosenthal. Es war am längsten Tag. In weiter Ferne Zerfloß die Nacht in lichte Wolken schon. Da samelten sich all die goldnen Sterne Im Himel vor des ew’gen Vaters=Thron. So standen sie gereiht im weitem Kreise Und feÿerten den Herrn mit Jubelschall Er trat hinzu und küßte jeden leise Und neues Leben strömte durch das All. Da trat ein Stern hervor vor allen andern Im Auge einer Thräne Silberschein. „O Vater! laß mich hin zur Erde wandern Laß mich einmal ein Mensch mit Menschen sein. „Sie rühren mich! sie sind so reich an Leiden Und so genügsam mit dem kargen Glük Ich möchte Ihnen einen Trost bereiten: O laß mich ziehen, ich kehre bald zurük.” Es sei gewährt! versetzt der Herr der Erden, Zieh hin mein Stern, und werde Mensch wie sie! Willst Du ein Trost den Staubgebornen werden So lehre sie die heil’ge Harmonie! INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881 Wie liebend Stern sich hier um Sterne dreht Wie nicht der Mond die schönre Sonne haßt Wie nur ein Wohllaut durch die Sphären wehet Wie liebend ein Accord die Welt umfaßt. Zieh hin mein Stern! und heile und versöhne Durch deine Töne jener Erde Pein Du bist der Auserwählte meiner Söhne Drum soll dein Name – Amadeus sein! Zieh hin und trage mit der Erde Leiden Doch wenn der Schmerz gewaltig Dich durchglüht Dann greife mächtiger in deine Saiten Denn nur aus Schmerzen blüht das wahre Lied. Zieh hin! und fühle mit der Erde Wonnen Doch wenn vor Freude Dir der Busen schwillt Dann laß ihn fließen den geweihten Bronnen Der leidend aus des Herzens Tiefen quillt. Und weinen wird der Schmerz mit deinen Tönen Und jubeln wird mit deinem Lied die Lust Ach Alles was die Menschen sich ersehnen Ach Alles fließt aus eines Sängers Brust. Zieh hin! mein Stern! nach kurzem Erdenleben Wirst Du für jene Erde untergeh’n, Um in den Himel wieder Dich zu heben; Denn dort vergehn heißt hier auferstehn. Und hörst du’s rufen dann in lauten Chören Und rauschen Aeolsharfen durch die Luft: Das sind die Brüder, welche Dein begehren, Das ist des Vaters Stime die Dich ruft. So sprach der Herr; und still in sich verloren Versank der Stern am blauen Himelszelt. Da ward auf unserm Stern ein Mensch geboren, Und Amadeus nannte ihn die Welt. Hört ihr den Ton der mächtig zu uns dringet, Der wie der Sturmwind durch die Lüfte rauscht? Das ist das Lied das Amadeus singet Dem Zug der Wolken hat er’s abgelauscht. Und hört Ihr klagen jetzt so schmelzend leise Die Gluth der Liebe, heimlich angefacht? Ach das ist uns’res Mozarts Zauberweise So flüstert Stern mit Stern in stiller Nacht. Und wie so harmlos kann der Sänger kosen Und wie so heiter kann sein Liedchen sein! So spielen dort die Engellein mit Rosen Und hüpfen heiter goldnen Wölkchen drein. Doch wenn der Schwelger der Vergeltung Strafe Im Taumel seiner Sinne schnöd verhöhnt; Da donnert ihn die Tuba aus dem Schlafe Und mahnt ihn – daß der Grund der Erde dröhnt. So hat der Meister treulich fortgestrebet den kurzen Tag, den man das Leben heißt, Viel tausend Herzen hat er neu belebet Und mit sich selbst versöhnet manchen Geist Er hat genoßen, was die Erde bietet Die reichen Leiden, und das karge Glük Jetzt hat das Menschenleben ihn ermüdet Nach seiner Heimath sehnt er sich zurük. Er hebt den Blik sehnsüchtig in die Weiten Wo freundlich Sternlein neben Sternlein glüht – Da greift er einmal noch in seine Saiten Und dichtet sich sein eignes Schlumerlied, Sein Requiem. Er hebt mit stillen Zähren Den Blik zum lichten Vaterhaus empor. Da glaubt er selbst sein eignes Lied zu hören Bekannte Klänge schlagen an sein Ohr. Und imer lauter rauscht es durch die Sphären, Wie Orgelton, der durch die Lüfte zieht Sie singen ihm in tausendstimigen Chören Sein Requiem – sein Schlumerlied. Da scheint des Sängers Blik sich zu verklären An seine Stirne spielt ein Kranz von Licht „Das sind die Brüder, welche mein Begehren!” So ruft der Meister, und sein Auge bricht! – \newpage Sie trugen ihn empor zu jenen Fernen Wo mildre Töne durch die Lüfte weh’n. Ihr sucht sein Grab? – o sucht es bei den Sternen! – Denn hier vergeh’n heißt droben auferstehn!