Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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UNBEKANNT, BIOGRAPHIE VON CONSTANZE MOZART NACH 1859
Constanze Mozart, geb. Weber, die Gattin des großen Tonkünstlers, wurde um das Jahr 1757 zu Zell in Unterösterreich geboren. Ihr Vater Fridolin Weber, ursprünglich Mu=sikus, bekleidete später die untergeord=nete Stelle eines Copisten und Souffleurs am Theater zu Mannheim. Der 21jährige Mozart lernte auf seiner sogenannten großen Reise nach Paris, die er 1778 in Gesellschaft seiner Mutter unternahm, die Familie Weber bei einem längeren Aufenthalte in Mannheim kennen. Die Familie lebte in kärglichen Verhältnissen und bestand damals aus Vater und Mutter und den vier Töchtern Josepha, Aloysia, Constanze und Sophia. Mozart faßte Neigung für Aloysia, die 15jährige zweite Tochter Weber’s, und suchte das ausgezeichnete Gesangstalent derselben zu fördern. Ja entwarf sogar mit dem alten Weber den Plan einer Kunstreise nach Italien, wo er Aloysia die Anstellung als erste Sängerin am Theater zu Verona zu verschaffen gedachte. Der Vater Mozart’s fuhr jedoch unwillig in das Liebesverhältniß und bestimte seinen Sohn zur Fortsetzung der Reise nach Paris in Begleitung der Mutter, die daselbst starb. Als Mozart im Herbst 1779 allein aus Paris zurückkehr=te, fand er die Familie Weber zu München, wo Aloysia Anstellung als Theatersängerin erlangt hatte. Dieselbe benahm sich indessen gegen ihn kalt und abweisend, und Mo=zart ließ sofort das frühere Verhältniß in Resignation fallen. Dagegen näherte sich ihm Constanze, die dritte Tochter Webers, anfänglich mehr von der Bedeutung des jun=gen Künstlers als von entschiedener Her=zensneigung angezogen. Mozart gab wäh=rend seines Aufenthalts in München auch Constanzen Unterricht auf dem Clavier. Als dann Mozart im März 1781 von dem Erz=bischof von Salzburg, in dessen Dienst er wieder getreten, nach Wien befohlen wurde, traf er dort mit der Familie Weber aufs neue zusammen. Aloysia war als vielversprechende Sängerin 1780 bei der Wiener Oper engagirt wor=den und hatte noch in demselben Jahre, nachdem ihr Vater vorher als k. k. Hof=musikus gestorben, den Schauspieler Lange geheirathet. Die Wittwe Weber lebte mit ihren drei übrigen Töchtern in dürftiger Lage und pfleg=te von ihrer Wohnung einzelne Zimmer zu ver=miethen. Mozart trat unter solchen Umständen als Miethsmann in die Familie Weber ein, nach=dem er im Mai 1781 das Haus und den Dienst des Erzbischofs wieder verlassen hatte. Es gestaltete sich nun ein inniges Verhältniß zwischen ihm und Constanzen, das jedoch abermals die ganze Miß=billigung von Mozart’s Vater erfuhr. Aber auch von der Wittwe Weber hatten Mozart und Con=stanze viel Übles zu erdulden. Während er auf Andringen seines Vaters die Wohnung bei der Familie Weber verlassen mußte, sah er sich an=dererseits 1782 durch seine künftige Schwiegermutter und Constanze’s Vormund zur Unterzeichnung eine Eheversprechens gezwungen. In dieser Zeit der Bedrängnisse componirte Mozart die Oper „Belmonte und Constanze” oder „Die Entführung aus dem Serail”, in der einzelne Züge seines eigenen Liebesgeschicks enthalten sein sollen. Nachdem die Oper mit großem Beifall zur Aufführung gelangt, that er einen muthigen Schritt und vermählte sich 7. August 1782 zu Wien mit Constanzen, be=vor noch die Einwilligung seines Vaters eingetroffen. Eine gegenseitige aufrichtige Neigung führte zu diesem Ehebunde, und dieser innerliche Zug verläugnete sich auch nicht im Laufe der Jahre. Constanze war weder ausgezeichnet durch Schön=heit noch durch Geist, aber sie besaß dafür ge=sunden Menschen verstand. Sie wußte sich der Gemüthsart ihres Gatten anzuschmiegen und gewann sein ganzes Zutrauen, das sie oft be=nutzte, um ihn von Übereilungen abzuhalten. Sie ertrug auch mit vieler Geduld die drücken=de ökonomische Lage Mozart’s, der niemals im Stande war, seiner Familie eine sorgenfreie Exi=stenz zu verschaffen. Häufig kränkelte Constanze; sie hatte sechs schwere Wochenbetten zu überstehen. Mozart bewies ihr in diesen Fällen die größte Zärtlichkeit und Fürsorge. Wie ihre ganze Fa=milie besaß auch Constanze musikalisches Talent, das nicht ohne Ausbildung geblieben war. Sie spielte Clavier und sang recht gut, namentlich vom Blatte. Doch übte sie wohl keinen Einfluß auf die musikalische Production ihres Gatten. Mozart starb frühzeitig 5. December 1791 und hinterließ seiner Gattin nur seinen Ruhm, 3000 Gulden Schulden und zwei junge Söhne: Wolf=gang Mozart (geb. 1791, Claviervirtuos und Com=ponist, gest. zu Karlsbad 30. Juli 1844) und Karl Mozart (geb. 1784, gest. als österreichischer Steuer= beamter 1858 zu Mailand). Die nachgelassenen Schulden wurden durch eine Concertaufführung ge=deckt, und die Wittwe erhielt vom Kaiser Leopold eine Pension von jährlich 260 Gulden, auf die sie eigentlich noch keinen Anspruch hatte. Aus dem musikalischen Nachlasse ihres Gatten wußte Con=stanze nicht den rechten Vortheil zu ziehen. Der damalige dänische Geschäftsträger zu Wien, Georg Nikolaus von Nissen (geb. 22. Januar 1761), un=terzog sich 1797 der Ordnung ihrer Angelegenheiten und Vermögens verhältnisse. Im Jahre 1809 ging sie mit demselben zu Wien eine zweite Ehe ein. Nissen war ein braver, ehrlicher Character, ein verständiger und genauer Geschäftsmann, der die Wittwe Mozarts endlich in eine ruhige und gesicherte Lage brachte. Auch unterzog er sich der Sorge für ihre beiden Söhne. Im Jahre 1810 verließ Nissen mit dem Titel eines wirklichen Etatsraths den diplomatischen Dienst und ging mit seiner Gattin nach Kopenhagen, wo sie 10 Jahre zubrachten. Infolge der Kränklichkeit Nissen’s, der das Bad Gastein benutzen wollte, wandte sich das Ehepaar 1820 nach Salzburg, und hier starb Nissen 26. März 1826. Con=stanze lebte fortan zu Salzburg mit ihrer Schwester Josepha Haibl zusamen. Sie starb daselbst, 85 Jahre alt, 6. März 1842. Nach Nissen’s Tode gab sie die von letzterem mit Fleiß zusamen=getragene „Biographie W. A. Mozarts” (Leipzig 1828) heraus. Aus dieser sowie aus dem umfassenden Werke Jahn’s „W. A. Mozart” (4 Bde., Leipzig 1856-59) sind die vorstehenden Notizen über das Leben Constanzen’s geschöpft.