Year: 2598 Title: Der Feldanzug löst konventionelle Raumanzüge ab ShortTitle: Feldanzug Author: Heiner Wolf Tags: [Nano, Schutzschirm, Raumanzug] Topics: [technology] Text: | Raumanzüge müssen vier wesentliche Funktionen erfüllen: Strahlenschutz, Temperaturregelung, Aufrechterhaltung des Innendrucks und Sauerstoffversorgung. Seit mehr als 600 Jahren schützen sich Menschen durch Raumanzüge vor dem Weltall. Im Lauf der Jahrhunderte wird der Raumanzug immer leistungsfähiger und zugleich leichter und besser tragbar. Moderne Raumanzüge schützen so zuverlässig vor der kosmischen Strahlung, dass Menschen ab dem 24. Jahrhundert dauerhaft Außenarbeiten durchführen können. Unterstützt wird das allerdings durch strahlungsresistente Gene, Dekontamination und korrektive Nanomedizin. Die Temperaturregelung war immer schon aufwändig, aber nicht problematisch. Sie wurde ohne große Technologiesprünge immer weiter miniaturisiert. Die Bewahrung des Innendrucks bei gleichzeitigem Tragekomfort war lange schwierig. Durch bessere Materialien ist der normale Raumanzug inzwischen sehr gut tragbar im täglichen Gebrauch. Er ist natürlich nicht so leicht wie ein normales Kleidungsstück, aber nicht unhandlicher oder unbeweglicher als Schutzkleidung ein halbes Jahrtausend zuvor. Die Sauerstoffversorgung entwickelte sich zu einem geschlossenen Kreislauf, der bei Energiezufuhr theoretisch unbegrenzt Sauerstoff aus ausgeatmetem CO2 wiedergewinnt. Die Entwicklung des Feldanzugs bringt eine grundsätzliche Änderung im Gegensatz zum Raumanzug. Der Feldanzug besteht aus einer programmierbaren Nanitenmatrix, die elektromagnetische Nahfelder projizieren. Die E/M-Felder reichen nur wenige Mikrometer weit. Sie stoßen sowohl Gasmoleküle von innen als auch Objekte von außen ab. Auf diese Weise bleibt der Innendruck erhalten und der Anzug schützt nach außen. Der Feldanzug ist kein reiner Energieschirm. Er ähnelt eher programmierbarer Kleidung, die den Körper vollständig einhüllt und durch elektromagnetische Felder druckdicht abschließt. Wie auch bei "Nano"-Kleidung sind die Strukturelemente von Feldanzügen einige Mikrometer groß, nicht Nanometer. Eine adaptive Automatik passt die Strukturmatrix an die Körperform an und berücksichtigt dabei zusätzliche Ausrüstung, die Sauerstoffversorgung, Gesichtsfeld und den Tastsinn. Vorläufer des Feldanzugs sind programmierbare Kleidung, individuelle ("Liqui") Panzerung auf Nano-Basis und Cave-Fog aus 3D-Caves. Türen, die sich öffnen, indem Mikroelemente auseinander gleiten, gehören schon lang zum Alltag. Seit 30 Jahren gibt es sogar Schleusen bei denen sich eine Nanitenmatrix so verformt, dass sie Objekte durchlässt, dabei aber trotzdem druckdicht bleibt. Die ersten Nahfeld-verstärkten Schleusen (Feldschleusen) kamen vor zehn Jahren auf den Markt. Der Vorteil von Feldschleusen gegenüber klassischen Matrix-Schleusen besteht darin, dass die mikrometergroßen Strukturelemente genügend Abstand voneinander haben, dass die Matrix optisch transparent ist, man also hindurchsehen kann. Der Feldanzug ist eine Kombination der Nanitenmatrix aus programmierbarer Kleidung mit der Nahfeldtechnik von Feldschleusen und moderner Lebenserhaltung (Temperaturregelung, Sauerstoffversorgung) von klassischen Raumanzügen. Der Feldanzug wurde möglich durch einen Entwicklungssprung, der aus der Analyse von Exotechnologie stammt. Die E/M-Nahfelder verbrauchen viel Energie. Die Energieversorgung muss aber sehr kompakt sein, da der Anzug im Gegensatz zu Feldschleusen mobil sein soll. Seit einigen Jahren können nun solare Unternehmen die dafür notwendigen Hochleistungsenergiespeicher bereitstellen. Die Technologie stammt vom MET (Mars Exo-Technologie) Institut für Energieerzeugung und Persistenz. Mit dem Feldanzug kann man sich in lebensfeindlichen Umgebungen (einschließlich dem absoluten Vakuum) fast so frei bewegen, wie auf der Erde. Der Anzug liegt transparent über der Bekleidung. Er erscheint als schwacher bläulicher Schimmer. Ein Helm oder andere Schutzausrüstung sind nicht mehr notwendig. Steuerung, Energiespeicher und Lebenserhaltung werden typischerweise als flacher Rucksack, als Weste oder als Gürtel getragen. Das Gewicht ist anfangs 10 kg, später 6 kg. Nach wenigen Jahren gibt es Spezialanzüge für verschiedene Anwendungsbereiche, wie strahlungsreiche Umgebungen (z.B. Jupiterorbit), für Hochdruckumgebungen (einschließlich Unterwasseranwendungen) und für Kampfeinsätze mit besonderer mechanischer und elektromagnetischer Widerstandsfähigkeit. Der Energieverbrauch kann bei industriellen und militärischen Anwendungen 100-mal höher sein als beim Standard-Vakuum Feldanzug. Wegen des hohen Energieverbrauchs haben diese Anzüge wesentlich kürzere Laufzeiten. Für manche Anwendungen betreibt man den Anzug deshalb drahtlos an einem mobilen Fusionsreaktor. Das ist nicht praktikabel für militärische Einsätze. Der Gefechtsbetrieb wird deshalb je nach Situation nur für kurze Zeit aktiviert. Weitere 50 Jahre später gibt es Anzüge, die ihre Widerstandsfähigkeit selbständig lokal regulieren. Die Reaktionsgeschwindigkeit reicht sogar für unerwartete kinetische Belastungen durch chemische Beschleuniger. Gegen Gauß- und Energiewaffen hilft weiterhin nur eine situationsbewusste KI, die rechtzeitig die Leistung hochfährt. Die ersten Feldanzüge werden vom Jishu Konglomerat (Mars) auf den Markt gebracht. Schnell kommen weitere Hersteller dazu: Sistemos Technologijos, Avtopneft OsOO, Heavvy Gearz AG (Hochdruckanzüge mit externem Reaktor). Die ersten Anzüge mit militärischen Fähigkeiten sind von Geavanceerde Apparatuur ShinSE und Yedivay Ltd.