Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
Salzburg Austria
The Packard Humanities Institute
Los Altos California, USA
Morgenstern Anja text encoding, text editing Kelnreiter Franz technical supervisor, data modelling Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg Wissenschaftliche Abteilung. Digitale Mozart-Edition Ulrich Leisinger Digitale Mozart-Edition https://dme.mozarteum.at
2016-6 CC BY-NC-SA 4.0 https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=286 A-Sm A-Sm: Internationale Stiftung Mozarteum, Bibliotheca Mozartiana. Salzburg (AUT) last file update: Wed May 11 14:48:26 2022
LUDWIG RITTER VON KÖCHEL AN UNBEKANNT WIEN, 24. NOVEMBER 1871
__________________________\hfill Wien, 24 Nov. 1871 __________________________________________________________1241 _____Sehr verehrter Freund! Meinen alten Ruf als Postaliter n° I wieder zu erobern, erhalten Sie auf Ihr liebes Schrei-ben von gestern – heute gleich Antwort. _____Die Beilage an Pohl habe ich heute abgegeben und dem Empfänger viele Freude damit gemacht. Der arme Mann hat eben die vierte Reci-dive seiner Perityphlitis durchgemacht und war nahezu aufgegeben. Seit etwa sechs Wochen mußte er das Bett hüthen, und darf erst seit ein paar Tagen stundenweise im Lehnstuhl kauern. Seine Schwäche ist begreif-lich sehr groß. Für jetzt scheint er mir geborgen. Was Sie mir über meinen Fux schreiben klingt al-lerdings sehr tröstlich und erbaulich; allein da Sie mir früher ein „sehr liebevolles” Urtheil ankündigten, so könnte ich fast besor-gen, daß unter den Rosen der freundlichen Wor- te manches Häckchen versteckt sein könne, das Sie wohlwollend dem Freunde nicht blos legen wollten. Ich sage Ihnen ganz offenherzig: was ich aus dem spärlich geflossenen Materiale zu machen im Stande war, habe ich nach Kräften zu machen mich bemüht, und außer dem Biogra-phischen auch eine Geschichte der Musik am Wiener Hofe zu seiner Zeit zu geben mich bestrebt. Ob dies gelungen ist, muß freilich die Zeit lehren. _____Über Ihre erfolgreichen Bemühungen, frucht-bringende Samen in die Gemüther der empfäng-lichen Jugend zu streuen, kann ich mich nur freuen, das „non omnis moriar” wird von selbst folgen. In Bonn las ich das gute Motto des berühmten Paläontologen Goldfuß: _____Thu nur das Rechte in deinen Sachen, _____das Andre wird sich von selbst dann machen. Für Ihren jungen Mineralogen liegt etwas be-reit, wenn Sie mir sagen, daß es für ihn von Nutzen sein könnte. Ich habe aus dem Nachlaß des Modelltischlers Becker eine erkleckliche An- zahl fertiger und unfertiger Krystallmodelle von Holz erworben, die einen ansehnlichen Pack aus-machen. Daraus wären die unfertigen besonders geeignet, mit Messer und Blattsäge sich einfache Combinationen zu schneiden, eine Übung, die für angehende Mineralogen sehr ersprießlich ist. Erfahre ich von Ihnen, daß Sie auf dieses (Gratis) Anerbiethen eingehen, so könnte die Spedition ent-weder durch die mir früher erwähnte Privatge-legenheit (auf der Landstraße?) – oder, wenn die-ses nicht, durch die Post erfolgen. _____In Erwartung, daß Ihrer verehrten Frau der Landaufenthalt günstig nachwirkt, bitte ich mich ihr bestens zu empfehlen, überhaupt von der Treue ______________________Ihres_____\hfill allzeit getreuen _____________________________________\hfill Köchel