Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
Salzburg Austria
The Packard Humanities Institute
Los Altos California, USA
Morgenstern Anja text encoding, text editing Kelnreiter Franz technical supervisor, data modelling Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg Wissenschaftliche Abteilung. Digitale Mozart-Edition Ulrich Leisinger Digitale Mozart-Edition https://dme.mozarteum.at
2010-04 CC BY-NC-SA 4.0 https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=269 A-Sm A-Sm: Internationale Stiftung Mozarteum, Bibliotheca Mozartiana. Salzburg (AUT) last file update: Wed May 11 14:48:26 2022
CARL THOMAS MOZART AN ALOIS TAUX IN SALZBURG CAVERSACCIO, 21. JULI 1857
Liebster, Bester!_______________\hfill 21 July 857 _______________________________________\hfill addresse _____________________________________\hfill Como ________________________________________\hfill per ____________________________________________\hfill Caversaccio Schon seit langer Zeit, mein Vielgeliebter Freund! fühle ich mich angedrungen nach Deinen Nachrichten zu fragen und Dir die meinigen mitzutheilen; ward aber im=merfort von häufigen und anhaltenden Unpäßlichkeiten daran verhindert. Ich hoffe daß gegenwärtige Zeilen Dich, mein Bester! sammt Deiner Würdigen Gemahlin und den Töchterchen vollkommen wohl erhalten antreffen, und daß Du – jedes etwaiges RacheGefühl Großmüthig unterdrückend – mir baldigst Versicherung darüber ertheilen werdest. – Wofern aber Dein eigener Edelmuth noch weiterer Aneiferung bedürfen sollte; so rechne ich auf die Versöhnende Fürsprache Deiner lieben, mir wohlgeneigten Frau, und so dann auch – mit freyer Stirne kann ich es sagen – auf meine Schuldlosigkeit, denn, wenn gleich nicht ins Bett gekettet, war ich doch jeder, auch der geringsten Beschäf=tigung, unfähig, weil hauptsächlich eben im Kopfe es ist, daß die rheumatischen nerveusen Uebeln welchen ich unterworfen bin, ihr Unwesen aus übten. Die schlechte Witterung (eine Bescherung des Cometen glauben Viele) mag beigetragen haben mein Unwohlseyn zu verlängern. Wir hatten hier ein unangenehmes Frühjahr – die heftigsten Gewitter, Sturmwinde und Gußregen alternirten sich immerfort, und nun sind wir in eine Tropische Hitze plötzlichst versetzt, die uns zwingt sorg=fältigst alle Fenster zu verramlen um das Eindringen der Glutheißen Luft zu verhüten, daher genöthigt, bis spät Abends uns in totaler Obscurität zu ver=halten, und der Langeweile des farniente zu überlaßen. Auch ich schreibe dieses in dichter Dunkelheit, ohne gut zu ersehen was aus der Feder fließt, auf meine Praxis vertrauend. – Trotz Aller dieser Intemperien sind dennoch Alle Land= Produckte im üppigsten Gedeihen, mit allei=niger Ausnahme der gänzlich mißlun=genen Seiden Erndte – welches ein gar sehr großes, auf das ganze Land, von den niedersten bis zu den höchsten Ständen sich erstreckendes Unglück ist. Doch! was dehne ich mich hier weit und breit über so banale Gegenstände, über Klimatische und Atmospherische Verhältniße aus, die für dich nicht das Geringste – und höchstens nur für unseren Verehrten H. v Finetti als hiesigen Grundbesitzer, und für un=sern Freund Baldi als Italiener, einiges weniges Intereße haben können. – Nur einzig und allein auf Elementar Er=eigniße beschräncken sich die in hiesiger ländlichen, einsamen Gegend sich ergebenden Vorfälle; – Wie so viel reichlicheren Stoff zu interessanten, mir äußerst werthen und ersehnten Mittheilungen, bieten hingegen Dir, mein Bester! – dem Bewohner, einer –, im Vergleich mit einem kleinen Dörfchen – Volckreichen, großern WeltStadt – sich dar, und das in Betreff, zwar hauptsächlich, Deiner mit den Deinigen und unserer Freunde, doch in Betreff auch des lieben Salzburgs im Allgemeinen; Man sagt mir daß dem=selben der Vorzug über Innsbruck zuerkannt worden sey zur Gründung einer beab=sichtigten Katholischen Universität, was mir sehr Wünschenswerth scheint, weil ich erachte daß die Errichtung einer solchen Anstalt, welche einen Zufluß von jungen Leuten aus den Gebildertern und Vermöglichern Ständen herbeiführen würde, in Vereine mit Zustandebringung der Münchner Eisenbahn – unser schönes, geliebtes Salz=burg zu einem bedeutenden Flor empor=schwingen könne, deßen ersprießliche Folgen, Vorzugsweise Vor Allen andern, auf Apollo’s Anhänger und Gefolge sich ausbreiten würden: – Sehr erfreulich war es mir zu vernehmen daß ein Ehrenwerther Patriott dem Mozarteum eine Summe von 1000 Gulden vermacht, und auch Dich _____________________________________________________________II mit einem kleinen Legat bedacht habe. Möge es ein reichliche Früchte treibendes Samenkorn seyn! – Unserm Hochverehrten H. v. Finetti und deßen Angehörigen bitte ich die Ver=sicherung meiner innigsten Erkenntlichkeit und Zugethanheit, und zugleich auch mein Bedauern darüber zu erneuern, dem mir vor einigen Monaten ertheilten Auftrage nicht habe ent=sprechen zu können. – Eine herzliche Umar=mung sende ich unserm liebenswürdigen Freunde Mielichhofer. Die verbind=lichsten Empfehlungen sodann, mit den heißesten Anempfehlungen zu Gunsten des, so sehr Schutz und Beistand bedürftigen Mozarteum’s, bitte ich Dich dem Verehrten h v. Hilleprandt, wie gleichfalls deßen Frau Gemahlin und Fräulein Töchtern vorzutragen. – Das Gleiche dem würdigen Ehepaare Baldi, mit der Versicherung der lebhaft in mir sich erhaltenden Dankbarkeit für die so Vielen mir erwiesenen Freundschaftsbe=zeugungen, und mit dem Beifügen daß ich es nicht an Bemühungen in hiesigen KunstVerlägen habe ermangeln laßen um Subscribenten für das ausgezeichnete Prachtwerck der Mozart’s Apo=theose zu erhalten, leider aber alle Anträge auf bloße Commission’s Annahme sich beschränk=ten. – Ja mögest Du nicht unterlaßen der Hochschätzbaren Dame Fr. v. Mastellier meine tiefe Ehrerbietung, und innige Dankbarkeit für die mir erwiesene ausgezeichnete Güte, und den so froh und fröhlich, in engem, Freund=schaftlichen Zirckel in Ihrem Hause zugebrachten Tag, – (in besser gewählten Worten als die meinigen hier) auszudrücken. _____Viele herzliche Grüße endlich Deinem und Meinem lieben Freunde h Schön, dem ich zu wißen gebe daß die mir von ihm geschenk=ten Abbildungen der beyden FürstenSäle, mein MusickCabinett hier auf dem Lande zieren, und mir häufige Gelegenheit zur Erinnerung an Ihn selbst und an die im vorigen Jahre froh in Salzburg zugebrachten Tage darbieten, da ich von Allen Personen die mich besuchen in Anspruch um historische Kunde Betreffs dieser Zimmer, und deren unglucklichen letzten Bewohners genommen werde. – _____Und somit Kuß und Gruß von Deinem __________Bruder Carl Mozart. \newpage Sr Wohlgeb Herrn, Herrn Alois Taux Kapellmeister bey der Metropolitan Kirche und Mozarteum in Salisburgo_____Salzburg BAHNHOF LAIBACH 2[2]7 SALZBURG 257 IV – V Weißt Du ob der [se]iner unglucklichen Gesundheit wegen so bedauernswürdige Eller noch am Leben ist. _____Lebt die liebenswürdige Geistreiche alte Gräfinn Lodron noch?