Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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FRANZ XAVER WOLFGANG MOZART AN IGNAZ MOSCHELES IN LONDON LEMBERG, 25. DEZEMBER 1827
__________________________________Verehrtester Herr! Wen ich auch nicht das Vergnügen habe, von Ihnen persönlich gekant zu seÿn, so veranlaßt mich doch, der große und wohlverdiente Ruf, der Sie als einen so aus=gezeichneten und geachteten Künstler überall begleitet, dem ich auch von Herzen bey=pflichte, und die allgemeine Anerkenung Ihres vortrefflichen Charakters, mich in einer Angelegenheit an Sie zu wenden, die nicht nur für mich, sondern für jeden Künst=ler, von großen Intereße ist. Ich schmeichle mir, auch Sie, verehrter Herr! mich von keiner nachtheiligen Seite kenen, und daher in meinem Unterneh=men keinen andern Beweggrund finden werden, als den Wunsch, meinem alten Freunde nützlich zu seÿn; und so wende ich mich den, mit vollen Vertrauen an Sie. Es lebt hier, seit einem Zeitraume von ungefähr 20 Jahren der rühmlichst bekante Componist: Johan Mederitsch genant Gallus. Ich zweifle nicht, seine klassische Musik zu Schackspears Trauerspiele: Macbeth, Ihnen bekant seÿn wird; dieses herrliche Tonstück machte überall großes Aufsehen. Auf eine beÿspiellose Art, um den Lohn seiner Arbeit, durch einen treulosen Freund betrogen, dem er diese Partitur nach England mitgab, und der diese auch wirklich dort um eine bedeutende Sume verkaufte, ohne dem Verfasser auch nur einen Heller abzugeben, verlor er den Muth zu ähnlichen Unternehmungen. Nun ist dieser 73jährige Greis, der sich aber noch einer sehr festen Gesundheit erfreut, und dessen Geist noch eben so heiter und lebhaft, als der eines jungen Manes ist, durch eine Reihe widriger und unverschuldeter Ereigniße, in eine so traurige Lage versetzt, Er, vielleicht der größte Contrapunktist unseres Zeitalters, mit der größten Dürftigkeit zu kämpfen hat, und was ihn nicht minder darnieder beugen muß, ist das Gefühl, in seinem hohen Alter so ganz verwaist da zu stehn, den vor mehrern Jahren, hatte er auch noch den Schmerz, eine geliebte
Frau, und seine einzige TochterÜber die Ehefrau und Tochter von Johann Mederitsch ist nichts bekannt.
, die schon verheÿrathet war zu verlieren. – Diesem, meinem väterlichen Freunde, nach Kräften zu helfen, ist mein angelegentlichster Wunsch; und dieß glaube ich nicht besser bezwecken zu könen, als wen ich mich an Sie, verehrter Herr wende, und Ihre Güte und Theilnahme als Künstler, Mensch und Landsman in Anspruch nehme. – Gallus – der von meinem Un=ternehmen nichts weiß – ist viel zu stolz und edeldenkend, als er ein Almosen anehmen würde, doch die hochherzigen Engländer, die auf eine so lieberale als delicate Weise, unserm großen Beethoven 
Trost und Hülfe bothenIgnaz Moscheles fungierte Anfang des Jahres 1827 als Vermittler zwischen dem kranken Beethoven und der Philharmonic Society in London bezüglich einer finanziellen Unterstützung, des durch Krankheit in Schwierigkeiten geratenen Beethoven. Sebastian Rau übergab Beethoven im März 1827 1000 Gulden, für die sich dieser im Brief vom 18. März 1827 bei Moscheles bedankte.
, bedürfen wohl nur eines Impulses um Ihre Groß=muth, auf eine ähnliche Art, an einem nicht minder würdigen Mane zu beweisen. Und von wem könte ihnen dieser Impuls willkomner seyn, als von Ihnen, den sie alle schätzen und lieben, von dem allgemein gefeÿerten Künstler, der durch die Gewalt der Töne, un=widerstehlich auf ihre Herzen und Gemüthe wirkt. Gallus hat dreÿ Messen ganz fertig, von denen die zweÿ größern, als Meisterwerke angesehen werden könen, fast durchgängig im doppelten Contrapunkte gearbeitet. Der kleinern, kömt das Epithet klein, nur der geringern Bogenzahl wegen, und weil sie nur für Sop: Alt u Bass geschrieben ist, zu, den auch diese ist ein, des Meisters würdiges Werk. Da Messen zum anglikanischen Gottesdienste nicht anwendbar sind, so wären diese Compositionen vielleicht mit unterlegten englischen Texte, für Liebhaber ernster Musik denoch brauchbar. Ferner hat er ein gar schönes vierstimiges Stabat mater ganz im gebundnen Style, und an 20 Quartetten für Streichinstrumente, und endlich hat er beÿnahe alle Materalien zu den Entreacts und Chören für die Schakespearischen Stücke: der Sturm und Hamlet , welche zu beenden, er wenig Zeit bedürfen würde. – Meine Bitte geht dahin, ob Sie verehrter Herr es dahin bringen wollten, von den edlen Engländern, diese herrlichen Tonstücke gekauft, u die noch nicht fertigen bestellt werden, und dem guten, alten Meister eine Darangabe hieher gesendet werde. Ich glaube beÿnahe, er macht sich mit seiner Musik, selbst nach England auf, den seit Jahren war dieses seÿn Lieblingsplan, den er der Kosten wegen leider nicht ausführen konte. Indem ich Ihnen nochmahls meine Bitte recht sehr ans Herz lege, füge ich noch die zweÿte beÿ, mich recht bald mit einer Antwort beehren zu wollen. Empfangen Sie die Versicherung meiner ausgezeichnesten Hochachtung __________________________und Verehrung, mit der ich mich zeichne _______________________________________\hfill Euer Wohlgeboren _______________________________________\hfill ergebenster WA Mozart mp Lemberg in östereichisch Galizien am 25t Xbris 1827 Unser erstes Handelshaus hier und in Brodÿ heißt: Hausner und Violland. – Briefe an mich bedürfen aber keiner andern Adresse, als meines Nahmens u in Lemberg in öster Galizien. Mozarts Brief Leopol A Monsieur Monsieur Ignace Moscheles Professeur en Musique célébre Artiste et Compositeur, et mêmbre de plusieures socie=tés philharmoniques a Londres. Durch Otto Hatwig, in Wien.