Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
Salzburg Austria
The Packard Humanities Institute
Los Altos California, USA
Morgenstern Anja text encoding, text editing Kelnreiter Franz technical supervisor, data modelling Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg Wissenschaftliche Abteilung. Digitale Mozart-Edition Ulrich Leisinger Digitale Mozart-Edition https://dme.mozarteum.at
2010-04 CC BY-NC-SA 4.0 https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=225 A-Sm A-Sm: Internationale Stiftung Mozarteum, Bibliotheca Mozartiana. Salzburg (AUT) last file update: Wed May 11 14:48:25 2022
CARL THOMAS MOZART AN ALOIS TAUX IN SALZBURG MAILAND, 5. MAI 1854
_______________________________\hfill Mailand 55 54. _____Vielgeliebter Freund. Dein lieber Brief vom 274 fand mich unpäßlich, was mir seit einiger Zeit ziemlich häufig zu begegnen pflegt. – Dieses die Ursache daß ich mehrere Tage vorübergehen ließ ihn zu erwiedern. Nun stehe ich auf dem Sprunge mich für einen Raum Zeit auf’s Land zu begeben, wohl hauptsächlich des Vergnügens wegen, doch Theils auch in der Hofnung, daß die balsamische Luft in jener herrlichen Gegend mir zuträglich seyn könne. Mit großer Freude und Theil=nahme lese ich wiederholter Mahlen die von Dir mir gemachten Mitthei=lungen in Betreff Deines häuslichen Glückes, und dann auch in Betreff des ausgezeichneten Erfolges deßen sich Deine eifrigen und so sehr anstrengenden Bemühungen erfreuen – nur aber, und sehr bedauere ich es, daß dieser – zwar sehr schöne Lohn – der einzige sey welcher Dir bisher zu Theil ward! – Ist denn bis jetzt auch gar nicht’s noch gethan worden, denkt man denn noch gar nicht daran Dir eine Sorgenfreye, frohe existenz zu sichern? – Wahrer Undank wäre es! – Ich kann mir denken welche angenehme Beschäftigungen unseren werthen H v. Finetti die Bauten und Anlagen in seinem schönen Landbesitze darbieten. – Sage diesem meinem so verehrten und geliebten Freunde, wie gleichfall’s Seinen lieben Angehörigen Alles nur Erdenkliche Herzliche und Ehrfurchtsvolle von mir. Hoffentlich wird es Dir baldigst möglich sein, Seinem und meinem Wunsche zu entsprechen, und den Unterricht seiner beyden Talentvollen und Lehr= begierigen kleinen Töchter zu beginnen.Ich erhielte einen Gulden C: M. in Silber für jede Stunde – Der Abstand zwischen Deinen so ausgezeichneten, und meinen so geringfügigen Verdiensten ist allerdings sehr groß, doch beträchtlich auch ist der Abstand zwischen dem Großstädtischen kostspieligen Mailand, und dem modesten Salzburg, daher ich erachte daß sich der Unterschied gegenseitig ausgleichen, und Du dieselbe Forderung stellen könntest, wofern Sie Dir nicht allzu mäßig scheinen sollte. – Was nun meinen beabsich=tigten Besuch in Salzburg im heurigen Jahre anbelangt, gegen diesen, mein Bester! – stemmen sich große Hinder=niße, und eigentlich zu sagen Unmöglichkeiten, selbst auch ohne meinen gegenwärtigen unvollkommenen Gesundheitsstand in Betracht zu ziehen, der mich zaghaft macht, und allen Muth benimmt. Dazu fügt sich aber noch daß meine finanziellen Verhältniße in diesem Jahre so ziemlich beengt sind, da ich gezwungen bin die Intereßen meines nicht sehr ansehnlichen Capitals, welche mir in Banknoten zuge=schickt werden, mit bedeutender Einbuße in Silber umzusetzen; – wie könnte ich sodann ohne Undankbarkeit gegen meine lieben Freunde in Wien und ohne sie auf das empfindlichste zu betrüben, die Reise einzig allein auf Salzburg beschränken? Viel=leicht daß die Zusage eines Besuches im künftigen Jahre es vermögen könnte deren gerechtes Mißvergnügen zu besänftigen, – aber! – schon im nächsten Jahre wieder eine Reise, dann eine abermalige zum Säcularfest – wenn ich es erlebe – würde Ausgaben erheischen die meine Mittel weit übersteigen. – H v. Finetti meint freylich ich solle den Gordianischen Knoten mit einem einzigen Hiebe zerhauen und für die mir noch erübrigende Lebenszeit meinen stäten Wohnsitz im lieben, schönen Salzburg bestimmen; – offenherzig muß ich Dir aber bekennen Theuerer Freund, daß ich diesen Entschluß nicht zu faßen vermag. In so vorgerücktem Alter und so schwankendem _______________________________________________________________3 Gesundheitsstande wie nunmehr ich mich befinde, ist es nicht sehr rathsam Klima zu wechseln, und schon gar nicht, das gewöhnte, gegen ein weniger mildes zu vertauschen. – Ein anderer – obgleich nur Nebengrund, (doch immerhin sehr Betrachtungs würdig) besteht darinn, daß ich genöthigt sein würde mit großem Verluste all’ mein hiesiges Habe zu veräußern, unter welchem ein kleines Landhäuschen mit ansto=ßenden KüchenGärtchen welches ich mir nach und nach zu meiner Bequemlichkeit eingerichtet und vollständig meublirt habe, – mir sehr lieb ist; und wohin ich so eben in Begriffe stehe mich für einige Zeit zu verfügen. Daß den obenangeführten Gründen die Billigung unsers Verehrten, in voller Gesundheits=kraft, blühendem Mannes Alter sich be=findlichen, und reich begüterten H v. Finetti, zu Theil werden könne – besorge ich sehr, mir nicht erwarten zu dürfen – denn mir selbst, würden sie in früheren Zeiten nicht eingeleuchtet haben. – Sogar auf Deine Beistimmung mein Bester! baue ich nur schwache Hofnung – erst in 30 Jahren – bei erreichtem, dem meinigen gleichen, Lebens Alter, werdet Ihr Beyde in der Lage seyn, ein vollkommen gerechtes Urtheil zu fällen, daher wir den Prozeß offen erhalten, und die Entscheidung bis dann hinnausschieben wollen. Größeres Ver=trauen setze ich auf die Fürsprache Deiner liebenswürdigen Gemahlin – die Frauen sind uns Männern vom Himmel schon zu Vermittlerinnen, Versöhnerinnen und milden Engeln bestimmt – mit voller Sicherheit daher auf den Beystand Deiner theuern LebensGefährtin rechnend, bitte ich Derselben, nebst der Versiche=rung der ausgezeichnetsten Hochachtung, schon im Voraus meinen Danksagungen darzubringen, und hiemit schließt für heute _____Dich herzlich umarmend Dein dich zärtlich Küße Deine kleinen________\hfill liebender C. Mozart. Mädchen auch für mich. –