______________________________________________\hfill Lemberg den 29t nov 1815
__________Geehrtester Herr!
Nachdem ich länger als anderthalb Jahre, meine Ungeduld unter=drückt, und vergebens meine Polonaisen erwartet habe, kan ich
nichtmehr umhin, Sie, um die Ursache dieser so ausserordentlichen,
und meinem Vortheile so nachtheiligen Verzögerung zu fragen. Die
Ihnen, zu der nehmlichen Zeit übersandten Compo der H Kaczko
und Lipinski, sind nicht nur schon gestochen, sondern schon zum zwey=tenmahle hier angekomen, während ich die häufigen Nachfrager, die
meine Pol: melancol zu besitzen wünschen, zur Geduld verweisen.
Da nun dieses Verfahren nichts weniger als schmeichelhaft für
mich ist, so ersuche ich Sie höflichst, die Sache nach Möglichkeit zu
beschleunigen; sollten Sie aber Ihren Entschluß, diese Kleinig=keit in Verlag zu nehmen, geändert haben | obwohl ich das warum?
nicht begreifen kan | so ersuche ich Sie, mir selbe, so bald möglich zurück=senden zu wollen.
Folgende Composi sind, wen Sie sie zu haben wünschen, zum Absenden
bereit: 1t eine grosse Sonate für Pianofo mit obligater Violine,
2t eine Fantaisie fürs Fortep über ein rußisches und ein pohlnisches
Thema, 3t Variat fürs
Fortep über ein rußisches Thema
Gemeint sind hier entweder die Variationen für Klavier d-Moll WV VII:10,
publiziert 1820 als op. 18 bei Artaria in Mailand,
oder die Variationen für Klavier g-Moll WV VII:11,
publiziert 1820 als op. 20 bei August Heinrich Cranz in Hamburg. und 4t
endlich sechs Gesänge mit ClavierbegleitungIn Frage kommen folgende zwischen 1808 und 1815 komponierten Lieder:
An die Bäche WV IIIb:21, Seufzer WV IIIb:22, Lotte WV IIIb:23, Die Entzückung WV IIIb:24,
Das Hüttchen WV IIIb:25, An Sie WV IIIb:26, Beginnende Liebe WV IIIb:27, „Wie der Tag mir schleichet“ WV IIIb:29.
Die Lieder erschienen nicht bei Breitkopf & Härtel. Eine Auswahl von ihnen, WV IIIb:21, 22, 24, 26 und 29,
publizierte Franz Xaver Wolfgang Mozart gemeinsam mit dem französischen Lied Le Baiser WV IIIb:28 als op. 21
Ende 1819 bei August Heinrich Cranz in Hamburg.
, die wie ich mir schmeichle
dem Publicum ein willkomneres Geschenk seyn dürften, als meine
ersten bey Ihnen verlegten Lieder. Vielleicht werde ich auch, bis zum
Tage des Absendens ihre Anzahl um ein paar vermehren.
_____Dieß ist alles, was ich Ihnen für diesesmahl anbiethen kan, ich
bitte daher um eine baldige Entscheidung, und schließe mit der
Versicherung meiner inigsten Hochachtung, mit der ich die Ehre habe
zu seyn Ihr ergebenster
__________________________________________\hfill W A Mozart
Lemberg
An Herrn
Herrn
Breitkopf und Härtel
Musikverleger
in
Leipzig
1815________________Lemberg.
d. 29 Novbr.
d. 14 Decbr._________Mozart.
d. 3.t Janr 1816. resp. wollen ihm mit nächsten Ge: Ex. seiner Polonaise
senden, u. lehnen s. neuen Composit. ab.
No 2727:
[... (Berechnungen)]